Tel.con im Zeichen der Regulierung
Am Dienstag hat in Wien mit der "tel.con" bereits zum zehnten Mal der vom Institute for International Research [IIR] organisierte Jahreskongress für die Telekombranche begonnen. Hauptthema waren die Telekomregulierung und der Wettbewerb auf dem heimischen Markt.
Zehn Jahre ist auch die Telekomliberalisierung in Österreich alt - die beiden Jubiläen fielen just an dem Tag zusammen, den EU-Medienkommissarin Viviane Reding für die Präsentation ihrer neuen Pläne zur Telekomregulierung gewählt hatte.
Diesen griff Wolf-Dietrich Grussmann, Rechtsexperte der EU-Kommission, mit seinem Vortrag zum Regulierungsreview vor und erläuterte die wichtigsten Eckpunkte der Reform. Staatssekretärin Christa Kranzl [SPÖ], die eigentlich die Einführungsworte sprechen sollte, hatte krankheitsbedingt abgesagt.
"Neue Ära beginnt"
"Heute ist ein großer Tag für die Branche", leitete Grussmann ein. "'Es beginnt eine neue Ära für die Verwirklichung des Binnenmarkts bei den Telekoms".
649 Mrd. Euro sei die IKT-Branche in der EU im Jahr 2006 schwer gewesen, die Investitionen hätten in dem Zeitraum rund 47 Mrd. Euro betragen, wobei Österreich bei den Investitionen im Schnitt hinten liege.
Die Kommission sehe in Österreich einen starken Wettbewerb im Mobilfunk, "trotz Konsolidierung und Roaming-Regelung". Weiters werde der Markt in Brüssel als "sehr innovativ" eingeschätzt. Zu bemängeln habe die EU unter anderem, dass es "keine nationale Breitbandstrategie gibt" und die "notwendigen Investitionen in Next
Generation Networks" fehlten.
Die neue Regulierung
Zur Regulierungsreform erklärte er, dass drei große Zielsetzungen gleich blieben: die Förderung des Wettbewerbs, die Entwicklung des Binnenmarkts und die Förderung der Bürgerinteressen.
Im Fokus stehe dabei eine "bessere Regulierung", was Grussmann zufolge auch weniger Regulierung bedeuten könne. "Dort, wo der Wettbewerb wirksam geworden ist, kann auch Deregulierung stattfinden", sagte er am Dienstag. Generell solle die Regulierung übersichtlicher gestaltet werden, indem von 18 auf sieben Teilmärkte reduziert werde. Weiters solle die Regulierung effizienter werden, indem straffere Verfahren und wirksamere Sanktionen eingeführt werden sollen.
2012: "Digitaler Switchover"
Die Stärkung des Binnenmarkts sei vor allem wichtig, um im globalen Wettbewerb zu bestehen, so Grussmann. Schließlich sei in der EU für 2012 der "digitale Switchover" geplant, nach dem freie Frequenzen neu vergeben werden. Gerade hierfür wünsche sich die EU mehr Flexibilität und die Möglichkeit eines harmonisierten Frequenzhandels.
Zur Schaffung der Europäischen Telekom-Marktbehörde, die zu den Grundneuerungen der Reform zählt, sagte Grussmann, dass deren Organisation der EU-Energieagentur ähneln solle. Der Sitz dieses "Beratungsorgans der Kommission" müsse von den Mitgliedsstaaten entschieden werden.
Die neuen Vorschläge, mit denen die bisherigen EU-Telekomregeln von 2002 überarbeitet werden, müssen von den 27 Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament beschlossen werden. Sie werden frühestens 2010 wirksam.
RTR enttäuscht über eigene Rezeption
Anlässlich der Veranstaltung ließ auch die heimische Regulierungsbehörde RTR zehn Jahre Telekomliberalisierung und damit ihre eigene Tätigkeit Revue passieren.
Roland Belfin, Assistent der RTR-Geschäftsführung, zeigte sich dabei enttäuscht, dass die RTR in den Medien oft negativ dargestellt werde. Diese "Undankbarkeit" sei aber unweigerlich mit der Rolle des Schiedsrichters verknüpft.
"Wir haben unsere Rolle überdacht und wollen uns mehr in Richtung Moderator entwickeln", so Belfin. Gemeinsam mit den Betreibern wolle man sich künftig an aktuelle Themen annähern und die eigene Diskussionsbereitschaft ankurbeln.
Die Zukunft heißt "Next Generation Networks"
Wichtige Zukunftsthemen für die RTR seien die "Next Generation Networks", Konvergenz und die Sicherung von Investitionen.
Zu den EU-Regulierungsplänen und der Schaffung einer neuen Behörde sagte er: "Wir haben unbestritten das gleiche Ziel." Die nationalen Regulierungsbehörden würden seit Jahren an der Harmonisierung arbeiten und seien dabei auf einem guten Weg.
Die Position des Telekomregulators wird neu ausgeschrieben. Der Vertrag des Geschäftsführers des Bereichs Telekommunikation in der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH [RTR], Georg Serentschy, der Mitte November ausläuft, werde nicht automatisch verlängert, schrieb die "Presse" vor kurzem.
Telekoms aus Wirtschaftssicht
Am Nachmittag wurde die Telekombranche schließlich von Kapitalmarkt- und Wirtschaftsanalysten unter die Lupe genommen. Alfred Reisenberger von der CA-IB ortete dabei "einen der heißumkämpftesten Märkte Europas".
Unternehmensberater Andreas Kreutzer bemängelte eine "IKT-unfreundliche Stimmung in Österreich". Die IT-Ausgaben der kleinen und mittleren Betriebe, die ja in Österreich in der Überzahl sind, ließen zu wünschen übrig. Dabei seien die Dienstleister gefragt, entsprechende Lösungen anzubieten, damit die KMUs den Wert von IT erkennen.
Preis für Hutchison
Am Ende des ersten Kongresstages prämierte das Institute for International Research in Kooperation mit "Computerwelt" und dem Fachverband der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen innovative Lösungen und Modelle, die die individuelle Kundenansprache ermöglichen. Zum Sieger wurde heuer Hutchison mit seinem Web-Bundel "X-Series" gekürt.
(futurezone | Nayla Haddad)