WKÖ gegen Datenspeicherung auf Vorrat
Der neue EU-Richtlinienentwurf zur verpflichtenden Speicherung aller Verkehrsdaten [alias Verbindungsdaten oder Logfiles] aus allen digitalen Netzen stößt bei Österreichs IT- und Telekom-Branche rundweg auf Ablehnung.
"Der vorliegende Entwurf erscheint aus datenschutzrechtlicher und kostenrechnerischer Sicht fragwürdig, weshalb wir diesen in seiner Gesamtheit ablehnen", heißt es in einer Stellungnahme der WKÖ, die futurezone.ORF.at vorliegt.
Kritisiert wird nicht nur die geplante Überwälzung der enormen Kosten auf die Netzbetreiber, sondern auch die dann unvermeidliche Preiserhöhung zur Finanzierung der neu zu erstellenden Überwachungsarchitektur samt Hochrüstung der Speichersysteme.
Es sei schlicht "kontraproduktiv" seitens der EU, einerseits eine Initiative wie "E-Europe" zu fördern, die auch weniger Vermögenden den Netzzugang erleichtern soll, und andererseits durch solche Pläne die Zugangskosten zwangsläufig hinaufzutreiben, sagte Adriane Kaufmann von der Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ.
Serie, Teil eins
Auf Initiative der Innen- und Justizminister von England,
Frankreich, Irland und Schweden ist eine EU-Richtlinie ["data
retention"] in Vorbereitung, die eine europaweite Speicherpflicht
für so genannte Verkehrsdaten aller Kommunikationen aus allen Netzen
vorsieht. Die Mindestdauer der Speicherung soll ein Jahr betragen.
Die Höchstdauer von drei Jahren könne von einzelnen Mitgliedsstaaten
durchaus überschritten werden, wenn das im nationalen Interesse
notwendig und mit einer demokratischen Gesellschaft vereinbar sei,
heißt es.
Kosten und Geschäftsgeheimnisse
Was die Überwälzung der Kosten auf die IT-Branche angeht, so ist man in der Wirtschaftskammer zuversichtlich, dass es zumindest auf nationaler Ebene nicht halten werde. Im gleich gelagerten Fall der Telefonüberwachung habe der Verfassungsgerichtshof den Providern bereits Recht gegeben, so Kaufmann weiter. Doch das sei längst nicht der einzige Kritikpunkt.
Im Falle der totalen Protokollierung aller Kommunikationen würden zwangsäufig auch alle Geschäftsprozesse eines Unternehmens abgebildet, also auch alles, was unter "Geschäftsgeheimnis" fällt. Garantien, dass diese sensiblen Daten beim vorgesehenen grenzüberschreitenden Datenaustausch nicht in falsche Hände fielen, gebe es nicht.
Aus diesen und anderen Gründen [Datenschutzrichtlinie] habe sich die WKÖ "vehement" gegen die neue Direktive ausgesprochen, so Kaufmann weiter. Nicht einmal die Vertreter des Innenministeriums hätten sich bei der gemeinsamen Diskussion davon begeistert gezeigt.
Das Innenministerium hat ein Positionspapier an die EU in Vorbereitung und eine Stellungnahme an futurezone.ORF.at für Anfang kommender Woche zugesagt.
Im März 2003 hatte der Verfassungsgerichtshof [VfGH]den Paragrafen im Telekom-Gesetz [TKG]aufgehoben, der den Kostenersatz für Überwachungseinrichtungen bisher ausschloss. Grund: "Verfassungswidrigkeit".
Die Kosten für die Überwachung hat seitdem der Bund zu tragen.Die Linkliste befasst sich diesmal mit Gesetz und Praxis der Überwachung von Telefonnetzen in Deutschland und in Österreich. Eine Sammlung aller Storys zum Thema "Data Retention" findet sich im
ersten Teil der Serie.