WLAN-Schmerzen und "brutale" Maschinen

01.02.2008

Die Wiener Medienkünstler Emanuel Andel [5voltcore] und Gordan Savicic thematisieren auf spielerische Art und Weise "brutale" Maschinen und die Existenz im vernetzten Universum. Beide sind für den diesjährigen transmediale-Award nominiert.

Andels Installation "Knife.Hand.Chop.Bot" ist nichts für Leute mit schwachen Nerven. Das Konstrukt, in deren Zentrum ein rund 30 Zentimeter langes Küchenmesser steht, lädt zum Messerspiel mit der Maschine.

Legt der Nutzer seine Hand auf die dafür vorgesehene Fläche, startet das Spiel. Das Messer fällt, zunächst im gemäßigten Tempo, zwischen die gespreizten Finger. Die Auflagenfläche der Hand wird über Kontakte mit der Hardware des Computers verbunden, die den Roboter steuert.

Das Spiel hat jedoch Tücken. Beginnt die Handfläche des Nutzers zu schwitzen, was angesichts des immer schneller werdenden Auf und Ab des Messers fast unvermeidlich ist, kann das System gestört werden. Damit erhöht sich auch die Möglichkeit, dass die Messerspitze nicht mehr das Plexiglas der Auflagefläche trifft, sondern sich in die Hand des Nutzers bohrt.

"Schneller und lauter"

Dazu kommen noch eine Reihe von Stressfaktoren: "Wenn man die Hand auf den Computer legt, erzeugt das unmittelbar Geräusche. Man hört das man in die Maschine eingreift", sagt Andel: "Es wird schneller, es wird lauter und es ist eigentlich nichts mehr da, was Vertrauen einflößt."

Emanuel Andel: "Knife.Hand.Chop.Bot"

"Knife.Hand.Chop.Bot" beinhaltet auch popkulturelle Referenzen. In James Camerons Science-Fiction-Schocker "Aliens" [1986] wird ein Androide über das Messerspiel enttarnt, weil er schnell und präzise, ohne hinzusehen, die Messerspiel-Mutprobe durchläuft. "Knife.Hand.Chop.Bot" beziehe sich auch auf die Cyber-Romantikschiene, sagt Andel: "Mit oder ohne Aliens."

"Selbst erfüllende Prophezeiung"

Zur transmediale war der "Knife.Hand.Chock.Bot" nur bedingt einsatzfähig. Eine Festplatte war abgeschmiert. Mittlerweile ist das Problem behoben. Es sei aber nur zweitranig, ob da jeder hingehen und es ausprobieren kann, meint Andel: "Es war nicht meine Intention ein Spielzeug zu schaffen."

Die Idee dahinter sei es, die sich selbst erfüllende Prophezeiung als Objekt zu kreieren und auszustellen: "Der Nutzer geht davon aus, dass die Maschine versagt. Die Maschine versagt, weil der Nutzer davon ausgeht."

Es gehe um die Kommunikation zwischen Mensch und Artefakt, sagt Andel. Und es gehe um die Tatsache, dass sich der Mensch eben wie ein Mensch verhält und die Maschine auf Störquellen nur so reagieren kann, wie sie es eben tut.

Schmerzen im Funknetzwerk

Tatsächliche Schmerzen bereitet Gordan Savicics Projekt "Constraint City. The Pain of Everyday Life", bei dem der Wiener Medienkünstler Wege durch elektromagnetischen Räume der digitalen urbanen Geographie nachzeichnet.

Im Zentrum steht dabei ein mit Sensoren ausgestattetes Korsett, das eng an den Körper anliegend auf die Signalstärke von verschlüsselten WLAN-Funknetzen reagiert.

Nähert sich der Träger des Korsetts einem verschlüsselten Funknetzwerk, wird das Korsett enger und die Servos drücken an den Oberkörper, wo sie ihre Spuren hinterlassen.

Gordan Savicic: "Constrained City. The pain of everyday life"

"Es hat schon etwas Aktionistisches, mit so einem Teil durch die Stadt zu gehen", sagt Savicic: "Der Code der Stadt schreibt sich in mich ein."

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Technik faszinierte ihn von Kindheit an: Gordan Savicic, Jahrgang 1977, der im Vorjahr sein Studium für digitale Kunst an der Angewandten abgeschlossen hat und nun Mediendesign in Rotterdam studiert.

Kartographie des Schmerzes

Gemessen werden die WLAN-Signale von einer Nintendo DS, für die Savicic eine eigene Software geschrieben hat. Die DS sucht nach geschlossenen Netzwerken, ordnet sie nach Signalstärken und steuert entsprechend auch die Servos, die auf den Körper drücken.

Die DS zeichnet über GPS auch die Wege des Korsettträgers und die Netzwerke auf. Die Daten werden anschließend auf Google Maps übertragen, so dass sich eine Art Kartographie des Schmerzes über den Stadtplan legt.

Privat oder öffentlich?

Mit dem Projekt gehe es ihm auch um die Frage nach dem Verhältnis zwischen privaten und öffentlichen Raum, die er damit "in die elektromagnetische Welt" übertragen wolle, sagt Savicic.

Aber auch der Aspekt des Hardware-Hackings habe ihn interessiert: "Wie modifiziert man ein vorhandes Teil und schafft damit neue Möglichkeiten?"

Transmediale award

Der transmediale award wird am Samstag abend vergeben. Neben Andel und Savicic sind unter anderem auch der in Wien lebende Künstler Michael Bloom für seinen Film "The three failures" sowie das austroitalienische Aktionistenkollektiv Uebermorgen.com mit ihrer Arbeit "Amazon Noir" für den mit insgesamt 8.000 Euro dotierten Preis nominiert.

Beim Berliner Festival für Kunst und digitale Kultur, transmediale, werden noch bis Sonntag in Diskussionen, Ausstellungen, Präsentationen, Performances und Film- und Videoführungen Fragen rund um das diesjährige Generalthema "conspire" untersucht.

Zur transmediale:

~ Link: Konspiratives bei der transmediale (../http://www.fuzo-archiv.at/?id=252459v2) ~

(futurezone | Patrick Dax)