Siemens-Vorstand droht Denkzettel
Zwei große Aktionärsvereinigungen haben damit gedroht, dem alten Siemens-Vorstand wegen der Schmiergeldaffäre die Entlastung auf der kommenden Hauptversammlung zu verweigern.
Der frühere Siemens-Vorstand muss wegen der Schmiergeldaffäre beim größten deutschen Elektrokonzern mit einem Denkzettel auf der Hauptversammlung in zwei Wochen rechnen.
Neben den beiden großen Aktionärsvereinigungen gibt es einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" vom Mittwoch zufolge selbst im Aufsichtsrat Bestrebungen, den ehemaligen Vorstand nicht zu entlasten. "Das wäre ein klares Misstrauensvotum gegen den Vorstand", sagte ein Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger [SdK] am Mittwoch. Der Siemens-Konzern wollte den Bericht nicht kommentieren.
Aufsichtsrat und Vorstand für Entlastung
In der Tagesordnung der Hauptversammlung, die bereits vor Wochen an die Aktionäre verschickt wurde, schlagen Aufsichtsrat und Vorstand allerdings die Entlastung des Vorstands im Geschäftsjahr 2006/2007 vor. Einzige Ausnahme ist der frühere Vorstand Johannes Feldmayer, der im Zusammenhang mit der Affäre kurzzeitig in Haft saß. Wegen der gegen ihn erhobenen Vorwürfe solle die Entscheidung über die Entlastung vertagt werden.
Dem Zeitungsbericht zufolge verschärft sich im Aufsichtsrat aber die Kritik an früheren Vorständen. Aus dem Kontrollgremium verlaute, es könne durchaus dazu kommen, dass man den Aktionären empfehle, langjährigen Topmanagern einschließlich des früheren Siemens-Chefs Klaus Kleinfeld die Entlastung zu verweigern. Es gehe wohl auch darum, sich die Möglichkeit offenzuhalten, Schadenersatzansprüche geltend zu machen, schreibt die "SZ".
Warten auf US-Anwälte
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz [DSW] wies darauf hin, dass auch die Rolle des Aufsichtsrats in der Affäre beachtet werden müsse. "Der Aufsichtsrat lenkt von sich selbst ab", kritisierte die bayrische Landesgeschäftsführerin Daniela Bergdolt. Die DSW beantrage daher, die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat so lange zu vertagen, bis die Untersuchungsergebnisse der eingeschalteten US-Anwaltskanzlei über die Affäre vorlägen.
Die SdK will in den nächsten Tagen entscheiden, ob sie direkt gegen die Entlastung stimmt oder sich für eine Vertagung ausspricht. Dabei werde auch die Empfehlung des Aufsichtsrats eine Rolle spielen. "Das Verhalten des ehemaligen Vorstandes muss sanktioniert werden", sagte der Sprecher. Die einzige Möglichkeit, die Aktionäre dazu hätten, sei die Verweigerung der Entlastung. Rein rechtlich habe das zwar für die Betroffenen keinerlei Konsequenzen. Dennoch seien die Auswirkungen wegen des Imageverlusts immens.
Moralischer Malus
Normalerweise wird der Vorstand der Konzerne auf einer Hauptversammlung mit großer Mehrheit von mehr als 90 Prozent entlastet. Ein deutlich niedrigerer Anteil bedeutet meist eine Blamage für das Management. Möglicherweise werde das auch bei Siemens von den Aufsichtsratsmitgliedern befürchtet, hieß es am Mittwoch in Branchenkreisen. Mit dem Vorschlag, die Entlastung zu verweigern, könne dem zuvorgekommen werden, hieß es.
Die Siemens-Hauptversammlung findet am 24. Jänner in der Olympiahalle in München statt und gehört regelmäßig zu den größten Aktionärstreffen in Deutschland. Im vergangenen Jahr hatten sich rund 30.000 Aktionäre zur Teilnahme angemeldet.
(dpa)