IT-Gipfel ohne Arbeitsmarktzusagen
Trotz des Drängens der Wirtschaft will die deutsche Bundesregierung die Regeln zur Zuwanderung von Fachkräften in der IT-Branche nicht lockern.
Zuerst sollten in Deutschland heimische Fachkräfte qualifiziert werden, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag auf dem zweiten IT-Gipfel in Hannover. Erst in einem zweiten Schritt sei es nötig, für ausländische Fachkräfte offen zu sein.
Erst im kommenden Jahr solle deshalb noch einmal überprüft werden, ob in einzelnen Bereichen doch mehr Zuwanderung vonnöten sei.
Der Branchenverband BITKOM betonte hingegen erneut den Bedarf an ausländischen Fachkräften und sprach von derzeit 43.000 unbesetzten Stellen.
IT-Branche überflügelt
BITKOM-Präsident August-Wilhelm Scheer beklagte in Hannover, die Absolventenquote von IT-Fachkräften an den Universitäten in Deutschland sei drastisch um 30 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig erinnerte er an die gewachsene Bedeutung der Branche.
Der deutsche Markt für Informations- und Kommunikationstechnologien habe inzwischen den Maschinen- und Autobau überflügelt. Trotzdem müssten schon jetzt aufgrund des Fachkräftemangels sogar Projekte aus Deutschland ins Ausland verlagert werden, hob BITKOM hervor.
Im Vorfeld des IT-Gipfels hatte Scheer betont, der Fachkräftemangel führe "zu volkswirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe".
Schulbildung stärken
Einig waren sich Politik und Wirtschaft bei der Bedeutung der Schulbildung für die IT-Branche in Deutschland. Merkel wie Scheer setzten sich in Hannover dafür ein, den Stellenwert der naturwissenschaftlichen Fächer an Schulen und Hochschulen zu stärken. Der Branchenverband fordert daher unter anderem, Informatik in der Mittelstufe zu einem Pflichtfach zu machen.
Kritik an der Haltung der Regierung zur Zuwanderung kam aus der Opposition, aber auch aus den Reihen der CDU selbst. Der Fachkräftemangel sei zu einer "Wachstumsbremse" geworden, beklagte die Berichterstatterin für Telekommunikation im Wirtschaftsausschuss des Bundestages, Martina Krogmann [CDU].
Ziel: Nummer eins werden
Um Deutschland in der Informations- und Kommunikationstechnik [IKT] an die Weltspitze zu führen, soll sich die Branche auf Wachstumsfelder konzentrieren. Die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung sowie die Sicherheit und die Konsumentenfreundlichkeit sollen vorangetrieben werden.
Dritter Gipfel in Darmstadt
Die Bundesregierung hatte zu dem nun zweiten IT-Gipfel nach Hannover eingeladen, um dort mit über 400 Fachleuten aus Wirtschaft und Politik über die Zukunft der IT-Branche in Deutschland zu beraten. Im kommenden Jahr soll ein drittes Treffen voraussichtlich in Darmstadt stattfinden.
(AFP | Reuters)