EU-Hearing zu Google

22.01.2008

Im EU-Parlament sind am Montag Daten- und Konsumentenschützer, Experten und Vertreter Microsofts gegen den Google-Repräsentanten Peter Fleischer angetreten. Der verlangte, dass Datenschutzaspekte bei der EU-Kartelluntersuchung der DoubleClick-Übernahme durch Google keine Rolle spielen dürften.

Zur umstrittenen Übernahme des weltgrößten Anbieters von Bannerwerbung, DoubleClick, durch Google, den haushohen Marktführer bei suchebezogener Werbung, fand am Montag eine Anhörung im EU-Parlament statt.

Vertreter von europäischen Datenschutzbehörden, Verbraucherschützer, Experten und ein Vertreter Microsofts nahmen Peter Fleischer, Googles "globalen Datenschutzbeauftragten", in die Mangel.

Ein US-Gutachten

Der Standpunkt Googles, dass Datenschutzaspekte keine Rolle spielen dürften, da es sich um eine EU-Kartelluntersuchung handle, wurde durch ein Gutachten von Peter P. Swire massiv angegriffen.

Swire, Professor für Kartell- und Datenschutzrecht an der Universität von Ohio, argumentierte, dass Datenschutz sehr wohl in engem Zusammenhang mit diesem Anti-Trust-Verfahren zu sehen sei.

Hier würden ja nicht zwei Produzenten von Kleidung oder Autos fusioniert, sondern die mithin größten globalen Datenbanken mit Daten von Konsumenten. Verletzungen des Datenschutzes wirkten sich so direkt nachteilig auf die Endverbraucher aus.

Markt, geschlossen

Der ehemalige Generaldirektor der EU-Kommission und Jurist für internationales Recht, Spyros A. Pappas, argumentierte in seinem Positionspapier ähnlich, betonte aber den ökonomischen Aspekt.

Den Zusammenschluss beider Unternehmen zu gestatten, bedeute, dass dieses wachsende Marktsegment der Internet-Werbung mit einiger Wahrscheinlichkeit für andere Firmen geschlossen werde. Als mögliche Lösung nannte Pappas Zugangsmöglichkeiten für alle Mitbewerber zu dieser Mega-Datenbank.

Unpersönliche IP-Adressen

Das ist angesichts der bisher zu beobachtenden Geschäftsgeheimnispolitik des Suchmaschinenriesen allerdings nicht wirklich denkbar.

Auch sonst stand Fleischer ziemlich allein auf weiter Flur, als er sich gegen die Anwendung von Datenschutzgesetzen auf IP-Adressen per se aussprach. "Die Frage, ob IP-Adressen persönliche Angaben sind, kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten", sagte Fleischer.

Der Widerspruch

Dem widersprachen nacheinander die Datenschützer. "In diesem Zeitalter zu sagen, IP-Adressen sind nicht personenbezogen, das ist nicht möglich", meinte der deutsche Datenschutzbeauftragte Peter Schaar, der die Arbeitsgruppe [Artikel 29, Datenschutz] seiner EU-Amtskollegen vertrat.

Auch die Vertreterin der niederländischen Datenschutzbehörde, Sjoera Nas, betonte: "IP-Adressen müssen als persönliche Daten angesehen werden." Der Nutzer müsse zudem erfahren, wie die verschiedenen genutzten Dienstleistungen eines Anbieters miteinander verknüpft werden.

"Übernahme stoppen"

Die Zusammenhänge von Internet-Nutzung und interaktiver Werbung seien für viele Verbraucher nur schwer durchschaubar, sagte Cornelia Kutterer vom europäischen Verbraucherschutzverband BEUC.

Marc Rotenberg, Direktor des Electronic Privacy Information Center, forderte, dass die EU-Kommission die Übernahme stoppen sollte, sofern es ihr nicht gelinge, mit Google "substanzielle Maßnahmen zur Sicherung des Datenschutzes" auszuhandeln.

Selbstverständlich müssten bei einer kartellrechtlichen Untersuchung auch Datenschutzaspekte berücksichtigt werden, so Rotenberg.

Europa und die USA

Ähnlich hatten Rotenberg, aber auch Peter Swire bereits vor einem Ausschuss im US-Kongress argumentiert, durchsetzen konnte man sich damit aus offensichtlich formaljuristischen Gründen nicht.

Dass der DoubleClick-Deal für Google in Europa ebenso einfach über die Bühne gehen wird wie in den USA, ist längst nicht sicher.

Die US-Handelsbehörde FTC hatte die Übernahme am 20. Dezember genehmigt, weil der Wettbewerb durch die Fusion der beiden Online-Werbegiganten nicht gefährdet sei.

Die Neigung der EU-Kommission

Wie etwa die bisherigen kartell- und wettbewerbsrechtlichen Verfahren der EU gegen Microsoft gezeigt haben, ist man aber seitens der EU-Kommission durchaus geneigt, saftige Strafen und Auflagen an US-Großfirmen zu verhängen, wenn diese wenig Neigung zeigen, in Europa nach europäischen Regeln zu spielen.

Erst im November hatte die EU-Kommission angekündigt, die Übernahme genauer zu prüfen, die Prüfungsfrist wurde verlängert.

(Futurezone | dpa | Erich Moechel)