Google vor EU-Parlament zitiert

18.12.2007

Der Ausschuss für Bürgerrechte des EU-Parlaments hat Google zu einem Datenschutz-Hearing im Jänner vorgeladen. Mit der Übernahme der führenden Banner-Werbeagentur DoubleClick durch Google werden die weltgrößten Sammlungen personenbezogener Daten zusammengeführt.

Nachdem es eine Zeit lang ziemlich ruhig um die Übernahme der weltweit größten Banner-Werbeagentur DoubleClick durch Google geworden war, ist nun überraschend Bewegung in die Angelegenheit gekommen.

Und zwar beiderseits des Atlantiks: In den USA, wo die Federal Trade Commission [FTC] die Übernahme untersucht, haben zwei Bürgerrechtsgruppen persönliche Verflechtungen zwischen den obersten FTC-Beamten und DoubleClick aufgedeckt.

Die Verwandtschaft

Die Vorsitzende der Kommission, Deborah Majoras fand nichts dabei, dass ihr Ehemann Teilhaber jenes Anwaltsbüros ist, das die Interessen von DoubleClick gegenüber der europäischen Kartellbehörde vertritt. Auch ein weiterer FTC-Beamter ist über eheliche Bande mit demselben Anwaltsbüro indirekt liiert, das auf Kartellverfahren [Anti Trust] spezialisiert ist.

In EU-Europa wird derlei wohl niemand besonders jucken. War doch die Gattin von Jean-Rene Fourtou, der den Medienkonzern Vivendi Universal leitet, die EU-Parlamentarierin Janelly Fourtou, seit Jahren federführend an der Ausarbeitung von EU-Richtlinien beteiligt, in denen es um den "Schutz geistigen Eigentums" ging.

Die Kartelljuristen

In Europa untersuchen die Juristen der EU-Kommission jedenfalls den Deal, der Google die Dominanz auf dem weltweiten Internet-Werbemarkt sichern dürfte.

Während in den USA nach einem Hearing des Senats nun auch die Auswirkungen der Übernahme auf die Privatsphäre der Internet-Benutzer untersucht wird, will sich die EU-Kommission strikt an die möglichen ökonomischen Implikationen halten.

Das Hearing

Die EU-Parlamentarierin Sophie in 't Veld [Liberale] forderte die EU-Regulationsbehörde auf, auch die Datenschutzaspekte des Google-Deals zu überprüfen.

Für Jänner kündigte die Abgeordente ein Hearing im EU-Parlament nach Vorbild des US-Senats im vergangenen September an.

Veranstaltet wird es vom EU-Parlamentsausschuss für Bürgerrechte, der neben den EU-Beamten auch solche von der Federal Trade Commission einladen will, dazu alle Datenschutzbeauftragten, Konsumentenschützer sowie Google, DoubleClick und andere Firmen.

Microsoft

Es sei höchste Zeit, dass man sich in Zeiten, in denen die Regierungen im Kampf gegen den Terror von immer mehr Unternehmen die Herausgabe persönlicher Daten verlangten, gemeinsam etwas überlege, sagte in 't Veld.

Unter den geladenen Firmen wird ohne Zweifel auch Microsoft ein, dessen Rechtsbeistand Brad Smith im US-Senat markige Worte für den Google-Deal gefunden hatte.

Peter Cullen, der oberste Datenschutzbeauftragte bei Microsoft, hat im Interview mit ORF.at ebenfalls vor der Übernahme von DoubleClick durch Google gewarnt.

Die Enttäuschung

Google-Chef Eric Schmidt wiederum hatte sich bereits darüber "enttäuscht" gezeigt, dass die EU-Kommission die DoubleClick-Übernahme überhaupt genauer untersuchen wolle.

Dabei handelt es sich freilich nicht um irgendeinen Merger, sondern es wachsen die beiden neben Visa und Mastercard weltgrößten Datenbanken zusammen, in denen die Daten aller Internet-Benutzer systematisch gesammelt und verknüpft werden.

Der mutmaßliche Datenbestand bei Kreditkartenbetreibern lässt sich vom Kunden anhand der eigenen Kartenabrechnung samt den darin enthaltenen statistischen Möglichkeiten noch ungefähr einschätzen.

Das Unbekannte

Was aber Google oder DoubleClick mit all den personenbezogenen Daten tun, die sie über Banner-Werbung, Suchverhalten, Analyse der Gmail-Konten und dergleichen gewinnen, ist schlichtweg unbekannt.

Wie viele der Datensätze bereits mit Namen, Adressen und Telefonnummern verknüpft sind, ist ebenfalls nicht bekannt.

Am zweiten April 2008 wird die EU-Kommission über die marktwirtschaftlichen Implikationen der Übernahme von DoubleClick durch Google entscheiden.

(futurezone | AP | Erich Moechel)