Abhörunion Europa, erster Teil
Während im EU-Parlament noch überlegt wird, wie der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum militärischen Abhörsystem ECHELON formuliert werden soll, tut sich Neues an der Abhörfront.
Diesmal ist wieder die Polizei am Zuge, genau gesagt geht es um jene Passagen der unter dem Codewort ENFOPOL bekannt geworden europäischen Überwachungspläne, die in das "Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der EU" [aka "Rechtshilfeübereinkommen"] eingegangen sind.
Ein internes EU-Papier mit dem Akronym "COPEN 21", das der FutureZone in Auszügen vorliegt, beweist, dass der Rat der Innen- und Justizminister dabei ist, sich über einen Beschluss des EU-Parlaments vom 17. Februar hinweg zu setzen.
Paragraf 18
Nach heftigen Einwänden von Abgeordneten aus allen Lagern wurde
die Streichung des Paragrafen 18 zum Thema "Überwachung von Personen
im Hoheitsgebiet anderer Mitgliederstaaten ohne deren technische
Hilfe" gefordert.
In der vorläufigen Letzfassung des Rechtshilfeübereinkommens vom 23. März, dessen Verabschiedung am 27. März durch ein Veto Luxemburgs vorläufig verhindert wurde, ist der umstrittene Paragraf wiederum enthalten, wenn auch etwas modifiziert.
Ratssitzung der Innen und Justizminister am 27. März"Der überwachende Mitgliedsstaat"
Bis zum letzten Moment Veränderungen unterworfen ist der Artikel 18, Absatz drei, im Papier vom 23. März ist er in zwei verschiedenen Versionen vorhanden.
Die revidierte Fassung, in der die Kommunikation zwischen dem "überwachenden Mitgliedsstaat" und "der Behörde des unterrichteten Mitgliedsstaats" geregelt ist, räumt erstgenannten Behörden ein Frist von 96 Stunden ein, während derer Telekommunikation, die sich auf einem fremden Hoheitsgebiet abspielt, belauscht werden kann, ohne dass im "unterrichteten Mitgliedsstaat" ein ordentliches Gericht darüber entscheidet, ob dies auch rechtmäßig geschieht.
Iridium ist nicht gemeint...
All dies hat so gut wie nichts mit satellitengestützter Telefonie
zu tun, wie manche Analysten meinen, sondern mit ganz
... sondern Roaming Gateways
Abgehört wird nicht über Satelliten, sondern über Roaming-Gateways, wo alle Auslandsverbindungen der GSM-Provider zusammenkommen. In AT sind dies zwei sogenannte Hauptvermittlungsstellen der Telekom in Wien und Linz, eine dritte in Graz ist im Bau.
Eine detaillierte Analyse des umstrittenenen Paragrafen, der auch als Freibrief für Geheimdienste gelesen werden kann, erscheint als Follow-Up im Laufe des Tags.
Paragraf 17 und 18 des Rechtshilfeübereinkommens gehen direkt auf
das berüchtigte Papier ENFOPOL 98 zurück.