E-Voting-Wettbewerb gestartet
Das österreichische Kompetenzzentrum für elektronische Wahlen, E-Voting.cc, und die Internet Privatstiftung Austria [IPA] suchen die besten Lösungen zur Stimmabgabe über das Internet.
Bei elektronischen Wahlen würden zwei technologische Hauptprobleme des Internets, die Wahrung der Privatsphäre und die Sicherheit, idealtypisch miteinander verschmelzen, sagte IPA-Vorstand Rupert Nagler bei der Präsentation des Wettbewerbs am Mittwoch in Wien. Der Wettbewerb soll dazu anregen, Lösungsvorschläge in beiden Bereichen zu entwicklen.
Gesucht werden Internet-Wahlsysteme, die die eindeutige Identifizierung der Wähler bei gleichzeitiger Sicherstellung der anoynmen Stimmabgabe gewährleisten. Das System solle die Abwickung von Vereinswahlen ermöglichen, heißt es in der Ausschreibung.
Open-Source-Lösungen gesucht
Der Wettbewerb richtet sich an Privatpersonen, E-Voting-Enthusiasten und Organisationen. Der Source-Code der entwickelten Lösungen muss frei zugänglich gemacht werden.
Wichtig sei, dass die Lösungen auch nach dem Wettbewerb allgemein verfügbar sind und weiterentwickelt werden können, sagte E-Voting.cc-Gründer Robert Krimmer. Kommerzielle Unternehmen seien daher von der Teilnahme ausgeschlossen.
E-Voting-Lösungen können ab sofort bis 13. Juni eingereicht werden. Insgesamt sollen unter den drei besten Projekten 5.000 Euro verteilt werden.
"Friendly Hacking"
Eine Expertenjury wird drei Projekte auswählen, die beim Finale des Wettbewerbs am 6. August im Vorfeld einer Konferenz zu Electronic Voting in Bregenz gegeneinander antreten sollen.
Im Rahmen eines Hacking-Wettbewerbs sollen dabei die Schwachstellen der Konkurrenzprojekte aufgedeckt und Verbesserungsvorschläge eingebracht werden.
Das von Krimmer gegründete Kompetenzzentrum E-Voting.cc berät seit 2006 zum Thema elektronische Wahlen. Neben der Begleitung und der Durchführung von Projekten sind die mittlerweile fünf Mitarbeiter der Plattform weltweit als unabhängige Wahlbeobachter bei elektronischen Wahlen tätig. Von 6. bis 8. August veranstaltet E-Voting.cc in Bregenz bereits zum dritten Mal eine internationale Konferenz zum Thema.
"Neue Erkenntnisse wichtig"
Mit dem Wettbewerb verfolge man keine politischen Interessen, sagten die Initiatoren. Neben der Vernetzung von Aktivisten und Experten gehe es vor allem darum, dass eine Auseinandersetzung mit dem Thema stattfinde.
"Wenn rauskommt, dass es keine sicheren Systeme gibt, ist es auch gut", sagte Nagler: Wichtig seien neue Erkenntnisse zur elektronischen Stimmabgabe. Mit dem Wettbewerb wolle man nicht zuletzt auch zum Diskussionsprozess über die elektronische Stimmabgabe beitragen, so Nagler.
Anwendungsmöglichkeiten
Die Anwendungsmöglichkeiten von E-Voting-Systemen reichen von der Vereinswahl über fundierte Online-Umfragen bis hin zu Abstimmungen bei Interessenvertretungen und politischen Prozessen.
Für Krimmer ist es durchaus vorstellbar, dass die elektronische Stimmabgabe über das Netz auch bei poltischen Wahlen als "zusätzlicher Kanal" zum Einsatz kommt. Dadurch würden auch Leute in den politischen Prozess einbezogen, die sonst davon ausgeschlossen sind, so der E-Voting-Experte: etwa im Ausland lebende Wähler.
E-Voting bei ÖH-Wahl
Tests für politische Wahlen über das Internet sollen in Österreich erstmals bei der Wahl zur Österreichischen Hochschülerschaft [ÖH] im Jahr 2009 abgehalten werden.
Die Studentenvertreter hatten sich vor kurzem jedoch dagegen verwehrt, als "Versuchskaninchen" für E-Voting herhalten zu müssen. Die Studentenvertretungen einzelner Universitäten, darunter die Wirtschaftsuniversität Wien, hätten jedoch durchaus Interesse an der elektronischen Stimmabgabe bekundet, sagte Krimmer.
In Österreich hatten sich zuletzt Vertreter der ÖVP wiederholt für die Stimmabgabe über das Internet bei politischen Wahlen ausgesprochen.
Die Mehrheit der Bevölkerung dürfte der Wahl über das Internet jedoch skeptisch gegenüberstehen. Bei einer Ende vergangenen Jahres im Auftrag des Nachrichtenmagazins "profil" durchgeführten Umfrage sprachen sich 58 Prozent der Befragten gegen Stimmabgabe über das Internet aus.
Zu den E-Voting-Kritikern zählt auch der Präsident des Verfassungsgerichtshofs [VfGH], Karl Korinek. Er hält das E-Voting derzeit für "absolut unzulässig".
Interesse aus der Politik
Krimmer ist überzeugt, dass es auch seitens der Politik Interesse an dem Wettbewerb gebe. Die elektronische Stimmabgabe könnte etwa bei internen demokratischen Abstimmungen in den Parteien zum Einsatz kommen.
Erfahrungen, die aus dem Einsatz von E-Voting-Systemen bei Vereinswahlen gewonnen werden, seien für politische Wahlen von großer Bedeutung, sagte der E-Voting.cc-Gründer.
Österreich habe ideale Voraussetzungen für elektronische Wahlen, so Krimmer: So seien Internet-Zugänge weit verbreitet, auch die Bürgerkarte mit digitaler Signatur sei bereits eingeführt.
Als erstes Land der Welt ermöglichte Estland im vergangenen Jahr den Online-Urnengang bei einer Parlamentswahl. Durchgeführt wurde das elektronische Voting mit Bürger-ID-Karte sowie einem Kartenlesegerät, das an den eigenen Computer angeschlossen werden musste.
Um Stimmenkauf und Wahlzwang nach Möglichkeit auszuschließen, war es jedem Esten auch möglich, seine Stimme bis zum Wahlschluss online beliebig oft zu ändern. Rund zwei Prozent der Wahlberechtigten machten von der Möglichkeit Gebrauch, ihre Stimme online abzugeben.
~ Link: E-Voting zwischen Trial und Error (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=176017v2) ~
(futurezone | Patrick Dax)