Massenklage gegen Data-Retention
In Deutschland soll das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung [Data-Retention] mit einer Verfassungsklage zu Fall gebracht werden. 25.000 Personen werden sich an der vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung geplanten Klage vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligen.
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung werde zusammen mit mehr als 25.000 Beschwerdeführern noch diese Woche verfassungsrechtliche Bedenken geltend machen, sagte der Sprecher des AK Vorrat, Ricardo Cristof Remmert-Fontes, am Donnerstag in Berlin. Die geplante Datensammlung müsse durch eine einstweilige Anordnung verhindert werden.
"Die zwangsweise Totalprotokollierung unserer Telekommunikation ist ein eklatanter Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung", kritisierte Remmert-Fontes das Gesetz. Die Massenklage werde eingereicht, sobald das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werde, teilte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am Donnerstag mit.
Dies werde voraussichtlich am 31. Dezember geschehen, wie eine Sprecherin des Bundesanzeigers am Donnerstag sagte. Damit kann es planmäßig am 1. Jänner in Kraft treten.
Data-Retention
Telekommunikationsunternehmen müssen sechs Monate lang speichern, wer mit wem wann telefoniert hat. Bei Mobilfunkgesprächen wird auch gespeichert, von wo aus telefoniert wurde. Damit wird eine EU-Richtlinie umgesetzt. Gespeichert werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung und - bei Handys - der Standort zu Beginn des Gesprächs. Beim Internet werden Daten zum Zugang [IP-Adresse] sowie zur E-Mail-Kommunikation und Internet-Telefonie erfasst. Der Kommunikationsinhalt oder der Aufruf einzelner Internet-Seiten werden nicht gespeichert.
Bundespräsident unterzeichnet Gesetz
Bundespräsident Horst Köhler hatte am Mittwochabend mit seiner Unterschrift den Weg für eine Verkündung des Gesetzes freigemacht.
Zahlreiche Organisationen hatten an Köhler appelliert, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Nach dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung äußerten sich auch Verbände von Ärzten, Journalisten und die Bundesrechtsanwaltskammer in diesem Sinne.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte, die gesetzlichen Hürden bei der Vorratsdatenspeicherung seien deutlich niedriger als oft behauptet. Verfassungsklage kündigten auch der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin und die Humanistische Union an. Köhler sah jedoch "keine durchgreifenden Gründe", die ihn an einer Unterzeichnung des Gesetzes gehindert hätten.
Verhandlungen in Österreich
Auch in Österreich ist in Durchführung einer entsprechenden EU-Richtlinie der Beschluss eines Gesetzes zur Vorratsspeicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten geplant.
Ein Termin für die Umsetzung ist noch nicht in Sicht. Derzeit ist unter anderem noch die Kostenfrage ungeklärt. Auch beim Strafrahmen, ab dem die Strafverfolger die gesammelten Kommunikationsdaten nutzen dürfen, gibt es unterschiedliche Meinungen.
Zu den Kritikern der Maßnahme zählt neben Telekomunternehmern und Datenschützern auch Verfassungsgerichtshofspräsident Karl Korinek.
Er regte an, vor einer Umsetzung in österreichisches Recht solle der Europäische Gerichtshof [EuGH] prüfen, ob die in der EU-Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen das Menschenrecht auf Privatheit verletzen.
(futurezone | APA | AFP | AP)