EU verteidigt Telekom-Regulierungspläne
Rudolf Strohmeier, Kabinettschef der EU-Medienkommissarin Viviane Reding, hat am Mittwoch in Wien die Reformvorschläge der Kommission für die Telekomregulierung erläutert und umstrittene Maßnahmen verteidigt.
Kernpunkte des EU-Vorschlags sind effizientere Regulierung, die Stärkung des Binnenmarkts und des Wettbewerbs, mehr Rechte für Konsumenten und die Schaffung einer Europäischen Telekom-Marktbehörde.
Laut EU soll diese Behörde vor allem als Beratungsorgan der EU-Kommission fungieren. Die Notwendigkeit der Einrichtung sei keine Kritik an den nationalen Regulierern. Diese müssten sich auf ihr nationales Umfeld konzentrieren.
Die EU-Telekom-Marktbehörde solle dort ansetzen, wo die nationalen Regulierungsbehörden im wahrsten Sinne des Wortes an ihre Grenzen stoßen, sagte Rudolf Strohmeier am Mittwoch in Wien.
Der Fokus liege auf weniger Regulierung, weshalb auch elf von 18 Teilmärkten vollkommen gestrichen wurden.
Kritik an der "Superbehörde"
Die in der Branche "Superbehörde" getaufte Einrichtung wird heftig kritisiert. Hans-Jürgen Pollirer, Obmann der Bundessparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Österreich, äußerte sich in einer ersten Reaktion hierzu kritisch.
"Vorstöße dieser Art gab es bereits in der Vergangenheit. Wie schon damals ist der zusätzliche Nutzen einer solchen zusätzlichen Regulierungsstelle, deren Einrichtung mit erheblichen Kosten verbunden ist, nach wie vor unklar." Die Behörde soll über 110 Mitarbeiter verfügen und wird immerhin ein jährliches Budget von 22 Millionen Euro erhalten.
Doppelt so viel Budget wie RTR
Auch der heimische Telekomregulator Georg Serentschy äußerte sich im Vorfeld der Veröffentlichung kritisch über das Budget, das immerhin doppelt so viel sei, wie die RTR im Jahr zur Verfügung habe. Jedoch mit dem Unterschied, dass die "Superbehörde" die Aufsicht über 27 Staaten haben soll.
Auch in Deutschland ertönten kritische Stimmen: Eine neue Behörde ist laut Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach mit dem "Gebot der Subsidiarität und Erforderlichkeit" nicht vereinbar. Vielmehr sollten die europäischen Regulierer gestärkt und Unterschiede nationaler Märkte beachtet werden. Nötig sei eine tendenzielle Harmonisierung ohne eine riesige Behörde. Die Bundesregierung kündigte harten Widerstand gegen die Pläne der EU-Kommission an.
Wichtiges Schlagwort der Reform ist auch der "digitale Switchover", der 2012 stattfinden soll. Die dadurch frei werdenden Frequenzen sollen dann neu vergeben werden. Gerade hierfür wünsche sich die EU mehr Flexibilität und die Möglichkeit eines harmonisierten Frequenzhandels.
Neues "Werkzeug": Funktionale Trennung
Ein weiteres Reizthema der Reform sind neue Regulierungsmaßnahmen wie die funktionale Trennung von Infrastruktur und Services. Strohmeier betonte, dass das lediglich ein "zusätzliches Werkzeug" sei und es dabei keineswegs zu einer Eigentümerentflechtung komme, wie das im Energiebereich der Fall ist.
Bis es aber in einem Land überhaupt so weit kommen kann, muss die nationale Regulierungsbehörde eine Vielzahl an Analysen und Gutachten vorlegen, die den Schritt rechtfertigen. Zusätzlich muss die neue Behörde ihre Zustimmung geben.
Warten bis Ende 2010
Bevor die Reform jedoch zur Anwendung kommt, können noch Jahre vergehen. Nach Annahme der EU könnte es bis Ende 2009 daueren, dass Rat und Europaparlament sich über den Vorschlag einig werden.
Danach folgt die Umsetzung der entsprechenden Richtlinien in den Mitgliedsstaaten, was erfahrungsgemäß zwölf bis 18 Monate dauert. Strohmeier rechnet mit der Umsetzung in die Praxis nicht vor Ende 2010 oder Anfang 2011. In manchen Ländern könnte sich bis dahin der Markt jedoch schon von selbst bereinigt haben.
(futurezone | dpa | Nayla Haddad)