Digitale Revolution für Klimaschutz nutzen

24.10.2007

Al Gore, ehemaliger US-Vizepräsident, Ex-Präsidentschaftskandidat und demnächst auch Friedensnobelpreisträger, war am Mittwoch auf Einladung der mobilkom austria in Wien. Er warnte vor einer nahenden Klimakatastrophe und lobte Internet und mobile Kommunikation als Mittel, um "die unangenehme Wahrheit" zu verbreiten.

Beim mobile.futuretalk 07 im Wiener Arsenal sprach Gore vor rund 900 geladenen Gästen über die Zukunft der Mobilität und deren Auswirkungen auf unsere Umwelt. Für seinen Film "An Inconvenient Truth", der sich mit der Umweltsituation beschäftigt, hatte Gore heuer den Oscar bekommen.

Mobilkom-Chef Boris Nemsic, der von Moderator Armin Wolf als "Mobilitätsjunkie" vorgestellt wurde, erläuterte zu Beginn des Abends, dass mobile Kommunikation und Klimaschutz kein Widerspruch seien. "Wir sind eine Branche, die dem Klimaschutz dienen kann", erklärte Nemsic und verwies darauf, dass neue Technologien viel Papier, gefahrene und geflogene Kilometer einsparen könnten.

Gore stellte sich dann mit einem Seitenhieb auf die US-Regierung vor: "Ich war einmal der nächste Präsident der Vereinigten Staaten." Auch er betonte vorweg, dass der Schutz unseres Planeten und die Freiheit der Kommunikation zusammengehörten.

Kommunikation als Schlüssel

"Wir stehen vor einem planetarischen Notfall und müssen schnell handeln", warnte Gore. Technologien wie das Internet und mobile Kommunikation seien der Schlüssel zu einer Lösung. Die Macht von Wissen dürfe nicht unterschätzt werden. Und Wissen werde durch die digitale Revolution für jedermann zugänglich.

In Sachen Klimaschutz gehe es nun darum, die unangenehme Wahrheit zu akzeptieren und zu verbreiten. "Wir müssen uns als globale Zivilisation sehen", so Gore. Das Wissen um den Zustand unserer Umwelt müsse eine kritische Masse erreichen, damit die politische Meinung beeinflusst werden könne.

"Wir haben alles, was wir brauchen, um die Krise zu bewältigen - was uns fehlt, ist der politische Wille", erklärte Gore abschließend.

Keine Pläne für Präsidentschaftskandidatur

Gore, dem man die Routine in seiner Ansprache anmerkte, sparte nicht mit Seitenhieben auf die derzeitige US-Regierung unter Präsident George W. Bush. Er betonte, dass die USA beim Klimaschutz eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen sollten, was aber seiner Meinung nach nicht der Fall sei. Gore lobte aber Arnold Schwarzenegger, Gouverneur des US-Bundesstaats Kalifornien, und sein Umwelt-Engagement.

"Ich habe keine Pläne, als US-Präsident zu kandidieren", erklärte er auf die nahenden Wahlen angesprochen. Er schließe aber nicht aus, eines Tages wieder in die Politik zurückzukehren.

Technologie bringt "Freiheit"

Gore kommentierte auch den Einstieg der Telekom Austria in Weißrussland, der "viel bewegen" und zur Demokratisierung des Landes beitragen könne. Er gebe Bob Geldof recht, der bei "Live Earth" gesagt habe, dass mobile Kommunikation als Zeichen für die Freiheit einer Gesellschaft gewertet werden könne.

"Wenn Kommunikation nur für Wenige verfügbar ist, finde ich das bedrohlich". Die Verbreitung von Kommunikation und ihrer Technologien bringe "Freiheit" und es sei wichtig, die Freiheit des Internets auch in Zukunft zu garantieren.

Sein Internet-TV-Projekt "Current TV", für das Gore erst kürzlich einen Emmy erhalten hat, nannte er "die TV-Homepage der Internet-Generation". Current TV lädt die Nutzer ein, selber Videobeiträge einzusenden, die dann von der Online-Community bewertet werden.

Die Nutzer wählen im Endeffekt die Beiträge, die sie dann auch im TV sehen wollen.

Österreich auf Platz 46 bei CO2-Ausstoß

Im Jahr 2006 wurden weltweit rund 30 Milliarden Tonnen CO2 emittiert, Österreich liegt bei der Menge der CO2-Emissionen auf Platz 46 von 207 Ländern.

Kritische Stimmen, die die IT-Branche selbst für den wachsenden Energiebedarf verantwortlich machen, konterte Nemsic: "Die weltweite IKT-Branche verursacht heute zwei Prozent der globalen CO2-Emissionen."

Für die gesamte Branche der Informations- und Kommunikationstechnologie [IKT-Branche] errechnete der WWF in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der europäischen Telekomunternehmen ETNO ein Einsparungspotenzial von CO2-Emissionen in der Höhe von 50 Mio. Tonnen jährlich in Europa.

Einsparung durch neue Technologien

Die mobilkom austria präsentierte passend zum Anlass eine Studie, die zeigen soll, wie neue Technologien bei der CO2-Reduktion helfen und 30 Prozent der Geschäftsreisen einsparen können, was eine CO2-Reduktion von 5,6 bis 33,5 Mio. Tonnen bringe.

Auch papierlose elektronische Rechnungen bergen der Erhebung zufolge enormes Potenzial: Zehn Mio. Kunden, die auf eine Online-Rechnung umsteigen, brächten eine Ersparnis von 10.000 Tonnen CO2. Flexible Arbeitsplatze sollen auch das ihre dazutun: Zehn Millionen Menschen, die ein bis zwei Tage von zu Hause aus arbeiten, brächten demnach eine Reduktion von elf Mio. Tonnen CO2 pro Jahr.

Bei der mobilkom führten demnach der Ausbau der Funknetze, höhere Voice- und Datenvolumina und neue Funktionalitäten der Basisstationen zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs um 48 Prozent. Gleichzeitig stieg der Datenverkehr im UMTS-Mobilfunknetz um 2,26 Prozent.

(futurezone | APA | Nayla Haddad)