Peter Dengate Thrush neuer ICANN-Chef

wahl
02.11.2007

Roberto Gaetano einstimmig zum Vize gewählt

Wie ORF.at am Freitagabend aus ICANN-Kreisen erfahren hat, wurde der neuseeländische Patentanwalt Peter Dengate Thrush [52] in Los Angeles vom ICANN-Board einstimmig zum Nachfolger von Vint Cerf als Vorstandsvorsitzenden der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers gewählt. Die ICANN hat gegen 21:25 Uhr MEZ die Information bestätigt.

Ebenfalls einstimmig wurde der Mathematiker und Informationstechnik-Experte Roberto Gaetano [57] zu seinem Stellvertreter gewählt. Der Italiener arbeitet in Wien bei der UNO-Atombehörde IAEO.

Die ICANN-Chefs sind für drei Jahre gewählt. Ein Direktor darf nur zweimal hintereinander wiedergewählt werden.

Vint Cerfs Fazit

Die ICANN hat mittlerweile das Abschiedsdokument ihres langjährigen Vorsitzenden Vint Cerf [64] auf ihrer Website publiziert. Cerf gibt darin einen Überblick über die ersten neun Jahre der Arbeit von ICANN. Er konnte aufgrund der ICANN-Regeln nicht ein viertes Mal in Folge der Organisation vorstehen. Cerf weist in seinem Papier darauf hin, dass das Internet von zirka 50 Millionen Nutzern im Jahr 1998 auf rund 1,2 Milliarden Nutzer im Jahr 2007 angewachsen sei.

Die wichtigsten Aufgaben der Internet-Adressverwaltung bestünden nun unter anderem in der Einführung internationaler Domain-Namen, der Integration von IPv6 in die Root-Zone und der Intensivierung der Bemühungen zu mehr Offenheit und Transparenz in der Organisation.

Cerf zeigt sich in dem Dokument zufrieden mit der gemeinsam mit der WIPO entwickelten Schlichtungsmöglichkeit von Domain-Streitigkeiten [UDRP].

Darüber hinaus deutet er an, dass die Strukturen der ICANN als einer in Kalifornien inkorporierten Nonprofit-Organisation "besser an internationale Rahmenbedingungen" angepasst werden sollten. Eine Evaluation entsprechender Optionen würde mittelfristig die Effizienz der Organisation steigern helfen.

Hoffnung auf mehr Demokratie

Die Politologin und ICANN-Expertin Jeanette Hofmann erwartet von dem Wechsel an der Spitze der Organisation mehr Offenheit: "Was viele ICANN-Beobachter in den letzten Jahren zur Weißglut getrieben hat, ist die Eigenmächtigkeit der ICANN-Verwaltung, die durch ihren Informationsvorsprung immer am längeren Hebel gesessen hat", schreibt Hofmann auf Anfrage von ORF.at.

"Der neue Chair weiß um dieses Problem und ich gehe davon aus, dass er es entschlossener angehen wird als sein Vorgänger. ICANN ist beständig damit beschäftigt, Regeln für seine Fachorganisationen aufzustellen. Wichtig aber ist, dass auch die heimliche Macht der ICANN-Verwaltung gezähmt wird. Auch gehe ich davon aus, dass sich der neue Chair gegenüber sachlichen Argumenten offener zeigen wird als sein Vorgänger. Es ist eben nicht einfach, als lebende Ikone mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben", so Hofmann.