Glasfaser bis zum Wirt
Die Vorarlberger Streusiedlung Blons liegt mit den Waldviertler Gemeinden St. Martin und Großschönau in der Zahl der Glasfaseranschlüsse pro Haushalt österreichweit einsam voran. Die Netze wurden nach dem Prinzip "Hast du keins, dann bau dir eins" in Eigenregie eingezogen.
Begonnen habe alles im neuen Serverraum des Gemeindezentrums im Jahr 2002, sagt Otmar Ganahl, Netzwerkchef und Administrator in der Vorarlberger Gemeinde Blons, zu ORF.at.
Die Prämisse der Unternehmung war: "Ein guter Internet-Anschluss ist gerade in abgelegenen Gegenden Österreichs besonders wichtig." Und zu denen gehört die Gemeinde Blons im Walsertal zweifellos.
Glas statt Kupfer
Zuerst habe man mit Kupferleitungen experimentiert, das aber rasch wieder gelassen, denn bei Blons handelt es sich noch dazu um eine Streusiedlung.
Die mit den großen Distanzen zwischen den Häusern einhergehende Signaldämpfung bei Kupferkabeln hätte erst wieder keinen echten Breitbandverkehr zugelassen, also griff man gleich zu Glas.
Aufwand oder nicht
"Hast du keins, dann bau dir eins", dachten sich die Blonser und zogen auf eigene Kosten Leerverrohrungen durch die gesamte Gemeinde ein, um sodann Glasfasern einzublasen.
Das sei schon aufwendig gewesen, meint Ganahl, der Blons in den Jahren davor als Bürgermeister vorgestanden war, aber so aufwendig dann auch wieder nicht.
"Fiber to the Home"
Die Gemeinde habe nämlich damals gerade das Kanalisationsnetz gebaut, die restliche Graberei - der normalerweise weitaus teuerste Faktor beim Verlegen eines Glasfasernetzes - habe man selbst erledigt. In abgelegenen Gegenden sei Fiber to the Home [FTTH] halt viel preiswerter zu machen als in der Großstadt. Dort gibt es Fiber to the Curb [Gehsteigkante] oder Fiber to the Premises [Firmengelände], wie es im Rotwelsch der Netzwerker heißt.
"Fiber to the Wirt"
In Blons gibt es "Fiber to the Wirt". "Einer der wichtigsten Aspekte war es natürlich, das Dorfwirtshaus anzubinden", sagt Ganahl mit einem Augenzwinkern.
Das nach dem Blonser Hausberg benannte Gasthaus Falva wird auf einer von vier Fasern pro Anschluss in Duplex mit 100 Mbit/s bis ein Gigabit/s Bandbreite bespielt, wie alle anderen, die bereits angeschlossen sind.
Die Glasfaser-Genossenschaft
Dazu gehören Gemeindeamt, Volksschule, Kindergarten, die Bücherei, eine Ärztin und einige kleine Unternehmen wie etwa Ganahls Firma Teslab. Es ist ein Consulting-Unternehmen, das andere Firmen in Sachen Software-Entwicklung berät.
Um das Glasfasernetz zu finanzieren, hat man sich wiederum auf eine jahrhundertealte Tradition im Kleinen Walsertal besonnen. Neben den alteingesessenen Genossenschaften für Wasser-, Seilbahn- und Güterwege gibt es nun eine solche in Gestalt des Vereins Telekommunikation Blons.
Telefonie und Video-on-Demand
"Das Netz gehört den Mitgliedern der Genossenschaft", sagt Ganahl, neue Dienste würden unter diesen abgestimmt. VoIP-Telefonie werde bereits angeboten, demnächst seien dann Videoservices dran.
Die provisorisch errichteten WLAN-Richtfunkstrecken, die ganz besonders abgelegene Blonser Häuser derzeit versorgen, würden ebenfalls durch Glas ersetzt. Wo ein Kanalanschluss ist, sei auch Glasfaser möglich.
Der Flaschenhals
Die einzige Schwachstelle am Glasfasernetz zu Blons ist die Anbindung nach außen. Vom Preis her sei die Leitung der Telekom Austria wirklich nicht übertrieben teuer, leider stehe bei sechs Mbit/s Download nur ein sehr geringes Datenvolumen im Upstream zur Verfügung, sagt Ganahl.
Einige Dienste, die "vor allem von Jüngeren gerne genutzt werden", seien zum Beispiel damit eingeschränkt.
Bandbreite nach außen
Will heißen: Filesharing betreibt man in Blons besser intern.
Eigentlich hätten die Einwohner einer Kleingemeinde, die ihr eigenes x-Gigabit-Glasfasernetz dort aufgebaut haben, wo es einem großen kommerziellen Anbieter in hundert Jahren nicht einfallen würde, schon gern deutlich mehr Bandbreite nach draußen.
Im Waldviertel
Mit Blons wetteifern zwei weitere Gemeinden aus der ebenfalls recht abgelegenen Region Waldviertel, St. Martin und Großschönau, um den Titel für die Gegend mit der höchsten Glasfaserpenetration pro Haushalt in Österreich.
Dort ist die Anbindung nach außen verglichen mit der internen Bandbreite ebenfalls stark verbesserungswürdig.
Während etwa die Katholische Jugend LAN-Partys über Fiber to the Home betreibt, ist sie mit mageren 384 kbit/s an das Internet angebunden. Ab 384 kbit/s ist Internet-Verkehr - wir schreiben das Jahr 2008 - in Österreich offiziell als "Breitband" definiert.
(futurezone | Erich Moechel)