Kampf um Handykunden wird härter
Vier Tage lang hat sich in Barcelona alles um neue Handys, die passende Technologie dahinter und vor allem Inhalte gedreht: Kundenbindungsprogramme wie Soziale Netzwerke sollen in Zukunft für neue Umsätze sorgen. Die Mobilfunker geraten dabei zunehmend unter Druck.
Rund 55.000 Besucher informierten sich beim Mobile World Congress in Barcelona von Montag bis Donnerstag über neue Möglichkeiten, wie der aktuelle Mobilfunkboom fortgesetzt werden kann.
Die größte Hoffnung setzen die Anbieter dabei in Internet auf dem Handy und die dort bereits erfolgreichen Sozialen Netzwerke beziehungsweise Community-Effekte.
Sie sollen den Datenverkehr auf mobilen Geräten ankurbeln und damit frisches Geld in die Taschen von Mobilfunkern und neuerdings auch den Geräteherstellern selbst spülen: Das iPhone, bei dem sich Apple einen Teil der Mobilfunkumsätze sichert, war erst der Anfang.
Gerätehersteller wollen mitspielen
Statt nur die passenden Geräte wollen die Handyhersteller, allen voran Nokia mit seinem Ovi-Portal, auch die mobilen Services selbst anbieten.
Nokias Spieleplattform N-Gage etwa setzt nicht mehr auf immer neue Handyfunktionen, sondern ist eine mobile Gamer-Community nach Xbox-Live-Prinzip. Statt wie bisher über die Mobilfunker werden Spiele direkt vom Handyhersteller vertrieben und die Kunden durch die Community dahinter fester an Nokia gebunden.
Online goes mobile
Aber auch die Internet-Anbieter wollen am neuen Trend teilhaben: Yahoo und Google setzen nicht nur auf die mobile Suche. Yahoo will mit seinem Portal Go seine erfolgreichen Online-Angebote wie E-Mails, Wetter und Nachrichten mobil machen, Google baut mit Android überhaupt gleich ein eigenes Betriebssystem.
Ein Trend, der den Mobilfunkern naturgemäß gar nicht gefällt, wird doch bei der Sprachtelefonie bereits um jeden Cent gerittert: Sie drohen zu reinen Infrastrukturanbietern zu werden, die aufgrund der neuen Services und der dafür notwendigen Ressourcen auch in immer neue Technologien investieren müssen.
T-Mobile etwa hat Nokias Vorstoß mit dem Online-Portal Ovi bereits scharf kritisiert.
LTE gegen WiMAX
Im Technologiebereich zeichnet sich dabei ein ähnlicher Kampf wie zwischen Blu-ray und HD DVD ab: Mit LTE und WiMAX buhlen auch hier gleich zwei Technologien um den Status als UMTS-Nachfolger, wobei die Mobilfunker zumeist LTE bevorzugen, da dieses auf der oftmals bereits implementierten Technologie UMTS aufbaut. Die PC-Branche, allen voran Intel, setzt hingegen auf WiMAX.
Während LTE derzeit allerdings noch im Teststadium ist, bauen Mobilfunker wie Sprint in den USA und KDDI in Japan bereits an eigenen WiMAX-Netzen. Für Europa erwarten die Mobilfunker, dass sich auf lange Sicht LTE durchsetzen wird.
Den Kunden selbst kann es in diesem Fall fast egal sein, welche Technologie am Ende übrig bleibt: Fest steht, dass auch mobil demnächst deutlich höhere Datenraten zu erwarten sind als bisher. Und wie schon bei WLAN und UMTS werden wohl auch WiMAX und LTE auf Handys und Notebooks gleichermaßen zum Einsatz kommen.
Sowohl mit LTE wie mit WiMAX wurden bereits Durchsätze von "bis zu" 100 Mbit/s vermeldet, laut Nokia soll LTE "bis zu" 173 Mbit/s erreichen.
Personalisierte Werbung
Dem Handynutzer droht dafür von anderer Seite Ungemach: Die neuen Dienste zielen nämlich nicht nur auf zusätzlichen Umsatz ab, die Anbieter wollen damit auch immer mehr über ihre Kunden erfahren, etwa wer mit wem wo und wie Kontakt aufnimmt oder wo sich ein Nutzer gerade aufhält. Was im Netz bereits gang und gäbe ist, erobert nun den Mobilfunk.
Mit Android prescht Google dabei am deutlichsten vor: In Zukunft wird Werbung auf dem täglichen Begleiter Handy eine immer größere Rolle spielen. Beim Vorbeischlendern an einem Geschäft können so etwa dessen Angebote gezielt auf die Handys der Passanten gebracht werden.
Lokalisierungsservices auf dem Handy liefern dabei den genauen Standort, Analysen des Nutzerverhaltens die eigentlichen Interessen. Aufgrund des härter werdenden Wettbewerbs wird sich dabei wohl kaum ein Anbieter den Verlockungen des Geldes bewusst entziehen wollen und können.
(futurezone | Nadja Igler)