Datenschutz: Österreich stürzt ab
Im globalen Ranking von Privacy International wurde Österreich 2007 gleich um zwei Kategorien zurückgestuft. 2006 noch "adäquat geschütztes" Land, wird die Republik nun als "systematischer Datenschutzversager" klassifiziert. Griechenland und Rumänien haben Datenschutzregelungen deutlich besser umgesetzt.
Im letzten Jahr war der Kontinent noch ein bunter Haufen, doch 2007 hat sich Europa weitgehend gelb, rot und sogar lila eingefärbt.
Auf der siebenstufigen Skala des alljährlichen Rankings der Datenschützer von Privacy International ist Österreich 2007 gleich um zwei Kategorien und damit auf den 14. Platz unter den EU-Staaten abgestürzt.
Während 2006 noch "adäquater Schutz gegen Datenmissbrauch" [grün] konstatiert worden war, ist Österreich 2007 in der Kategorie der "systematischen Datenschutzversager" [rot] gelistet.
Die Kriterien
Gewertet wird dabei nach einer Summe von Kriterien, wie Grad der Verankerung des Datenschutzes in der Verfassung, Status und Aktivitäten der Datenschutzbehörden, sowie das Maß an Überwachung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wie etwa dem Gesundheitswesen.
Mit in die Wertung fließen auch Art und Weise des Engagements bei internationalen Verträgen ein oder Regierungsinitiativen zum Thema Datenschutz.
Finderabdrücke, DNA
Besonders negativ bewertet wird Österreichs Rolle im grenzüberschreitenden Austausch von DNA- und Fingerabdruckdaten, wo man zusammen mit Deutschland 2007 weltweit eine Vorreiterrolle spielte.
Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx hatte davor gewarnt, dem EU-Datenaustausch Tür und Tor zu öffnen, solange es noch keine einheitliche EU-weit gültige Datenschutzregelung gebe.
"Deckel" für Regierungsarbeit
Das Engagement der österreichischen Regierung in Sachen Datenschutz 2007 samt der Willfährigkeit beim Datentausch wurde von Privacy International denn auch mit einem glatten "Deckel" bewertet, ein Punkt von möglichen fünf.
Die 2007 hierzulande auf Touren gekommene Videoüberwachung vor allem des öffentlichen Verkehrs trug das Ihre zum schlechten Ranking bei, wie auch die Bildungsevidenz des Unterrichtsministeriums. Die Tatsache, dass diese sensiblen Daten 60 Jahre lang gespeichert bleiben, wird in der Begründung als eigener Punkt erwähnt.
Schlusslicht Datenschutzkommission
Die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, die den nicht-kontrollierbaren Einsatz der IMSI-Catcher genannten GSM-Abhörgeräte legalisierte, noch nicht eingerechnet, wird Österreich im Bereich Telefonüberwachung schlecht bewertet.
Dazu kommen zwei Kategorien, in denen sich seit 2006 nichts verändert hat. Die mangelhafte bzw. nicht direkt vorhandene Verankerung des Datenschutzes in der Verfassung wird ebenso schlecht bewertet wie die mangelnde Unabhängigkeit der Datenschutzkommission.
Mit Großbritannien, Dänemark und Litauen bildet Österreich hier das Schlusslicht der EU.
"Alarmierender Verfall"
Neben Österreich sind nur Deutschland und Frankreich gleich zwei Kategorien tiefer abgestürzt, diesen Ländern attestiert Privacy International "alarmierenden Verfall" des Datenschutzes.
Während der Vorjahresmusterknabe Deutschland 2007 trotzdem noch besser als Österreich abschneidet, ist Frankreich in den Status einer "extensiven Überwachungsgesellschaft abgerutscht.
Die schlechteste Bewertung erhält auch heuer wieder Großbritannien: schwarz als "endemische Überwachungsgesellschaft" wie Russland, China, Malaysia und die USA.
Europameister Griechenland
Dass gerade Griechenland, gefolgt von Rumänien, Ungarn und Slowenien zum Europameister in Sachen Datenschutz aufsteigt, dem einzigen EU-Land, dem noch "adäquate Kontrollen gegen Missbrauch" zugeschrieben werden, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich.
Mit Umsetzung der EU-Richtlinie von 1997 wurde in Griechenland das erste Datenschutzgesetz überhaupt verbschiedet, dabei orientierte man sich - wie schon oft in der jüngeren Geschichte - an Deutschland.
Die griechische Datenschutzkommission ist nicht nur als unabhängige Institution in der Verfassung verankert, sondern auch mit Vollmachten ausgestattet, von denen die österreichische nur träumen kann.
Regierung abgehört
Dass die oberste griechische Datenschutzbehörde mehrheitlich nicht mit Juristen, sondern mit Technikern besetzt ist, dürfte ein wesentlicher Faktor für ihre Schlagkraft sein, das hat ein 2006 aufgeflogener Überwachungsskandal gezeigt.
In der bis heute ungeklärten Affäre um die illegale Telefonüberwachung der gesamten griechischen Regierung belegte die Datenschutzkommission Vodafone sowie den Netzwerkausrüster Ericsson mit emfindlichen Strafen von 76 [2006] bzw. sieben Millionen Euro [2007] wegen Fahrlässigkeit.
Überwachungsschnittstellen
Unbekannte hatten im Netz von Vodafone Griechenland illegal Software installiert, die ein Ericsson-Überwachungssystem verdeckt aktivierte und Handygespräche vor allem von Politikern kopierte und aufzeichnete.
Aktiviert wurde dabei eine im European Telecom Standards Institute [ETSI] standardisierte Schnittstelle, die für die Überwachung des Telefonieverkehrs durch die Polizei in allen modernen Telefonienetzen integriert ist.
Mitte Dezember haben streikende Arbeiter des staatlichen griechischen Stromversorgers die Kameras zur Verkehrsüberwachung während der Dauer ihrer Demonstration mit Müllsäcken geblendet. Steigeisen und Leitern hatten die E-Werker dabei.
In der darauf folgenden, wie üblich hitzig geführten Debatte willigte die konservative Regierung ein, die rund um die olympischen Spiele in Athen aufgebauten Kamerasysteme immer dann abzuschalten, wenn angemeldete Demonstrationen stattfinden. Nur im Fall, von Ausschreitungen darf beobachtet werden.
(futurezone | Erich Moechel)