"Zugang zur Szene"

18.12.2007

Die von der Telekom Austria unterstützten net culture labs ziehen ein halbes Jahr nach ihrer Gründung Zwischenbilanz und präsentieren erste Projekte: von der Burnstation, einer mobilen Musikkopierstation, bis zu Cropster, einer Online-Plattform, die Kaffeebauern in Kolumbien den Einstieg auf den Markt erleichtern will.

"Wir haben die ersten Tests gerade abgeschlossen", sagte Cropster-Mitgründer Martin Wiesinger, der vor kurzem aus Kolumbien zurückgekehrt ist. Auf lange Sicht soll Cropster nicht nur kolumbianischen Kaffeebauern bei der Vermarktung ihrer Produkte helfen, sondern auch Endnutzern die Möglichkeit geben, den Ursprung des von ihnen gekauften Kaffees zurückzuverfolgen: "Wir wollen den Leuten die Möglichkeit geben, mehr über Produkte zu erfahren", so Wiesinger.

Cropster ist eines von 18 Projekte, das in den net culture labs in Wien und Dornbirn finanziell, organisatorisch und technisch unterstützt wird. Einzelne Projekte erhalten Zuschüsse von bis zu 5.000 Euro, daneben stellen die net culture labs Arbeitsplätze samt Infrastruktur zur Verfügung.

Etwa 75 angemeldete "Regulars" nutzen nach Angaben der Betreiber darüber hinaus die Räumlichkeiten im Wiener Museumsquartier und im Bertolini-Haus in Dornbirn als Treffpunkt zum Austausch von Ideen.

150.000 Euro pro Jahr

Die Telekom Austria lässt sich die Innovationslabors rund 150.000 Euro pro Jahr kosten. Die Finanzierung sei auch für das kommende Jahr gesichert, hieß es bei der Präsentation der Projekte am Dienstag im Wiener net culture lab.

Gestartet wurden die net culture labs im vergangenen Juni.

"Alternativer Zugang zur Innovation"

Der TA bieten die Innovationslabors "Zugang zur Szene", wie es TA-Technikchef Helmut Leopold ausdrückte. "Wir wollten Freiräume schaffen, in denen ohne Zielvorgabe gemeinsam etwas kreiert werden kann", sagte Leopold: "Wir haben uns bewusst auf diesen alternativen Zugang zur Innovation eingelassen."

Die net culture labs seien ein Beitrag, um die Kreativwirtschaft in Österreich besser sichtbar zu machen, sagte Roland Alton-Scheidl, der gemeinsam mit der Software-Expertin Andrea Mayr und dem Wiener Industriedesigner Gerin Trautenberger als Kurator in den Innovationslabors tätig ist. Die Kuratoren fungieren als Kontaktpersonen zur Szene und helfen auch bei der Entwicklung der Projekte mit.

Freie Musik ...

Neben dem Cropster stellten die Kuratoren am Dienstag die mobile Kopierstation Burnstation vor, die freie Musik auf die Straße bringen will. Soft- und Hardware der CD-Brennstation stehen ebenso wie die verbreitete Musik unter freien Lizenzen und stehen zum Bau weiterer Burnstations zur Verfügung.

... und freie Stickmuster

Die Designerin Raphaela Grundnigg [dominique raffa] untersucht mit ihrem Projekt "Radical Chic" wie sich der Open-Source-Gedanke auf die Welt der Stick- und Nähmuster übertragen lässt.

Ein Bereich der, wie Kuratorin Mayr meint, "höchst proprietär" ist: "Es gibt einige wenige Stickmaschinenanbieter, die alle mit geschlossenen Dokumentenformaten arbeiten. Mit "Radical Chic" solle nun versucht werden, freie Software auch auf den Bereich der Stickmuster umzusetzen, so die Kuratorin.

Ein Interview mit Grundnigg und Mayr zu "Radical Chic" gibt es demnächst in der Futurezone.

Lern- und Spielewelten

Daneben wurden die Online-Community Deutsch als Fremdsprache präsentiert, die Lehrenden aus ganz Europa über "Live-Online-Räume" eine Austauschplattform bieten soll. "Auch um die Aussprache richtig zu lernen", wie Kurator Trautenberger meinte. Kursmodelle der Teilnehmer werden über den Community-Blog als Open Content zugänglich gemacht.

Das von Studenten der TU-Wien entwickelte Computerspiel "Yet it moves" führt die Genres Jump and Run und Puzzle zusammen und will durch die Rotation der Spielewelt um 90 Grad neue Spielsysteme erproben.

Trend-Camps zum Wissenstransfer

In sogenannten Trend-Camps soll künftig der Ideen-Austausch zwischen Telekom-Mitarbeitern und "Digital Natives" intensiviert werden. Im November wurde bereits über "Open Innovation" und "Mass Customisation" debattiert. Als nächstes Thema des zweimal jährlich anberaumten Dialogs zwischen "Szene" und TA steht "Design Thinking" am Programm.

Bei der Auswahl der Projekte wolle man sich in Zukunft stärker auf eine mögliche Umsetzung durch die Telekom Austria konzentrieren, hieß es seitens der Kuratoren. Schwerpunktmäßig steht im nächsten Jahr das Thema Video-on-demand auf dem Programm, sagte Alton-Scheidl: Die Bandbreiten steigen in "Zehnerpotenzen", das Netz werde zum Übertragungskanal schlechthin.

(futurezone | Patrick Dax)