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Android wohnt noch im Hinterzimmer

13.02.2008

Wer auf der Handymesse in Barcelona einen ersten Blick auf Googles Handysoftware Android werfen will, muss sich darum unerwartet kräftig bemühen. Dabei dürfte Android bereits deutlich weiter sein, als es die ersten Prototypen vermuten lassen. Denn die Zeit drängt.

Während andere Hersteller mit großen Messeständen und jeder Menge Informationen zu ihren Produkten auftrumpfen, spielen sich die Aktivitäten rund um Googles Handyplattform Android derzeit vor allem hinter den Kulissen ab.

Google ist auf dem Mobile World Congress [MWC] in Barcelona zwar mit drei eigenen Räumen im Ausstellerverzeichnis aufgeführt, doch an deren geschlossenen Türen wird man für eine Demo von Android umgehend zu CPU-Herstellern wie ARM und Texas Instruments verwiesen. Offensichtlich will sich Google derzeit zu Android nicht mehr als unbedingt nötig äußern.

Google will ein Stück vom Kuchen

Dass Google auch anders kann, zeigte sich vor ein paar Jahren auf der Frankfurter Buchmesse, bei der Google mit einem Stand und mehreren Sessions um das Wohlwollen der Verlage für sein Buchscan-Projekt warb.

Doch diesmal ist es anders - Google hat auf dem Handymarkt deutlich mehr Gegenwind zu erwarten als damals bei den Buchverlagen, die sich zu oft dem Lockruf des Geldes nicht entziehen konnten. Nun will Google ebenfalls ein Stück vom ohnedies hart umkämpften Handymarkt - und zwar ein möglichst großes.

T-Mobile rudert zurück

T-Mobile ruderte kurz nach der Pressekonferenz, bei der T-Mobile-International-Chef Hamid Akhavan ein erstes Android-Handy für das vierte Quartal 2008 angekündigt hatte, wieder zurück. "Wir haben dazu nichts zu sagen", so das offizielle Statement auf Nachfrage von ORF.at.

Abseits davon war - hinter vorgehaltener Hand - zu erfahren, dass Akhavans Ankündigung reihenweise T-Mobile-Manager von ihren Sesseln kippen ließ, weil diese Information noch nicht für die Öffentlichkeit gedacht war.

Dabei hatte der Chef der Deutschen Telekom, Rene Obermann, bei der Vorstellung von Android bereits angekündigt, 2008 erste Handys und Dienste auf Android-Basis anbieten zu wollen.

Google-Anwendungen fürs Handy

ARM stellt nach eigenen Angaben einen Prototypen der Android-Plattform der Open Handset Alliance aus und bemüht sich zu versichern, dass die aktuelle Hard- und Software als reines Demonstrationsobjekt und Zwischenschritt zu verstehen sei und keinerlei Hinweise auf endgültige Funktionalitäten oder Formen liefern soll.

Ein erster Blick lässt aber dennoch zumindest eine Ahnung aufkommen, was von Android zu erwarten ist: Wenig überraschend tummeln sich da vor allem Google-Applikationen auf dem Display, angefangen von Gmail, Calendar und Maps bis hin zur Google-Startseite als Ausgangspunkt für das Surfen im Netz.

Die Benutzeroberfläche schaut noch etwas ungepflegt aus, an manchen Stellen poppt aber bereits das eine oder andere ansehnliche Icon auf. Die Applikationen selbst lassen sich meist anstandslos starten, nur selten kommt es zu Verzögerungen.

Alles in allem mutete das bei ARM demonstrierte Objekt schon recht fertig an, was angesichts der Geheimniskrämerei darauf schließen lässt, dass Android schon deutlich weiter entwickelt ist, als Google derzeit offiziell zugeben will.

Als Hersteller für Android-Handys bieten sich HTC, Motorola, LG und Samsung an - alles Mitglieder der Open Handset Alliance, der auch T-Mobile als Gründungsmitglied angehört.

Werbung soll Geld bringen

Der Vorteil von Android sei, dass Handys auf der Plattform billiger sein sollen, da die Lizenzgebühren entfallen, die bis zu 20 Prozent des Preises ausmachen können, erklärte Google-Manager Rich Miner gegenüber der dpa. Entsprechendes war auch von ARM zu hören.

Google bemühte sich weiters zu versichern, dass man mit Werbung auf dem Handy noch warten wolle. Sicher ist jedoch, dass sie kommt - denn auch wenn Google seine Software gratis hergibt, müssen Mitarbeiter und Aktionäre entlohnt werden.

Wie genau das Geschäftsmodell rund um Android etwa für die Handyhersteller und Mobilfunker aussehen soll, abgesehen von den Entgelten für den zu erwartenden Datentransfer, war ebenso wenig zu erfahren, wie wann jetzt wirklich die ersten Handys auf den Markt kommen sollen.

Angesichts der Angebote der anderen Aussteller in Barcelona, die zunehmend mit mobilen Services Geld verdienen wollen und entsprechend kräftig in den Markt drängen, wird sich Google wohl nicht allzu viel Zeit mit Android lassen können.

Das Software Development Kit für die Linux-basierte Plattform hat Google bereits Mitte November bereitgestellt und zeitgleich einen Entwicklerwettbewerb für Android-Anwendungen mit insgesamt zehn Millionen US-Dollar Preisgeld ausgeschrieben.

(futurezone | Nadja Igler)