AK Vorrat gegen EU-Passagierüberwachung

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14.01.2008

Die deutsche Bürgerrechtsorganisation AK Vorrat hat vor der Einführung der Speicherung von Flugpassagierdaten nach US-Vorbild in der EU gewarnt. Der Plan würde nach EU-Schätzung schon in der Anfangsphase über 600 Millionen Euro kosten.

Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung [AK Vorrat] hat in einer Mitteilung vom Montag angekündigt, im Fall einer Umsetzung der von EU-Justizkommissars Franco Frattini geplanten verdachtsunabhängigen Erfassung der Flugpassagierdaten [PNR] Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen.

Der AK Vorrat hat bereits gegen die deutsche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung aller Telefon- und Internet-Verbindungsdaten [Data-Retention] im Jänner eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Am 31. Jänner berät der Innenausschuss des Bundesrats, der Länderkammer des deutschen Parlaments, über den Vorschlag der EU-Kommission für den Rahmenbeschluss zur Fluggastdatenspeicherung vom 6. November 2007. Anders als bei der Vorratsspeicherung von Telekom- und Internet-Verbindungsdaten, die über eine EG-Richtlinie durchgesetzt wurde, verpflichte ein solcher Rahmenbeschluss die deutsche Bundesregierung aber nicht zur Umsetzung, da er keinen Vorrang vor deutschem Recht habe.

Die 19 Felder

Ziel der Kommission ist es, die Daten von Flugreisenden, die von außen in die EU einreisen oder diese verlassen, abzuspeichern. Zum PNR-Datensatz gehören etwa Name und Adresse des Reisenden, seine Kreditkartennummer und auch allfällige Änderungen in der Flugroute. Es handelt sich dabei um jene 19 Datenfelder, die bereits heute an die Behörden der USA übermittelt werden müssen.

Diese Daten könnten, so einer der Vorschläge der Kommission, auch mit Profilen abgeglichen werden, die "Hochrisikopassagiere" automatisch identifizieren sollen. Die Passagierdaten sollen 13 Jahre lang gespeichert werden. In Großbritannien, Frankreich und Dänemark gibt es bereits nationale Initiativen zur Etablierung entsprechender PNR-Systeme.

Verdachtsunabhängig gespeichert

Wie auch bei der Vorratsspeicherung der Verbindungsdaten stößt sich der AK Vorrat bei der PNR-Erfassung daran, dass das geplante System alle Flugreisenden verdachtsunabhängig erfasst.

Das verstoße gegen das Grundgesetz, so Vertreter des AK. Außerdem sei das automatische Abgleichen der Daten mit Risikoprofilen fehlerträchtig, wie bereits entsprechende Erfahrungen aus den USA zeigten. Die Bürgerrechtler verweisen auch auf die von der EU-Kommission selbst präsentierten hohen Kosten des Systems.

Immerhin geht es darum, die Daten von jährlich einer halben Milliarde Passagieren auf 3,3 Millionen die Grenzen der Union überschreitenden Flügen zu erfassen und langfristig zu speichern.

Hohe Kosten

Auf Grundlage der Kosten, die die Deutsche Lufthansa für die bereits laufende PNR-Übermittlung in die USA tragen muss, hat die Kommission hochgerechnet, dass das EU-PNR-System alle Fluglinien zusammen im Jahr zirka 5,5 Millionen Euro kosten würde.

Die EU-Mitgliedsstaaten müssten allein zur Anfangsbeschaffung von Hard- und Software 615 Millionen Euro bereitstellen. Die laufenden Kosten für das System beliefen sich demnach auf jährlich 73 Millionen Euro.

Eigene PNR-Behörde

Auch die Kommission selbst bezeichnet in ihrem Vorschlag die Kosten für die Mitgliedsländer als beträchtlich. Allein für die Bedienung des Systems sei in Ländern mit vielen Flugbewegungen die Einrichtung einer eigenen Behörde mit bis zu 100 Mitarbeitern erforderlich.

Ausschlaggebend ist aber wohl auch der Druck, den die USA auf die EU-Kommission ausüben. Erst im vergangenen Dezember hatte US-Heimatschutzminister Michael Chertoff anlässlich einer Europa-Reise die EU darauf gedrängt, per Datenaustausch eine gemeinsame "geschützte Zone" für "freiheitsliebende Reisende" einzurichten.

Auch der Datenschutz muss für die PNR-Sammelaktion der Kommission als Argument herhalten. Schließlich sei es besser, wenn die Informationen in der EU nach einheitlichen hohen Datenschutzstandards gesammelt und gespeichert werden würden als dass jeder Mitgliedsstaat eigene Systeme und bilaterale Abkommen mit Drittländern etabliere.