Notebook-Preisverfall durch OLPC

29.11.2007

Pro Tag werden momentan 10.000 kleine Linux-Laptops für Kinder um je 200 Dollar abgesetzt. Die Hälfte bleibt in den USA, 5.000 gehen täglich als Spende an Entwicklungsländer. Auch herkömmlichen Notebooks steht weltweit ein Preisverfall bevor, Microsoft und Intel sehen das mit Skepsis.

Seit dem Start der Initiative "Give One Get One", die seit drei Wochen um knapp 400 Dollar zwei OLPC-Laptops [One Laptop Per Child] vom Typ XO vertreibt, hat sich der Absatz von etwa 7.000 auf 10.000 Stück pro Tag gesteigert.

Die Aktion wurde bis 31. Dezember verlängert, bleibt der Umsatz konstant, dann wird die Initiative bis Jahresende wohl um die 500.000 XOs unter die Leute gebracht haben.

Nicholas Negroponte

Finanziert wäre damit eine Viertelmillion Laptops für die "Dritte Welt", das ist zwar deutlich weniger, als Initiator Nicholas Negroponte ankündigt hatte.

Wer den stets enthusiasmierten MIT-Professor, dessen Prophezeihungen kaum je mit echten Zeitabläufen übereingestimmt haben, auch nur etwas kennt, war wenig überrascht.

Die Industrie

Die Leitartikler des "Wall Street Journal" nahmen Negroponte allerdings wörtlich. Am Wochenende wurde dem MIT­-Professor in einer umfangreichen Story vorgerechnet, er habe keines seiner Ziele erreicht.

Gerade einmal 2.000 Schüler würden den OLPC schon praktisch nützen, die "Dritte Welt"-Initiativen von Intel und Microsoft liefen dem OLPC den Rang ab.

Der würde nämlich so nie und nimmer auf die angekündigten 100 Dollar fallen, die von Negroponte prophezeiten 150 Millionen bis Ende 2008 abgesetzten OLPCs würden so nicht erreicht. Damit sei das gesamte Projekt gefährdet, so das Blatt.

Microsoft und Intel

Sowohl Bill Gates als auch der abgetretene Intel-Chef Craig Barrett hatten sich bereits bei der Ankündigung des OLPC-Projekts im Jahr 2005 abfällig geäußert.

Da so ein Umgang mit der Initiative des MIT-Professors Negroponte in der Öffentlichkeit nicht eben freundlich aufgenommen wurde, hielt man sich danach eher bedeckt.

Weil der OLPC unter Linux läuft und Prozessoren von AMD verwendet werden, standen die beiden Marktführer sozusagen als Verlierer der Globalisierung da.

Die Tonart

Intel war zwar der OLPC-Initiative letztlich beigetreten, aber erst, nachdem der eigene Billig-Laptop namens Classmate für die Armenhäuser dieser Welt - Nigeria bis Mongolei - vermarktbar war. Microsoft wiederum begann, eine Windows-XP-Version für Schulen und Universitäten in bedürftigen Länder um drei Dollar pro Lizenz anzubieten.

Da Kritik von Konkurrenten, die das OLPC-Projekt vom Markt drängen wollen, nun einmal nicht gut kommt, wurde das "Wall Street Journal" vorgeschickt. Wenn eine Branche mehrheitlich murrt, dann stimmen die Leitartikler des Industrieorgans genau in dieselbe Tonart ein.

Intels Classmate

Negropontes OLPC-Projekt hat nämlich nicht nur die beiden Branchenriesen auf die Barrikaden gebracht. Laptop-Herstellern wie PC-Produzenten kam das Grausen, als sie die Preisansagen sahen und es gruselte sie noch immer, als das Gerät im November um knappe 200 Dollar erstmals in den Handel kam.

Intel verkauft den Classmate, der angeblich um die 230 Dollar kostet, bereits in hohen Stückzahlen an bevölkerungsstarke Länder wie Nigeria und Pakistan.

Der unerschlossene Markt

Abgeschlossen wird allerdings nur mit Regierungsstellen, ein Verkauf irgendwo auf der Welt im Einzelhandel ist auch weiterhin nicht vorgesehen. Das nährt die Einschätzung der Analysten, dass Intel bei diesem Endpreis so gut wie nichts am Classmate verdienen könne.

Man will ganz einfach AMD nicht Tür und Tor öffnen, seine Prozessoren via OLPC quer über den einzigen noch völlig unerschlossenen Wachstumsmarkt der Zukunft verbreiten zu lassen.

Laptop-Preise fallen

Auf die Märkte der Reichsten zeigt das OLPC-Projekt in Zeiten der Globalisierung ebenfalls seine Wirkung.

Mittlerweile geht die Mehrzahl der Analysten nämlich davon aus, dass auch die Preise für herkömmliche Laptops fallen werden, besonders solche im unteren und mittleren Segment.

Von diesen aber werden bei weitem die höchsten Stückzahlen abgesetzt, weil das die Rechner sind, die Firmen ihren Durchschnittsangestellten zur Verfügung stellen.

Sub-Notebooks, jetzt anders

Der Preisverfall im Notebook-Bereich hat längst eingesetzt und er zeigt sich zuerst darin, dass Sub-Notebooks wieder in Mode kommen, allerdings zu völlig anderen Preisen als ehedem.

Während Sub-Notebooks vor drei, vier Jahren deutlich teurer als vergleichbare Mittelklasse-Laptops waren, kostet der neue, im Lauf der kommenden Wochen auch in Österreich frei im Handel erhältliche Eee PC von Asus hierzulande 299 Euro.

Wie dieser läuft auch der OLPC [Fedora] unter einem abgeschlankten und umgemodelten Linux, wie auch Intels Classmate wahlweise mit Windows XP oder Mandriva Linux an Regierungsstellen ausgeliefert wird.

Das Betriebssystem fällt auf

Dass Intel selbst ein komplettes Gerät zum Endnutzergebrauch liefert, das noch dazu wahlweise mit Linux ausgeliefert wird, ist ein Novum, das vom "Wall Street Journal" eben nicht wörtlich genommen worden ist.

Der Preisverfall beim Mobile Computing zeigt nämlich noch eine weitere, ganz offensichtliche Wirkung: Bei derart niedrigen Preisen für einen gesamten Mini-Laptop taucht das Betriebssystem neben dem bereits sehr verbilligten Prozessor als maßgeblicher Kostenfaktor plötzlich auf.

(futurezone | Erich Moechel)