EU will Online-Markt vereinfachen

03.01.2008

Die EU-Kommission will einen gemeinsamen Markt für Online-Musik, -Filme und -Spiele in Europa schaffen. Nicht nur der Zugang soll vereinfacht werden, auch das Urheberrecht, Kopierschutzsysteme und Lizenzen sollen transparenter werden.

Die EU-Kommission legte am Donnerstag eine Mitteilung "über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt" vor. Hinter dem harmlosen Titel verbirgt sich eine Menge Zündstoff, rechtlich verbindliche Vorschläge sind jedoch nicht enthalten.

Derzeit würde dieser Wirtschaftssektor unter einer zersplitterten Regelung, mangelnden klaren und konsumentenfreundlichen Bestimmungen für durch Urheberrechte geschützten Inhalte sowie unter fundamentalen Meinungsverschiedenheiten der Industrie in Bezug auf Abgaben und Privatkopien leiden, erklärte die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding.

Einheitliche Regelungen

Deshalb wolle die Kommission in diesem Bereich zu einer möglichst einheitlichen Regelung für alle 27 EU-Staaten kommen, die dann als Empfehlung von EU-Rat und -Parlament noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll.

Als Grundlage diente der EU eine öffentliche Konsultation aus dem Jahr 2006, aus der die Kommission vier Bereiche herausgefiltert hat, in denen es Maßnahmen auf EU-Ebene geben soll: die Verfügbarkeit kreativer Inhalte, gebietsübergreifende Lizenzen, Interoperabilität und Transparenz von Kopierschutzsystemen sowie legale Angebote und Piraterie.

Mit der Mitteilung leitet die Kommission eine öffentliche Konsultation zur Vorbereitung der Empfehlung ein. Die Beteiligten sind eingeladen, ihre Kommentare bis zum 29. Februar 2008 abzugeben.

Einheitliche Lizenzregelung

Derzeit müssen Lizenzen für die Nutzung von Inhalten für jedes EU-Land einzeln ausgehandelt und bezahlt werden. Das erschwere die volle Nutzung des Binnenmarkts für Online-Dienste, so die Kommission. Als Beispiel kann hier die zögerliche Einführung von Video-on-Demand-Diensten genannt werden.

Die bestehenden Lizenzierungsmechanismen müssten dahingehend verbessert werden, dass Verfahren zur gebietsübergreiden Lizenzierung entwickelt werden können, so die Kommission, etwa durch die "Förderung eines fairen Wettbewerbs auf dem Markt der Rechteverwaltung".

Durch eine bessere Lizenzvergabe erhofft sich die Kommission auch mehr Inhalte für die digitale Distribution: So würden einige Rechteinhaber es vorziehen, bestehende Einkommensquellen zu schützen, anstatt Lizenzrechte für neue Plattformen zu vergeben. Auch solle die Nutzung von "verwaisten" Werken, deren Autoren nicht mehr auffindbar sind, neu geregelt werden.

Derzeit laufe eine Kontrolle der Richtlinien, die die Verbreitung von digitalen Inhalten betreffen, wie die Kabel- und Satellitenrichtlinie, die Urheberrichtslinie aus dem Jahr 2001 und die Richtlinie über die Zugangskontrolle.

Verunsicherung durch Kopierschutz

Beim Thema Kopierschutz erklärt die EU, dass bei den Verbrauchern derzeit vor allem Unsicherheit bestehe. Die Verbraucher würden sich bei ihren Nutzungsrechten und der Verwendung ihrer persönlichen Daten immer weniger auskennen.

Digital Rights Management [DRM] sei zwar eine wichtige Voraussetzung für die Wahrung der Rechte der Rechteinhaber und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, so die Kommission.

Seit einiger Zeit würden DRM-Systeme und deren technische Schutzmaßnahmen jedoch als Technologien wahrgenommen, die ausschließlich der Beschränkung des Kopierens und des Wettbewerbs dienten, und damit negativ bewertet - etwa durch die fehlende Interoperabilität verschiedener DRM-Systeme und der Abspielgeräte dazu.

Eine verbesserte Interoperabilität der DRM-Systeme würde die Intensität des Wettbewerbs und die Verbraucherkakzeptanz verbessern, ist sich die Kommission sicher.

Da die Diskussion der Akteure bisher aber zu keiner Einigung geführt habe, will die EU den Rahmen dafür schaffen, dass die Verbraucher alle notwendigen Informationen zur Nutzung ihrer Ware erhalten.

Der deutsche Bundesverband der Verbraucherzentralen [vzbv] will Apple dazu zwingen, seinen iTunes Store konsumentenfreundlicher zu machen, und bereitet eine Klage gegen die Geschäftsbedingungen des Online-Musikdienstes vor.

Lobende Erwähnung Frankreichs

In Sachen legale Angebote und Piraterie erwähnt die Kommision, dass sie vonseiten der Film- und Musikindustrie dazu aufgefordert wurde, weitere gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen. In dem Zusammenhang verweist die Kommission auf die Einhaltung einzelstaatlicher Maßnahmen zur Umsetzung bereits verabschiedeter Richtlinien wie der zum Urheberrecht und der Durchsetzungsrichtlinie.

Darüber hinaus sehe der aktuelle Entwurf zur Überarbeitung der Universaldienstrichtlinie vor, dass Internet-Provider ihre Kunden vor Vertragsabschluss und danach in regelmäßigen Abständen über ihre Pflichten bei der Einhaltung von Urheberrechten aufklären müssen.

Auch die jüngste Vereinbarung zwischen Frankreichs Regierung und den lokalen Internet-Providern spricht die Kommission an. Es erscheine in der Tat angemessen, solche "Kooperationsverfahren" zwischen Zugangsanbietern und Rechteinhabern und Verbrauchern anzuregen - auch, aber nicht nur, um die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der nicht autorisierten Weitergabe von Daten sicherzustellen.

Frankreich will Nutzern, die wiederholt gegen das Urheberrecht verstoßen, den Internet-Zugang kappen. Im Gegenzug soll der Kopierschutz abgeschafft werden.