Microsoft mit Yahoo gegen Google

01.02.2008

Microsoft hat am Freitag überraschend ein Kaufangebot für den Internet-Pionier Yahoo abgegeben. 45 Mrd. Dollar ist Microsoft der Zukauf im harten Wettbewerb mit dem Konkurrenten Google wert. Yahoo bezeichnete das Offert als "nicht erwünscht", wird es aber dennoch rasch prüfen.

Mit der Milliardenübernahme wolle Microsoft den Internet-Marktführer Google angreifen und seine Internet-Sparte endlich profitabel machen, sagte Firmenchef Steve Ballmer.

Das Direktorium des unter Druck stehenden Internet-Dienstleisters Yahoo bezeichnete die Offerte zwar als unerwünscht, sagte aber zu, das Angebot im Sinne der langfristigen Interessen seiner Aktionäre anzuschauen. Das werde vor dem Hintergrund der eigenen strategischen Pläne geschehen. Die EU-Kommission lehnte eine Stellungnahme ab.

Gemeinsam zur "kritischen Masse"

"Wir haben großen Respekt für Yahoo", sagte Ballmer. "Gemeinsam können wir immer attraktivere Angebote für Verbraucher, Verleger und Werbekunden anbieten." Gleichzeitig könnten sich die beiden US-Konzerne besser für den Wettbewerb bei Online-Diensten in Stellung bringen.

Ballmers erklärtes Ziel ist es, Microsoft auf dem boomenden Online-Werbemarkt stärker aufzustellen, der auch von Google dominiert wird. Mit Zukäufen von Online-Werbefirmen hatten sich sowohl Microsoft als auch Google in der jüngsten Vergangenheit verstärkt.

Microsoft-Manager Kevin Johnson sagte, zusammen könnten die Unternehmen eine "kritische Masse" erreichen, um Innovationen durchsetzen zu können. Die kombinierten Entwicklungsteams erhöhten zudem die Schlagkraft.

Yahoo-Aktie im Höhenflug

Beflügelt von den Übernahmeplänen rauschte die Yahoo-Aktie am Freitag um 47,71 Prozent auf 28,33 Dollar nach oben und war damit mit großem Vorsprung bester Wert im NASDAQ 100. Microsoft-Titel hingegen fielen mit einem Abschlag von 6,66 Prozent auf 30,43 US-Dollar.

Viele verpasste Gelegenheiten

Die Online-Aktivitäten von Microsoft stehen seit vielen Jahren unter keinem guten Stern. Anfang der 90er Jahre setzten Microsoft-Mitbegründer Bill Gates und Ballmer mit dem Microsoft Network [MSN] noch auf geschlossene Online-Dienste und verpassten völlig den Einstieg ins offene Internet.

Mit einem brutal geführten Wettbewerb rang Microsoft dann den Konkurrenten Netscape nieder und verwickelte sich in Kartellstreitigkeiten. Den "Browserkrieg" gegen Netscape konnte Microsoft zwar gewinnen, gleichzeitig versäumte der Konzern aber erneut den Einstieg in eine Schlüsseltechnologie, die Internet-Suche. Und so eroberte Google den Milliardenmarkt der Online- Werbung, ohne dass Microsoft dem bisher ein adäquates Konzept entgegensetzen konnte.

Microsoft ist bereit, 31 Dollar je Yahoo-Aktie in Microsoft-Papieren und bar zu zahlen. Das entspricht einem Aufschlag von 62 Prozent auf den Schlusskurs vom Donnerstag.

Yahoo: 16 Prozent am Suchmaschinenmarkt

Yahoo verfügt mit 250 Millionen registrierten Nutzern über den am häufigsten benutzten E-Mail-Dienst der Welt und konkurriert bisher mit Microsoft bei der Websuche. Zudem gehört die Marke Yahoo zu den bekanntesten im Internet.

Bei der Websuche hält Google der Forschungsgruppe comScore zufolge weltweit 77 Prozent des Markts, Yahoo 16 Prozent und Microsoft 3,7 Prozent.

Erste Reaktionen der Analysten

"Wir wissen alle, warum sie das machen", sagte ein Analyst von RBC Capital Markets. Ziel sei es, sich im Kampf gegen Google zu stärken. "Microsoft hat eine Kriegskasse voller Geld", sagte er. Jeden Monat komme eine weitere Milliarde Dollar hinzu. Auch strategisch sei der Kauf günstig, schon allein wegen der Anteile am Suchmaschinenmarkt.

Es gab aber auch kritische Stimmen. Sie verwiesen darauf, dass Microsoft und Yahoo sehr verschiedene Firmenkulturen haben und ihr Geschäft sich in vielen Punkten wie E-Mail, Werbung und Messaging überlappe. "Ich für meinen Teil sehe nicht, wie sich die Microsoft-Yahoo-Synergien gegen Google durchsetzen sollen", so ein Branchenkenner.

Die Fusion wäre die größte auf dem Internet-Markt seit der Übernahme von AOL durch Time Warner 2001 für 182 Milliarden Dollar. Die Übernahme gilt als eine der unglücklichsten der modernen Wirtschaftsgeschichte.

Bei Microsoft Österreich wird der Deal mit großer Freude aufgenommen. "Dieser Markt stellt eine große Wachstumschance für Microsoft dar. In der Kombination der Stärken beider Unternehmen wird ein unschlagbares Kundenangebot entstehen", kommentierte Sprecher Thomas Lutz.

Megakonzern zum Schnäppchenpreis

Dass die Yahoo-Übernahme für Microsoft aber durchaus ein Schnäppchen ist, darüber sind sich die Analysten einig. Die Yahoo-Aktie ist derzeit so billig wie schon lange nicht mehr.

Während im Jänner 2000 noch knapp 120 Dollar für das Papier bezahlt wurden, dümpelte die Aktie in dieser Woche in New York deutlich unter 20 Dollar, wie zuletzt im Oktober 2003. Der günstige Kurs des Internet-Pioniers dürfte nun für Microsoft-Chef Ballmer den letzten Ausschlag gegeben haben, ein Angebot abzugeben.

Das Yahoo-Portfolio

Zu Yahoo gehören auch aktive Community-Sites wie das Fotoservice Flickr, die Suchmaschinen Altavista und Alltheweb und der Lesezeichen-Dienst del.icio.us. Die Reichweite der Dienste verschaffte Yahoo allerdings nicht die geschäftlichen Erfolge, die Google immer wieder melden konnte.

Seit gut einem halben Jahr führt Yahoo-Mitbegründer Jerry Yang wieder das operative Geschäft, konnte aber bisher die Finanzmärkte nicht überzeugen, dass Yahoo die Kehrtwende schafft. Insbesondere die ­ mittlerweile überwundenen Schwierigkeiten bei der Einführung der Werbeplattform "Panama", mit der Yahoo die Lücke zu Google schließen wollte, enttäuschten die Anleger.

(futurezone | dpa | AFP | Reuters)