Kunststoff löst die Glasfaser ab
Statt der teuren Glasfaser sollen künftig Lichtwellenleiter aus Kunststoff für hohe Breitbandgeschwindigkeiten in Europas Heimnetzwerken sorgen. Die optischen Polymerfaserkabel sind kostengünstig, flexibel und störstromunempfindlich.
Multimediale Internet-Anwendungen wie Videoinhalte und Telefonieangebote benötigen immer höhere Bandbreiten. Um die steigende Nachfrage befriedigen zu können, bauen die Telekomunternehmen allerorts ihre Glasfasernetze aus.
Wurden die teuren Kabel bisher hauptsächlich im Backbone-Bereich genutzt, ist "Fibre to the Home" [FTTH] das neue Schlagwort. Bisher werden die Kunden auf den letzten Metern über Kupferstränge an die Netzwerke angebunden. Die kostenintensive Glasfaser ermöglicht hier weit höhere Geschwindigkeiten.
Schneller Kunststoff statt Glas & Kupfer
Lichtwellenleiter aus Kunststoff [Polymer-optische Faser, POF] sollen nun für eine wesentlich kostengünstigere High-Speed-Anbindung im Endbenutzerbereich sorgen.
Dieses Ziel haben sich die Teilnehmer des EU-Projekts POF-ALL [Paving the Optical Future with Affordable Lightning-fast Links] gesetzt.
Auf Nischenmärkten wie dem Sicherheitssektor werden die Plastikfasern schon längere Zeit genutzt.
Widerstandsfähig und unkompliziert
Die einen Millimeter dicken Plastikfasern sind widerstandsfähig, flexibel und unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Einflüssen. Sie können einfach neben bestehenden elektrischen Leitungen eingezogen werden und benötigen keine extra Abschirmung wie etwa Kupferkabel.
Und anders als die zerbrechliche Glasfaser, die von geschulten Technikern installiert werden muss, kann die Plastikalternative von jedem verlegt werden.
"Jeder kann die unkomplizierten Lichtwellenleiter aus Kunststoff installieren. Und bei Großaufträgen kommt die schnelle Plastikvariante sogar billiger als die althergebrachten Kupferkabel", sagt Alessandro Nocivelli von Luceat über die Vorteile des Kunstoffs.
Nocivelli schätzt die möglichen Einsparungen gegenüber Glasfaserleitungen auf etwa 30 Prozent.
In Wien arbeitet die Wienstrom derzeit am Aufbau des Glasfasernetzes blizznet. In sieben Wiener Bezirken [3, 10, 11, 12, 16, 22 und 23] werden aktuell Glasfaserkabel verlegt, in den nächsten Jahren sollen weitere Teile Wiens mit Breitband-Internet mit Up- und Download-Raten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde versorgt werden.
Viele Provider wie UPC und Silver Server betreiben einen eigenen Glasfaserausbau.
Ein Gigabit pro Sekunde
Tests haben gezeigt, dass die Plastikfasern Geschwindigkeiten von 100 Megabit pro Sekunde auf einer Strecke von 300 Metern erreichen - lang genug, um die meisten Gebäude an den Backbone anzuschließen.
Kürzere Fasern erlauben derzeit Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde, und die Experten erwarten, dass diese Geschwindigkeit in den nächsten Monaten auch auf Strecken von über 100 Metern gehalten werden kann.
Auch Josef Haller von der österreichischen Firma HomeFibre ist von dem Ansatz überzeugt. "Damit eröffnet sich ein komplett neuer Weg zur Hochgeschwindigkeitsvernetzung von einzelnen Wohnungen", so Haller.
(New Scientist)