Ratssitzung zum europäischen Lauschangriff
Im Mittelpunkt der Sitzung des Rats der Innen- und Justizminister heute in Brüssel steht die Unterzeichnung des europäischen Abkommens über Rechtshilfe.
Im Februar hatte das EU-Parlament mehrheitlich für die Streichung jener Passagen im Paragrafen 18 des Abkommens gestimmt, die elektronische Überwachung "im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedsstaaten ohne deren technische Hilfe" regelt.
Weil der Beschluss für den Rat allerdings nicht bindend ist und mittlerweile in den Arbeitsgruppen weiter verhandelt wurde, ist es durchaus möglich, dass der Rat den Parlamentsbeschluss übergeht. Die endgültige Version das Abkommens wird dem Parlament nicht erneut zur Abstimmung vorgelegt.
"Großflächiger Lauschangriff"
Abgeordnete aus dem gesamten Parteienspektrum hatten moniert,
dass dies zu einer Legalisierung von EU-weit nicht geregelten
grenzüberschreitenden Geheimdienstaktivitäten führen werde.
Besonders italienische Christdemokraten und Liberale warnten vor
"Big Brother" und einem "gesetzlichen Minenfeld". Die europäischen
Grünen sprachen von einem "großflächigen Lauschangriff in der EU ...
im Stile des transatlantischen Spionagesystems ECHELON".
Die letzte bekannt gewordene Fassung des Abkommens
Verdacht gegen UK
Gemeint ist damit vor allem Großbritannien, das zum einen im Verdacht steht, zusammen mit den USA Europa großflächig abzuhören [siehe Links unten]. Außerdem sind in Großbritannien die Agenden von Geheimdiensten und Polizei nicht klar getrennt.
Ein im britischen Parlament anstehendes Abhör-Gesetz namens "Regulation of Investigatory Powers Bill" [RIP] macht nach herber Kritik von Bürgerrechtsgruppen seit Wochen Schlagzeilen in den britischen Zeitungen.
Mit RIP werde nicht nur die Unschuldsvermutung, sondern auch das Recht, sich vor Gericht nicht selbst zu belasten, aufgehoben, lautet der Tenor der Kritik.
Die "Foundation for Information Policy Research" [FIPR] hat die Gesetzesvorlage samt Pressereaktionen ausführlich dokumentiert.
FIPR.orgUntersuchung wegen ECHELON
Im Plenum des EU-Parlaments werden am Donnerstag eine dringliche Anfrage und die Einsetzung eines Untersuchungsausschuss zum Thema ECHELON eingebracht.
Bis zum heutigen Tag sollen auch Datenschutzbestimmungen erarbeitet sein, die auf Druck Deutschlands neu in das Rechtshilfe-Abkommen eingehen sollen.
Analyse des Rechtshilfe-Abkommens