UMTS-Nachfolger LTE im Feldversuch
In Berlin hat Nokia Siemens Networks die neue europäische mobile Breitbandtechnik erfolgreich "in Bewegung" getestet. In Chicago nimmt das WiMAX-Mobilnetz von Sprint im Frühjahr bereits die ersten Kunden an.
Nokia Siemens Networks hat seinen ersten echten Feldversuch mit der neuen LTE-Technologie [Long Term Evolution] zur mobilen Datenübertragung in Berlin erfolgreich abgeschlossen.
Symbolträchtigerweise sendete man vom Gebäude des Heinrich-Hertz-Instituts, wo die allererste fixe LTE-Basisstation der Welt auch für weitere Tests verbleiben wird.
Eine nicht genannte Zahl von Teilnehmern bewegte sich in Autos mit Endgeräten einen Kilometer vom Sender weg und berichtete über gute Signale und schnellen Datenverkehr.
Viermal MIMO
Nicht ganz überraschend hat die LTE-Basisstation vier MIMO-Antennen [Multiple Input Multiple Output], die überlappend jeweils 120 Grad abdecken.
Auch sonst ähnelt der UMTS-Nachfolger seinem künftigen Vorgänger durchaus. Man sendet nur in einem etwas höheren Frequenzbereich, nämlich auf 2,6 GHz. Bekanntlich nehmen [sehr verkürzt gesagt] die Reichweiten von terrestrischem Funkverkehr mit kürzeren Wellenlängen ab.
Wellenlänge, Netzaufbau
Ob das Ziel der Entwickler erreicht wird, die Reichweite des neuen Funks auf jene von UMTS im 2,1-GHz-Bereich zu bringen, ist der für die Markteinführung kritische Punkt.
Nur dann könnte man die überwiegende Mehrzahl der Basisstationen für den neuen Superfunk auf existierende Masten setzen, was den Netzaufbau enorm verbilligen und beschleunigen würde.
Der Rivale
Wie schon der Name sagt, wollte man sich seitens der Mobilfunker mit LTE durchaus noch Zeit lassen.
Doch in den letzten Jahren war WiMAX von der breiteren Öffentlichkeit kaum bemerkt weltweit enorm gewachsen, vor allem im Osten.
WiMAX statt Festnetz
Das wohl größte Roll-out bisher war Südkorea, aber auch in Indien, Pakistan und anderen Ländern mit schlechter Festnetzversorgung sind große Netze entstanden.
Deren Unauffälligkeit kommt daher, dass eben keine mobilen Dienste angeboten werden, sondern dass Firmen und Haushalte mit fixen Anschlüssen für Datenverkehr und Telefonie versehen werden.
Start in Chicago
In Chicago wiederum ist man längst über Feldversuche hinaus, deren letzter mit Datenübertragungen in Fahrzeugen bei 80 km/h erfolgreich war, auch bei der Übergabe zur nächsten Funkzelle hat alles funktioniert.
Jetzt, zur Jahreswende, nimmt Sprint unter der Marke Xohm die ersten "friendly customers" an, im Frühjahr beginnt das Geschäft. Für diesen Zeitpunkt hat Intel die Lieferung neuer Chipsets für Notebooks angekündigt, die neben WLAN- auch WiMAX-tauglich sind.
Am Anfang war der Laptop
Wenn das eintrifft, dann wird es der erste Roll-out-Fall der Mobilfunkgeschichte sein, der Laptops als erste mobile Endgeräte sieht. Es ist ein Datennetz, Telefonie wird nebenbei möglich sein.
Dahinter steht mit der in Schwierigkeiten geratenen Sprint nur die Nummer drei des US-Telekommarkts, Telekomausrüster Motorola ist international ebenfalls gerade nicht auf der Gewinnerstraße. Die dominanten WiMAX-Unterstützer aber heißen Intel, Cisco, Samsung und Google etc.
Und in Europa
Mit LTE, der vom weltgrößten Netzwerkbauer Nokia und den Mobilfunkschwergewichten unterstützten Technologie, ist es noch länger nicht so weit.
Die europäischen Netzbetreiber haben die enormen Kosten für Lizenzen und den [Teil-]Aufbau der UMTS-Netze noch in den Bilanzen.
Dazu kommt, dass aus dem bestehenden UMTS-Equipment noch Bandbreite herausgeholt werden kann.
Internet-HSPA vor LTE
Man wolle im Jahr 2010 mit LTE marktreif sein, heißt es von Nokia, für 2008 ist die nächste Software-Aufrüstung für UMTS mit I-HSPA angesagt, optimiert für IP-Datenverkehr.
Wie es mit der tatsächlich erreichbaren mobilen Bandbreite aussieht, ist man bisher auf die Angaben der Hersteller angewiesen.
Sowohl mit LTE wie mit WiMAX wurden schon Durchsätze von "bis zu" 100 Mbit/s vermeldet, laut Nokia soll LTE "bis zu" 173 Mbit/s erreichen.
Beide Technologien arbeiten mit OFDM [Orthogonal Frequency-Division Multiplexing], ähnlichen Antennen und in benachbarten Frequenzbereichen, was die USA angeht. In Europa wurden WiMAX hingegen Bänder im 3,5-GHz-Bereich zugewiesen, ob weitere Frequenzen dazukommen, wird sich weisen.
Technisch verkürzt gesagt: Entscheidend sein wird in diesem Match, wer die besseren Algorithmen und auch Maschinen hat, um den Luftverkehr mit Datenpaketen, Zeitschlitzen, Log-ins usw. am effizientesten zu routen.
(futurezone | Erich Moechel)