Konsolen im Sozialen Netz
Die Zeit des einsamen Konsolenzockens ist endgültig vorbei. Mit dem jüngsten Update für Microsofts Xbox 360 rückt diese ein weiteres Stück in Richtung Web 2.0. Und die Konkurrenz schläft nicht, auch wenn Sonys Online-Welt "Home" weiter auf sich warten lässt. Nintendo setzt vor allem auf Individualität.
Das Herbst-Update für Microsofts Xbox 360 von dieser Woche ermöglicht es Interessierten erstmals, die Freundesliste anderer Gamer durchzublättern.
Das klingt auf den ersten Blick banal, ist aber ein weiteres Puzzlestück auf dem Weg zum "Game 3.0", wie Phil Harrison von Sony im März seine GDC-Keynote rund um die PS3-Online-Welt "Home" nannte. Wie bei "Second Life" sollen "Home"-Nutzer ihre Avatare und ihre virtuelle Umgebung bis hin zum eigenen virtuellen Appartement selbst gestalten und sich über Text-, Audio- und Video-Chat unterhalten können.
Während der Betatest von "Home" mehrmals auf nunmehr Anfang 2008 verschoben wurde, hat Microsoft seinen seit 2002 bestehenden Online-Dienst Xbox Live bereits kräftig in Richtung Soziales Netzwerk ausgebaut.
MySpace hits Xbox
Nutzer von Xbox Live erhalten ein individuelles Spielerprofil [Gamertag]. Darin verzeichnet sind die bereits gespielten Spiele und Spielerfolge, anhand derer man sich einen passenden Gegner oder Gleichgesinnte suchen kann. Sofern gefunden, kann man direkt aus Xbox Live die gewünschte Person als Freund einladen, über einen privaten Video/Text-Chat Kontakt aufnehmen oder Kurznachrichten via Windows Live Messenger schicken.
Wem das nicht reicht, der kann sich über Windows Live Spaces ein dezidiertes Xbox-Blog anlegen und dort oder im Windows Live Messenger der ganzen Welt seinen Gamertag zeigen.
Mitte des Jahres dehnte Microsoft Xbox Live auch auf die Windows-Plattform aus, so dass nun Spieler beider Plattformen gegeneinander antreten können.
Online-Shop auf PS3
Damit kann Sony mit den aktuell verfügbaren Funktionen auf seiner PS3 vorerst nicht mithalten. Zwar kann man auch auf der PS3 ein Spielerprofil erstellen, mit Freunden in Bild und Ton chatten und eine Freundesliste pflegen. Von den angedachten "Home"-Features ist Sony allerdings noch ein gutes Stück entfernt.
Sony bietet dafür wie schon Microsoft in seinem PlayStation Store eine Reihe von Spielen auch älteren Semesters zum Download an, darunter "Tekken 5", das erste "Wipeout" und demnächst "Wipeout HD".
Multiplayer bei Xbox kostet
Für Freunde älterer Spiele ist das der einzige Weg, manche Klassiker spielen zu können, da das aktuell verfügbare PS3-Modell mit der 40-GB-Festplatte ohne Rückwärtskompatibilität kommt.
Daneben gibt es bei beiden Anbietern Demos, Trailer und Casual Games für zwischendurch, wobei Microsoft mit Xbox Live Arcade die größere Auswahl vorzuweisen hat. Dafür kostet die Multiplayer-Funktion [plus Video-Chat] in Form einer Gold-Mitgliedschaft bei Xbox Live 60 Euro im Jahr.
Während man bei Xbox Live Arcade die Spiele zumindest rudimentär antesten kann, ist eine solche Funktion im PlayStation-Store derzeit nicht verfügbar.
Medienserver und Multimedia-Features
Wie Microsofts Xbox, diese jedoch vorzugsweise mit einem Windows Media Center in Windows XP oder Vista aus dem eigenen Haus, kann sich auch Sonys Konsole seit Firmware 1.8 [aktuell 2.01] mit einem Medienserver verbinden und von dort Inhalte streamen, wobei Sony auf DLNA-Software [Digital Living Network Alliance] setzt.
Am einfachsten ist das mit dem Windows Media Player in der Version 11 umsetzbar. Damit können Videos, Bilder und Musik in bestimmten Formaten über das Heimnetzwerk auf die PS3 geholt werden. Unterstützung für das Divx-Format, wie seit Dienstag auch auf der Xbox vorhanden, sucht man derzeit vergebens, soll aber kommen.
Im August kündigte Sony zudem mit PlayTV ein Zusatzmodul für die PS3 an, das über zwei DVB-T-Tuner verfügt und die Spielekonsole in einen voll funktionsfähigen Festplattenrekorder verwandelt. PlayTV erlaubt auch die zeitverzögerte Wiedergabe von Fernsehsendungen [Time-Shift].
Auf der PS3 seit Anbeginn vorhanden - und bei der Xbox auch nicht über das Media Center verfügbar - ist ein gut nutzbarer Internet-Browser.
Ebenfalls seit der Firmware 1.8 möglich ist der Zugriff auf die PS3 und deren Inhalte mit Sonys PlayStation Portable [PSP] über Remote Play. Auch die mobile Nintendo-Konsole DS kann sich mit der Wii verbinden und dient als zusätzliches Eingabegerät.
Nintendo will vor allem spielen
Ein Internet-Browser ist auch auf Nintendos Wii verfügbar, die abseits davon ein gänzlich anderes Konzept verfolgt. Während Microsofts und Sonys Menü poppig [Xbox] oder nüchtern [Sony], aber unaufgeregt daherkommt, unterlegt Nintendo seine Menüs mit Musik, die an einen Alleinunterhalter auf einer Bontempi-Orgel erinnert.
Nintendo konzentriert sich bei seiner Wii seit Anbeginn vor allem auf eines: das Spielen. Abseits davon bietet Nintendo auf der Wii Kanäle wie den Internet-Kanal an, die eigens heruntergeladen werden müssen.
Aktuell verfügbar sind unter anderem ein Fotokanal, ein Nachrichtenkanal und ein Meinungskanal, bei dem Fragen wie "Sind sie eher modern oder konservativ?" beantwortet und nachher mit Antworten anderer Wii-Besitzer verglichen werden können. Geplant sind weiters ein Geschenkekanal und einer für das TV-Programm.
Miis als virtuelle Avatare
Mit seinen Miis hat Nintendo das Konzept der Personalisierung noch eine Stufe weiter geführt als die Konkurrenz: Die digitalen Avatare können optisch bis in kleinste Detail verfeinert und somit ihrem Besitzer möglichst ähnlich gemacht werden. Sie dienen in bestimmten Spielen wie "Wii Sports" als Spielfiguren und können mit anderen Spielern getauscht werden oder im Wii-Wettbewerbskanal gegeneinander antreten.
Nintendo bietet auf seiner Wii ebenfalls eine Einkaufsmöglichkeit für Spiele an, wobei das Hauptaugenmerk auf älteren Semestern wie Games für NES, SNES und Sega Mega Drive liegt.
Mit WiiWare will Nintendo zudem ab nächstem Jahr Microsofts Xbox Live Arcade und XNA Game Studio Konkurrenz machen: Damit sollen auch kleinere Spiele für die Wii programmiert und direkt online zum Kauf angeboten werden können.
Im Gegensatz zur Xbox und PS3 kann die Wii keine DVDs abspielen. Diese Funktion wurde von Nintendo zwar mittlerweile versprochen, dürfte aber nicht nur mit einem Software-Update zu machen sein.
(futurezone | Nadja Igler)