Frattini will PNR-Erfassung durchpeitschen
Justizkommissar macht Druck auf Innenminister
EU-Justizkommissar Franco Frattini drängt auf die Einrichtung eines europäischen Systems zur Erfassung von Flugpassagierdaten [PNR] nach US-Vorbild. Europa sollte "so schnell wie möglich" einen Beschluss zur Vorab-Kontrolle von Flugpassagieren fassen, sagte Frattini beim Treffen der EU-Innenminister am Freitag im slowenischen Brdo. Er kündigte dazu Gespräche mit Vertretern des Europaparlaments an.
Weitergabe an Drittstaaten
Frattini strebt ein System an, das exakt bis hinunter zur Datenstruktur dem US-Vorbild nachempfunden sein wird. Dabei wird verdachtsunabhängig jede Bewegung eines Fluggastes in die EU und aus der EU heraus erfasst und insgesamt 13 Jahre lang gespeichert.
Im ersten Entwurf der Kommission für den entsprechenden EU-Rahmenbeschluss ist auch eine Weitergabe der Daten an Drittstaaten, sprich US-Dienste, vorgesehen. Allein für die Erstanschaffung von Hard- und Software des Systems werden die EU-Fluglinien laut Schätzungen der Kommission über 600 Millionen Euro ausgeben müssen. Die Einführung des Systems soll, so das Papier der Kommission, bereits Ende 2010 erfolgt sein.
Der luxemburgische Ressortchef Luc Frieden äußerte sich dann auch zurückhaltend zu den Plänen. "Wir sollten erst einmal die Notwendigkeit eines solchen Systems prüfen", sagte Frieden. Der Minister betonte: "Wir wissen, wer einreist." Man müsse genau überlegen, ob die Erhebung großer Datenmengen lohne, nur um die Identität der Reisenden etwas früher zu kennen.
Bereitschaft der Mitgliedsstaaten
Der Ratsvorsitzende und slowenische Innenminister Dragutin Mate sagte, er wolle zunächst die Bereitschaft der EU-Staaten zum Aufbau eines solchen Systems erkunden. "Wir werden die Länder, die schon Fluggastdaten sammeln, erklären lassen, wie ihre Systeme funktionieren, und sie zu ihren Erfahrungen befragen", fügte Mate hinzu. Auf dieser Grundlage wolle man über weitere Schritte beraten.
Mit den USA hatte die EU im vergangenen Sommer ein Abkommen geschlossen, auf dessen Grundlage die Amerikaner bis zu 19 Angaben über jeden Fluggast noch vor dessen Abflug erhalten. Frankreich, Großbritannien und Dänemark haben nach Angaben der Kommission ähnliche Systeme eingeführt.
Für Deutschland hat die Bürgerrechtsaktion AK Vorrat bereits damit gedroht, im Fall einer Umsetzung des Rahmenbeschlusses vors Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. Ihrer Ansicht nach verstößt die verdachtsunabhängige Erfassung und Speicherung gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.
(dpa | futurezone)