Debatte über E-Voting in Wien

demokratie
03.12.2007

Die Wiener ÖVP drängt auf die Einführung der elektronischen Stimmabgabe auf Kommunalebene. Die Wiener SPÖ winkt ab.

Der der Wiener ÖVP-Klubobmann Matthias Tschirf bezeichnete am Montag E-Voting - mit Verweis auf die kürzliche Einführung der Briefwahl auf Bundes- und Landesebene - als "ein weiteres Instrument des bürgernahen Wahlablaufs". Als möglichen Start der elektronischen Stimmabgabe in Wien wünschte sich Tschirf die Gemeinderatswahl 2010.

Der Klubobmann will damit auch der "kontinuierlich sinkenden" Wahlbeteiligung bei Gemeinderatswahlen entgegenzuwirken: E-Voting erleichtere die demokratische Einbeziehung von Menschen mit eingeschränkter Mobilität, aber auch Personen mit Zweitwohnsitz außerhalb Wiens oder jugendlicher Wahlberechtigter ab 16 Jahren, "die mit dem Computer aufgewachsen sind".

Behördlich autorisierte Bürgerkarte

Praktisch durchgeführt werden soll die Stimmabgabe über eine behördlich autorisierte Bürgerkarte samt Identifikationsnummer und Passwort. Die E-Card oder Bankomatkarte könne dafür leicht aufgerüstet werden, hieß es.

Das Anonymitätsprinzip müsse allerdings gewahrt werden. "Die technischen Voraussetzungen zur Auftrennung von Identifizierung und Stimmabgabe sind da", gab sich Roman Stiftner [ÖVP], Sprecher für Informations- und Kommunikationstechnologie [IKT], überzeugt.

Als positives Beispiel nannte Stiftner die Parlamentswahlen in Estland [März 2007], wo die Stimmabgabe via Internet auf nationaler Ebene "ohne gröbere Pannen" möglich gewesen sei.

Auf die Parlamentswahlen in Estland berief sich auch Innenminister Günter Platter [ÖVP], der sich wiederholt für die Einführung von E-Voting auf EU- und Bundesebene stark machte.

Die Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft [ÖH] sollen bereits 2009 österreichweit über ein E-Voting-System abgewickelt werden. Die ÖH meldete jedoch rechtliche Bedenken gegen die elektronische Stimmabgabe an. Als eigenständige Körperschaft wolle man selbst über den Wahlmodus bestimmen können, hieß es vonseiten der ÖH, und stehe auch "nicht als E-Voting-Versuchskaninchen zur Verfügung".

~ Link: E-Voting zwischen Trial und Error (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=176017v2) ~

SPÖ gegen "überhastete Umsetzung"

Die Wiener SPÖ reagierte auf die Vorschläge wenig euphorisch. Neben verfassungsrechtlichen Bedenken seien auch noch technische sowie große organisatorische Probleme zu bewältigen, meinte Klubobmann Christian Oxonitsch in einer Aussendung. Er warnte vor einer "womöglich überhasteten Umsetzung".

Auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofes [VfGH], Karl Korinek, sprach sich Anfang November vehement gegen den Einsatz von E-Voting aus. Möglich wäre das Wählen über Computer und Internet aus seiner Sicht erst, wenn es "ganz seriöse Vorkehrungen" gibt, die die geheime Stimmabgabe sicherstellen.

Laut einer Anfang November vom Nachrichtenmagazin "profil" in Auftrag gegebenen Umfrage lehnen 58 Prozent der Österreicher das E-Voting ab. Nur 35 Prozent sprachen sich für die elektronische Stimmabgabe aus. Sieben Prozent wollten sich nicht äußern.

(futurezone | APA)