Internet-Sperre bei Urheberrechtsverstoß
Frankreich macht gegen Urheberrechtsverletzungen im Netz mobil und will Nutzern, die wiederholt gegen das Urheberrecht verstoßen, den Internet-Zugang kappen. Im Gegenzug soll der Kopierschutz abgeschafft werden. Konsumentenschützer üben heftige Kritik an den Regierungsplänen.
In Frankreich haben Musik-, Film- und Fernsehwirtschaft, Internet-Anbieter sowie die Regierung am Freitag eine Vereinbarung unterzeichnet, die drastische Maßnahmen gegen die unautorisierte Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet vorsieht.
Nach Warnung Sperre
Demnach wird eine neue Behörde mit weitreichenden Rechten gegründet, die auf Urheberrechtsverstöße aufmerksam machen soll.
Wer nicht lizenzierte, urheberrechtlich geschützte Inhalte anbietet oder herunterlädt, bekommt zunächst Warn-E-Mails. Reicht das nicht, wird mutmaßlichen Mehrfachtätern der Internet-Zugang vorübergehend abgestellt oder gleich ganz gekündigt.
Kopierschutz wird abgeschafft
Im Gegenzug soll der Kopierschutz für Musikstücke abgeschafft werden. Auch Kinofilme sollen früher auf DVD erhätlich sein, hieß es.
Die Filtertechnik zum Aufspüren von unautorisierten Kopiervorgängen und deren Urhebern sollen dabei die französischen Internet-Anbieter liefern.
Erarbeitet wurde die Vereinbarung von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Denis Olivennes, dem Geschäftsführer der französischen Einzelhandelskette FNAC. Olivennes trat vor kurzem als Autor eines Buches hervor, in dem er Internet-Anbietern vorwarf, von Urheberrechtsverletzungen im Netz zu profitieren.
"Fehlendes Unrechtsbewusstsein"
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy verwies bei der Unterzeichnung des Abkommens darauf, dass den Internet-Nutzern heute vielfach das Unrechtsbewusstsein fehle.
Es gebe im Netz noch immer "mittelalterliche Verhaltensweisen", sagte er. Viele Internet-Nutzer würden "unter dem Vorwand, dass es sich um digitale Kommunikation handelt, nach eigenem Ermessen Ladendiebstahl begehen". Die Vereinbarung sei deshalb ein "entscheidender Moment für die Einführung eines zivilisierten Internets".
Auch Vertreter der Musikwirtschaft begrüßten die Vereinbarung. "Es handelt sich um die wichtigste Initiative im Kampf gegen die Online-Piraterie", erklärte der Internationale Verband der Phonographischen Wirtschaft [IFPI].
Die IFPI machte mit einem ähnlichen Vorschlag bereits Anfang des Jahres von sich reden. Ergänzend zu Klagen gegen Tauschbörsennutzer wegen Urheberrechtsverletzungen und rechtlichen Schritten gegen Filesharing-Software-Anbieter sollten künftig die Internet-Anbieter dazu gebracht werden, die Breitbandverbindungen "verdächtiger" Kunden zu kappen, forderte IFPI-Chef John Kennedy Ende Jänner.
Heftige Kritik von Konsumentenschützern
Die französische Konsumentenschutzorganisation UFC-Que Choisir übte bereits im Vorfeld der Vereinbarung heftige Kritik an den Plänen Sarkozys.
Die Vereinbarung sei repressiv, unzeitgemäß und unwirtschaftlich. Dadurch würden die Grundrechte der französischen Bürger gefährdet, kritisierten die Konsumentenschützer.
Kritik auch in Regierungspartei
Kritik wurde jedoch auch aus den Reihen der Regierungspartei UMP laut. Die UMP-Abgeordneten Marc Le Fur und Alain Suguenot bedauerten Sarkozys Vorstoß und verwiesen in einem Statement darauf, dass die Entscheidung über die Sperre von Internet-Zugängen nicht einer Überwachungsbehörde überlassen werden sollte. Das sollte Aufgabe eines Gerichts sein, kritisierten die Abgeordneten.
Nicht vor 2009
Beobachter in Frankreich erwarten, dass die Regierung die für das neue System notwendigen Gesetzesänderungen erst nach den Kommunalwahlen im März verabschieden wird. Vor 2009 werde es voraussichtlich nicht voll funktionsfähig sein, hieß es.
Anfang September sprach sich auch ein von der schwedischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht für Internet-Sperren bei Urheberrechtsverletzungen aus.
(futurezone | AFP)