Regulierer mobilisieren gegen Reding-Plan
Die Telekomregulierer der EU-Mitgliedsländer haben sich gegen die Pläne von Kommissarin Viviane Reding ausgesprochen, eine Super-Aufsichtsbehörde zu installieren. Auch RTR-Chef Georg Serentschy lehnt es ab, aus Brüssel beaufsichtigt zu werden.
In einem Brief an Medienkommissarin Reding spricht sich die Gruppe der nationalen Aufsichtsbehörden [ERG] zwar für eine engere Zusammenarbeit aus. "Die nationalen Regulierer sind aber der Meinung, dass sich die dezentrale Organisation bewährt hat", sagte der Präsident der deutschen Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, in Bonn vor Journalisten. Die Behörden sähen weder die Notwendigkeit für eine neue Behörde noch für ein Vetorecht der EU-Kommission bei Regulierungsverfügungen.
Gemeinsamer Markt für Telefonie
Reding begründet die geplante Einrichtung eines EU-Regulierers damit, dass sie die Wettbewerbsbarrieren für einen gemeinsamen freien Markt einreißen wolle. "Ein Bremsklotz sind heute die nationalen Grenzen in Europas Telekommarkt", sagte Reding in einem "Spiegel"- Interview vom Montag. Sie verweist dabei auf die Senkung der Gebühren für grenzüberschreitende Handygespräche, der sogenannten Roaming-Entgelte.
Kurth hält dagegen, dass durch die Zusammenarbeit der nationalen Regulierer die Entgelte auch ohne einen EU-Regulierer deutlich gefallen seien. Auch der Vorwurf, auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt gebe es aufgrund fehlenden Wettbewerbs eine zu geringe Breitbandpenetration, greife nicht. "Deutschland liegt bei der Breitbandpenetration inzwischen über dem EU-Durchschnitt", sagte Kurth.
RTR-Chef skeptisch
Auf Anfrage von ORF.at zeigt sich auch Georg Serentschy, Chef der hiesigen Regulierungsbehörde RTR, skeptisch gegenüber Redings Plänen. Die bisherige Praxis, dass der Rechtsrahmen in Brüssel vorgegeben und Marktforschung sowie Regulierungspraxis in den Mitgliedsländern vollzogen würden, habe sich bewährt, so Serentschy.
Die von Reding vorgeschlagene EU-Regulierungsbehörde sei ein Schritt hin zu mehr Zentralisierung und Bürokratie. Die lokalen Regulierungsbehörden verfügten über eine bessere Kenntnis ihrer Märkte, als das bei einer zentralen Stelle in Brüssel der Fall sein könnte, so der RTR-Chef.
Separation als "Ultima Ratio"
Serentschy befürwortet allerdings die von Reding angestrebte Ausweitung der Befugnisse für die Regulierer. Die von der Medienkommissarin vorgeschlagene Separation großer Telekomkonzerne in Infrastruktur- und Diensteanbieter bezeichnet der RTR-Chef als "Ultima Ratio", also als eine Maßnahme, die nur angewendet werden sollte, wenn alle anderen Regulierungsinstrumente versagt haben.
Ob eine solche Separation auch in Österreich sinnvoll sei, sei "völlig offen". Serentschy: "Erst muss Reding die Maßnahmen auf den Tisch legen, dann würden wir eine Marktanalyse anfertigen, auf deren Grundlage man entscheiden könnte."
"Die neue Regulierungsbehörde soll 110 Mitarbeiter haben und ein Jahresbudget von 22 Millionen Euro erhalten", so Serentschy, "Dieses Budget ist gut doppelt so hoch wie das Jahresbudget der RTR mit 10 Millionen Euro." Damit sei die EU-Regulierungsbehörde zu teuer, so der RTR-Chef. Außerdem dauere es lange, die Pläne der Kommissarin umzusetzen: "Redings Vorschlag ist unausgegoren und frühestens in zwei Jahren zu verwirklichen."
Reding hat unterdessen in den Medien wiederholt ihre Entschlossenheit bekräftigt, einen einheitlichen Telekommarkt in Europa durchzusetzen. Am Dienstag wird sie ihre Pläne für eine europäische Aufsichtsbehörde vorstellen.
(Reuters | futurezone)