Fusions-Endspurt von Sony Music und BMG
Wohlgesetzte Worte, fein abgestimmte Argumente hinter verschlossenen Türen und viel Stillschweigen neben asiatischer Höflichkeit nach außen: Beim letzten großen Gefecht um die Fusion der Musikkonzerne Bertelsmann Music Group [BMG] und Sony Music mit den Wettbewerbswächtern der EU in Brüssel regierte die feine Klinge.
Die Delegationen von Sony und Bertelsmann versuchten bei einer zweitägigen Anhörung erneut, die EU-Kommission von der Notwendigkeit einer Fusion zu überzeugen und deren Bedenken zu zerstreuen.
"Der Markt fordert solche Maßnahmen", heißt es bei den Partnern aus Gütersloh und Tokio. Bis zu 300 Millionen Euro wollen beide Konzerne mit ihrem Joint Venture jährlich sparen. Eine Entscheidung der EU fällt am 22. Juli.
Weitere Marktkonzentration befürchtet
Wettbewerbskommissar Mario Monti und seine Leute fürchten vor
allem stillschweigende Preisabsprachen unter den Großen der Branche
und eine weitere Konzentration des Marktes.
Schon jetzt machen die großen fünf weite Teile des Handels mit bespielten Tonträgern unter sich aus. Sony ist seit langer Zeit die weltweite Nummer zwei hinter Marktführer Universal Music, einer Tochter des französischen Vivendi-Konzerns. Im Falle einer Fusion wäre Sony BMG mit einem Marktanteil von deutlich mehr als 20 Prozent dem Marktführer auf den Fersen.
Kein Wunder, dass Kritik weniger von den direkten Konkurrenten wie Universal, EMI und Warner Music kommt, sondern vor allem von den unabhängigen, kleineren Plattenfirmen, die gemeinsam noch einen Anteil von rund einem Fünftel auf dem Weltmarkt halten. Sie fühlen sich in die Ecke gedrängt.
Im Jahr 2000 hatten sie schon einmal die Fusionsabsichten von Warner Music und EMI torpediert. Die beiden hatten ihre Pläne dann zunächst einmal ad acta gelegt.
Musik-Weltmarkt geschrumpft
Doch die Lage hat sich in den vergangenen drei, vier Jahren
dramatisch geändert. Die Umsätze mit Musik gingen Jahr für Jahr
zurück. Hauptargument der Fusionsaspiranten Sony und BMG ist daher
auch der stark unter Druck geratene Weltmarkt mit bespielten
Tonträgern.
Mehr illegale Downloads
2,7 Milliarden CDs, Kassetten, Schallplatten, Musikvideos und DVDs im Wert von 32 Milliarden USD gingen 2003 nach Angaben der Musikindustrie weltweit über die Ladentische.
Die Zahlen bedeuten ein Minus beim Umsatz von 7,6 Prozent und bei der Stückzahl von 6,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Betrachtet man nur die Audio-Tonträger, kommt sogar ein Minus von 9,9 Prozent zu Tage.
Grund sind laut Plattenstudios vor allem Raubkopien und illegale Gratis-Downloads aus dem Netz. "In Deutschland wird inzwischen mehr Musik kopiert und heruntergeladen als verkauft", sagt BMG-Vorstandsvorsitzender Rolf Schmidt-Holtz.