Der "Nationale IT-Gipfel" 2.0

10.12.2007

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel [CDU] mahnt via Podcast von der deutschen Jugend mehr Technikinteresse ein. Die deutsche IT-Wirtschaft murrt über die Zuwanderungsbegrenzung, weil 43.000 Stellen in Deutschland nicht zu besetzen sind.

Der am Montag beginnende "Nationale IT-Gipfel" Nummer zwei soll nach dem Willen der deutschen Bundesregierung "ein Meilenstein auf dem Wege Deutschlands" zur Weltspitze in der Informationstechnik werden.

Die Eroberung der IT-Welt in naher Zukunft hatte man bereits am ersten Gipfel vor einem Jahr in Potsdam ausgerufen.

Der Mangel, das Personal

Allein, es fehlt das Personal dazu. 43.000 Arbeitsplätze können in Deutschland nicht besetzt werden, da es an entsprechend ausgebildeten IT-Fachkräften mangelt.

In einer "Hannover'schen Erklärung", die offiziell verabschiedet werden soll, werden insbesondere gezielte Maßnahmen von Wirtschaft und Politik gefordert und vorgeschlagen, um den Fachkräftemangel in der Branche zu beheben, der ihr Wachstum eingestandenermaßen bremst.

"Nationaler Pakt" für Frauen

Forschungsministerin Annette Schavan kündigte für 2008 eine "Qualifizierungsinitiative" an, das "freiwillige technische Jahr" solle das Interesse an einem Studium der Technik und Naturwissenschaft erhöhen. Die Initiative zur Steigerung des Frauenanteils heißt "nationaler Pakt".

Am Samstag legte sich Merkel selbst ins Zeug und mahnte in ihrem wöchentlichen Podcast von der deutschen Jugend mehr technische Orientierung ein.

"Wohlstand und Perspektiven"

Die Bundesregierung werbe dafür, "dass mehr Menschen Berufschancen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie ergreifen", sagte die deutsche Kanzlerin. Das gelte für "Mädchen und Jungen", denn diese Berufe böten eine wirklich gute Chance, "Menschen Wohlstand und Perspektiven in ihrem Berufsleben zu geben".

Die Wirtschaft und die Zahlen

Mahnende Worte, in Zukunft mehr Praktikanten und ein versprochener Wille zur Weltspitze sind freilich längst nicht alles, was die deutsche IT-Wirtschaft von der deutschen Regierung hören will.

In deren Zentralorgan, dem deutschen "Handelsblatt" vom Montag, wird aus der Erklärung bereits zitiert.

Dort heiße es nur, "wir müssen die Debatte fortführen", während die Wirtschaft konkret gefordert hatte, die Gehaltsuntergrenze von 85.000 Euro jährlich für hochqualifizierte Zuwanderer zu halbieren.

In Österreich

Der Wirtschaft fehlen nämlich keineswegs nur Chefprogrammierer, Netzwerkarchitekten und hoch bezahlte Spezialisten für Data-Warehousing, inzwischen steuert die Informationstechnologie alle möglichen Prozesse, von den neuen Reisepässen bis zum Mautsystem.

In Österreichs "Halbleiter-Gürtel", der sich von Kapfenberg über Graz bis nach Villach erstreckt, werden von NXP [ehedem Philips Halbleiter], Infineon und austriamicrosystems jährlich mehrere hundert Spezialisten vergeblich gesucht.

Das sind Elektroniker und Schaltungskonstrukteure für Analogchips, Funktechniker für Funkchips, Firmware-Programmierer für Elektronikbausteine in Autos usw.

Hochschulabsolventen

Daran hat sich hierzulande im abgelaufenen Jahr ebenso wenig geändert wie zwischen den beiden "nationalen IT-Gipfeln" im Nachbarland derselben Zeit.

Der deutsche Branchenverband BITKOM hält den Zuzug von jährlich 10.000 Computerspezialisten mit Hochschulabschluss aus Nicht-EU-Ländern für nötig, um den Mangel an IT-Fachkräften in Deutschland zu beheben.

Einwanderer, Informatiker

"Diese Einwanderer müssten dann aber auf jeden Fall eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung bekommen", sagte BITKOM-Geschäftsführer Bernhard Rohleder dem Berliner "Tagesspiegel".

"Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen, dass wir von Informatikermassen überflutet werden - denn sie sind weltweit gesucht und umworben", sagte Rohleder.

Ämter und Behörden

Bei der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnik in der öffentlichen Verwaltung ist der "Hannoverschen Erklärung" zufolge das nationale Ziel Deutschlands, bis 2012 unter die "Top Drei in Europa" vorzustoßen. Zentral sei dabei die Vernetzung von Ämtern und Behörden auf allen Ebenen.

Hier führt EU-weit bekanntlich Österreich.

(futurezone | Reuters | DPA | APA)