Toshiba gibt HD DVD offiziell auf
Der japanische Elektronikkonzern Toshiba hat die Unterstützung für sein hochauflösendes Videoformat HD DVD eingestellt und so den Formatstreit über die DVD-Nachfolge beendet. Damit hat sich das Blu-ray-Format von Sony durchgesetzt.
Toshiba steigt aus dem Geschäft mit HD DVD aus. Das gab der Konzern am Dienstag offiziell bekannt. Man werde HD-DVD-Abspielgeräte und -Rekorder nicht länger entwickeln, herstellen und vermarkten.
Damit wird der von Sony und Panasonic unterstützte Standard Blu-ray Nachfolger der DVD. Blu-ray-Disc und HD DVD sind Formate für Video in hoher Auflösung [High Definition, HD]. Besitzer von Toshiba-HD-DVD-Geräten erhielten weiterhin das volle Kundenservice, teilte Toshiba weiter mit. Toshiba verkaufte nach eigenen Angaben bisher immerhin rund eine Million HD-DVD-Geräte allein am US-Markt.
"Rasche Entscheidung"
"Wir haben die langfristigen Auswirkungen einer Fortsetzung des sogenannten Krieges um das Format der nächsten Generation genau abgewogen und sind zu dem Entschluss gekommen, dass eine rasche Entscheidung am besten dem Markt hilft, sich zu entwickeln", sagte Toshiba-Präsident Atsutoshi Nishida: "Wir hatten keine Chance zu gewinnen."
Auslieferungsstopp Ende März
Toshiba werde die Auslieferungen von HD-DVD-Abspielgeräten und -Rekordern an den Einzelhandel zurückfahren. Ende März 2008 soll das Geschäft mit HD-DVD-Geräten schließlich ganz eingestellt werden.
Im selben Zeitraum wolle man die Produktion von HD-DVD-Laufwerken für PCs und Spielekonsolen einstellen. Toshiba werde aber weiter herkömmliche DVD-Player und -Rekorder vermarkten.
Toshiba plane derzeit nicht, Geräte auf Basis des Blu-ray-Formats zu produzieren, hieß es.
Formatstreit in Zahlen
Die beiden Formate für Videofilme in hoher Auflösung haben sich bisher eher zögerlich auf dem Markt ausgebreitet. Mit dem Sieg von Blu-ray im Formatstreit erwartet die Branche einen Schub.
HD-Player
Zur Zahl der bisher verkauften Geräte beider Formate gibt es keine vollständigen Angaben. Von HD-DVD-Playern wurden allein auf dem US-Markt insgesamt eine Million Geräte verkauft, inklusive der Laufwerke der Microsoft-Spielekonsole Xbox 360. In Europa setzte Haupthersteller Toshiba 100.000 Geräte ab. Weiters sollen 300.000 HD-DVD-Laufwerke in PCs verbaut worden sein.
Der Absatz von Wohnzimmer-Playern des Blu-ray-Formats dürfte etwas darunter liegen. Allerdings haben auch die bisher über zehn Millionen Sony-Spielekonsolen PlayStation 3 Blu-ray-Laufwerke eingebaut.
Titel
Auf dem größten Videomarkt USA wurden bisher knapp 500 Titel auf Blu-ray-Disc und knapp 400 auf HD DVD veröffentlicht. In Japan und Europa sind es deutlich weniger. Nach Brancheninformationen wurden zuletzt etwa drei Viertel der HD-Titel im Blu-ray-Format verkauft.
Todesstoß durch Warner Bros.
Den Todesstoß hatte dem Format wohl die Abkehr des Filmstudios Warner Bros. von der HD DVD versetzt. Die weltweite Nummer eins auf dem Videomarkt gab Anfang Jänner bekannt, ihre Filme künftig im Blu-ray-Format veröffentlichen zu wollen. Das habe Toshibas Entscheidung unvermeidbar gemacht, sagte Nishida: "Es war wirklich bedauerlich, dass Warner Brothers, mit dem wir seit 1991 eine Kapitalallianz haben, plötzlich seine Politik geändert hat."
Er halte das HD-DVD-Format bezüglich der Kosten und der Kompatibilität mit der herkömmlichen DVD zwar immer noch dem Blu-ray-Format für überlegen. Aber man sei zu der Erkenntnis gelangt, dass eine Fortsetzung des Geschäfts die Bilanz belasten würde.
Zuletzt hatten nur noch die Hollywood-Studios Universal, Paramount und DreamWorks das Format unterstützt. Wie die Zusammenarbeit mit den Studios weitergehe, sei noch unklar, sagte Nishida.
Marktbeobachter gehen jedoch davon aus, dass Toshibas Rückzug die Studios von ihren Verpflichtungen gegenüber dem Industrielager entbinden werde.
Vor einigen Tagen kündigten zudem der größte amerikanische Elektronikhändler Best Buy und der führende Online-Videoverleih Netflix an, die HD DVD fallenzulassen.
Bereits am Wochenende hatten sich die Hinweise verdichtet, dass Toshiba den Ausstieg aus dem Geschäft mit HD-DVD-Geräten vorbereitet. Am Montag verzeichneten die Aktien von Toshiba deshalb einen Kurssprung von mehr als fünf Prozent. Auch die Titel von Sony legten zu.
"Gute Nachricht für Verbraucher"
Die Entscheidung von Toshiba sei eine gute Nachricht für Verbraucher, sagte der Analyst Claudio Checchia vom Technologie-Informationsdienst IDC in Singapur. Die Verwirrung der Konsumenten habe so ein Ende und die großen US-Filmstudios würden nun vermutlich mehr Filme auf Blu-ray herausbringen.
Kein Trost sei die Entwicklung dagegen für Konsumenten, die sich bereits einen HD-DVD-Spieler zugelegt hätten. Sie hätten nun "ein sehr teures Gerät", mit dem nur die wenigen bisher erschienenen HD-DVDs sowie herkömmliche DVDs abgespielt werden können, sagte Checchia.
Langwieriger Formatstreit
Der jahrelange Formatstreit zwischen Blu-ray und HD DVD sorgte dafür, dass viele Leute auf einen Einstieg in hochauflösende Videotechnologie verzichteten.
Toshiba gewann für die HD DVD die Unterstützung des Windows-Konzerns Microsoft. Hinter dem Blu-ray-Format stehen Elektronikriesen wie Sony, Philips und Panasonic.
Die Blu-ray-Scheiben haben etwas mehr Kapazität, während die HD DVD günstiger produziert werden konnten. Das HD-DVD-Lager setzte sehr stark auf diesen Kostenvorteil, während bei der Blu-ray Sonys Spielekonsole PlayStation 3 für einen Schub sorgte. Das Gerät hat ein eingebautes Blu-ray-Laufwerk.
Letztlich könnte sich der Formatstreit zwischen Blu-ray und HD DVD jedoch nachträglich als bedeutungslos erweisen. Denn auch der Online-Vertrieb von Filmen gewinnt an Bedeutung - womit auch die Frage nach dem künftigen HD-Medienformat obsolet wäre.
(futurezone | Reuters | dpa | AFP)