Mehr Datenabfragen bei Mobilfunkern
Die heimischen Mobilfunker orten seit Jahresbeginn und dem Inkrafttreten des neuen Sicherheitspolizeigesetzes bereits einen Anstieg der Datenabfragen seitens der Polizei. Auffällig ist laut T-Mobile etwa, dass sich die Anfragen wegen Suizidgefährdungen plötzlich gehäuft haben.
Nachdem am Wochenende von den Grünen ein Formular öffentlich gemacht wurde, das die Polizei künftig für Anfragen zur Auskunftserteilung bei den Mobilfunkern einsetzen will, stellt sich die Frage, wie die Betreiber mit solchen Anfragen umgehen.
Laut dem neuen Sicherheitspolizeigesetz [SPG], das seit 1. Jänner in Kraft ist, können die Sicherheitsbehörden ohne Richtervorbehalt bei Gefahr in Verzug Zugriff auf Handy-Standortdaten und IP-Adressen verlangen. Das Formular sieht aber unter anderem auch die Übermittlung von Vermittlungsdaten vor, die laut den Betreibern eigentlich gar nicht gespeichert werden dürfen.
T-Mobile ortet deutlichen Anstieg
Wie der Chef der Rechtsabteilung von T-Mobile, Klaus Steinmaurer, im Gespräch mit ORF.at erklärte, regelt das SPG neu zum einen nichts, was nicht anderswo schon geregelt wäre [etwa die Standortlokalisiserung bei Notfällen im TKG], und zum anderen Dinge, die es gar nicht regeln dürfe.
Die Zahl der Anfragen wollte Steinmaurer nicht nennen, es seien aber "sehr, sehr viele". Und durch die neue gesetzliche Regelung sei auch ein Anstieg zu bemerken: "Auffällig ist, dass die Suizidgefährdung zu steigen scheint, seitdem der Paragraf in Kraft getreten ist", verrät Steinmaurer.
Verzögerungen statt Erleichterungen
Bei T-Mobile gebe es eine zentrale Mehrwert-Telefon- und -Faxnummer für die Polizeianfragen, wo diese von Fachleuten juristisch bewertet werden. Derzeit bringt die neue Regelung laut Steinmaurer mehr Verzögerungen als Erleichterungen.
Ein Problem stelle auch dar, dass das Formular nun im Netz verfügbar sei und dadurch auch Missbrauch möglich werde. "Wir prüfen derzeit lieber doppelt, ob das auch von der richtigen Stelle kommt", betonte der Jurist.
Die Grünen veröffentlichten am Sonntag ein vom Büro für Organisation, Controlling und Interne Revision der Bundespolizeidirektion Wien stammendes Formular, das kurz vor Weihnachten per Fax an die österreichischen Mobilfunkanbieter mobilkom, T-Mobile, One und tele.ring gesendet wurde und das künftig von der Polizei für Anfragen zur Auskunftserteilung hinsichtlich Stammdaten, Vermittlungsdaten, Standortdaten und Internationaler Mobilteilnehmerkennung [IMSI] verwendet werden soll.
Neues Formular und geregelte Abläufe
Generell müsse das Formular aber überarbeitet werden, dahingehend gebe es auch schon eine Übereinkunft mit dem Innenministerium, so Steinmaurer.
Auf Anfrage beim Verband der heimischen Internet-Service-Provider [ISPA] bestätigte dessen Generalsekretär Kurt Einzinger, dass es derzeit Gespräche zwischen den Betreibern und dem Innenministerium gebe, um die nötigen Abläufe zu formalisieren. Diesen Wunsch gebe es von Betreiberseite schon lange, auf eine Einigung hoffe man in den nächsten Wochen.
Unklare Punkte klären
Auch Rene Tritscher, Geschäftsführer des Fachverbands der Telekommunikations- und Rundfunkunternehmungen in der Wirtschaftskammer, betont, dass ein standardisiertes Verfahren nötig sei.
Ziel sei, unklare Punkte zu konkretisieren und in einem Erlass festzuschreiben, damit jeder wisse, was nun eigentlich beauskunftet werden muss. "Uns geht es um hohe Transparenz und hohe Rechtssicherheit. Wir wollen rasch eine Lösung finden", so Tritscher zu ORF.at. Derzeit sei das Gesprächsklima in der Arbeitsgruppe mit dem Innenministerium aber "sehr konstruktiv".
Mobilkom will klare Verhältnisse
Dass derzeit in Bezug auf das Sicherheitspolizeigesetz noch einige Fragen offen seien, betont auch der Marktführer mobilkom austria. "Wir wissen gar nicht, ob wir die Daten haben, die der Gesetzgeber haben will", sagte Unternehmenssprecherin Elisabeth Mattes am Montag.
Hierbei gehe es nicht um die Kosten, sondern um den Schutz der Privatsphäre des Kunden. Es müsse endlich klar auf dem Tisch liegen, was gefordert wird. "Wir erwägen sehr wohl auch rechtliche Schritte", erklärte Mattes im Gespräch mit ORF.at.
One: "Prüfen noch sorgfältiger"
"Es gibt genug Anfragen", bestätigte auch One-Sprecherin Petra Jakob. Grundsätzlich werde jetzt jede einzelne Anfrage noch sorgfältiger überprüft. "Es kann auch sein, dass wir etwas ablehnen, wenn es in dem Ausmaß nicht gerechtfertigt ist", so Jakob.
Es werde sich zeigen, was die Arbeitsgruppe erreicht, man dürfe das aber keinesfalls leichtfertig betrachten. Jakob schloss auch nicht aus, "etwas dagegen zu tun", wenn die Anfragen seitens der Behörden vehement zunehmen sollten.
Gegen 23.50 Uhr am 7. Dezember hatte der Nationalrat in seiner 42. Sitzung die SPG-Novelle inklusive des erst am Nachmittag desselben Tages öffentlich bekanntgewordenen Änderungsantrags der ÖVP- und SPÖ-Sicherheitssprecher Günter Kößl und Rudolf Parnigoni mit den Stimmen der Regierungskoalition angenommen.
(futurezone | Nayla Haddad)