Finanz mit Fahndungsbot zufrieden
Seit eineinhalb Jahren macht Österreichs Finanz mit Hilfe von Spezialsoftware auch im Internet Jagd auf Steuersünder. In einer ersten Bilanz zeigt sich das Finanzministerium zufrieden mit der Arbeit des digitalen Kollegen.
"Der Einsatz der Xenon-Software läuft sehr erfolgreich", sagt Herwig Heller, Leiter der Abteilung für Betrugsbekämpfung im Finanzministerium, im Gespräch mit ORF.at. "Allein im letzten halben Jahr wurden 700 konkrete Fälle ausgeforscht."
Wie viel Geld, das am Fiskus vorbeigeschleust werden sollte, die in den Niederlanden entwickelte Software bisher aufspüren konnte, konnte man im Ministerium nicht beziffern.
"Jeder Fall wird dezentral vom zuständigen Finanzamt weiterverfolgt und das Ergebnis nur in Einzelfällen an uns rückgemeldet", so Heller. "Ich kann Ihnen nur sagen, die letzten 20 Rückmeldungen haben 200.000 Euro gebracht."
Klärung von Rechtsfragen
Oft stecke auch kein Betrugsversuch, sondern schlichte Rechtsunklarheit dahinter.
Drei von Xenon ausgeforschte Online-Händler von Markenmode, Elektronik und Handys mit einem Mehrergebnis von insgesamt sechs Millionen Euro wähnten sich etwa in der Zuständigkeit der britischen Finanz, waren jedoch in Österreich abgabenpflichtig, so Heller.
"Nicht die ganz große Betrugsbekämpfung"
"In erster Linie dient der Einsatz der Spezialsoftware dazu, die gleiche Besteuerung im Online- wie im Offline-Bereich zu garantieren. Es ist schlicht unsere Pflicht, im Internet tätig zu werden." Heller räumt aber ein: "Die ganz große Betrugsbekämpfung ist es nicht."
Spezialeinheiten der Finanz
Neben der Software patroullieren 30 Beamte des Risiko-, Informations- und Analysezentrums [RIA] im Netz, um Zuwiderhandlungen gegen Steuer- und Zollgesetze aufzudecken. Arbeitsgebiete der RIA sind des Weiteren Riskoprüfpläne, Risikoprofile, Datanaufbereitungen und Datenanalysen sowie elektronische Prüfungstechniken.
PC-Auswertung und Forensik
Das knapp zehn Mann starke Zollfahndungsteam Internet und Cybercrime kommt unterdessen bei konkreten Ermittlungen im Internet gegen namentlich bekannte Personen zum Einsatz. Daneben gehören die Informationssuche im Internet unter Abfrage internationaler kostenpflichtiger Datenbanken sowie die Forensik [Datensicherung als Beweismittel] und die Auswertung beschlagnahmter IT-Equipments zum Aufgabengebiet der Einheit.
Bündel an Software-Fahndern
Die Spezialsoftware Xenon ist ein Spider-Programm [auch Webcrawler genannt], das Websites nach bestimmten Stichworten wie etwa österreichischen Adressen absucht. Auch Auktionsplattformen und Gebrauchtwagenbörsen sind im Visier des vollautomatischen Online-Ermittlers.
"Xenon übernimmt das Internet-Monitoring, daneben sind aber auch noch Software-Eigenentwicklungen zum Beispiel im Data-Mining-Bereich im Einsatz", sagt Heller. Durch regelmäßige Adaptierung der Software werde die Treffergenauigkeit laufend erhöht.
Wer handelt womit und wie oft?
Stößt Xenon auf verdächtige Sites, werden diese heruntergeladen und stehen von da an unter Beobachtung. Anhand der Veränderungen auf der Website wird ermittelt, wie oft welche Güter zu welchem Preis angeboten werden.
Der digitale Steuerermittler sammelt diese Daten und meldet den Finanzbehörden potenziell verdächtige Fälle. Jene Fälle, die unter die Steuerpflicht fallen, werden dann an die zuständigen Finanzämter weitergeleitet. "Datensätze, die aus dieser Selektion herausfallen, werden sofort wieder gelöscht," so Heller.
Steuerpflichten in Österreich
Im Allgemeinen gilt: Wer regelmäßig und mit Absicht auf Gewinnerzielung handelt, gilt als gewerbetreibend.
Einkommensteuer ist fällig, sobald alle Einkünfte die Grenze von 10.000 Euro im Jahr überschreiten.
Umsatzsteuer wird bei Gewerbetreibenden grundsätzlich immer fällig. Wer die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt, muss erst ab einem Umsatz von 30.000 Euro jährlich Umsatzsteuer abführen.
EU plant Software-Vereinheitlichung
Xenon wurde in den Niederlanden entwickelt und ist dort seit Ende 2004 im Einsatz. Neben Österreich und den Niederlanden setzen auch die Finanzverwaltungen in Belgien, Dänemark, Großbritannien, Kanada und Schweden auf Xenon.
Auch in Brüssel überlegt man, im Rahmen des "Fiscalis"-Programmes in Zukunft Internet-Monitoring auf europäischem Niveau zu betreiben und Software-Produkte wie Xenon einheitlich zu entwickeln.
(futurezone | Beate Zaussinger)