Microsoft legt Schnittstellen offen
Microsoft werde ab sofort "Informationen über Technologien mit anderen teilen", sagte Microsoft-Chef Steve Ballmer. Wie von der EU lange gefordert, werden wichtige Software-Schnittstellen offengelegt, um die Kompatibilität mit firmenfremden Systemen zu verbessern.
Microsoft will sich mit einem umfassenden Strategiewechsel für Partner und Wettbewerber öffnen und viele bisher als Betriebsgeheimnisse gehütete Informationen zu Software-Schnittstellen offenlegen.
Auf mehr als 30.000 Seiten sollen im Internet die Application Program Interfaces [API] dokumentiert werden. Mit dem Wissen könnten Drittanbieter ihre Anwendungen so schreiben, dass sie reibungsloser mit Microsoft-Produkten verzahnt werden können.
Keine Klagen gegen Open-Source-Nutzung
Zudem verpflichtete sich das US-Unternehmen, keine Klagen gegen Open-Source-Programmierer anzustrengen, die diese Informationen bei der Entwicklung nutzten.
Dies kündigte Microsoft-Chef Steve Ballmer am Donnerstag in Redmond [US-Bundesstaat Washington] an.
Microsoft kommt damit einer zentralen Forderung der Europäischen Kommission nach, die in der Vergangenheit vergeblich eine entsprechende Öffnung verlangt und hohe Bußgelder gegen das US-Unternehmen verhängt hatte.
Reaktion auf Wettbewerbsverfahren
Beobachter gehen davon aus, dass Microsoft mit Hilfe des angekündigten Strategiewechsels einen Schlussstrich unter verschiedene Wettbewerbsverfahren ziehen möchte.
So hatte zuletzt die Europäische Kommission im Jänner Microsoft mit hohen Bußgeldern gedroht, weil der Softwaregigant die Herausgabe von Schnittstellen-Informationen an Wettbewerber verweigert hatte.
"Technologien mit anderen teilen"
"Diese Bewegungen sehen wir als wichtigen Schritt an. Sie zeigen einen signifikanten Wechsel, wie wir Informationen über unsere Produkte und Technologien mit anderen teilen", sagte Ballmer.
Microsoft habe zwar auch in den vergangenen 33 Jahren mit Kunden und Partnern Informationen ausgetauscht und dabei eine ganze Industrie aufgebaut. "Die heutige Ankündigung steht aber für eine signifikante Erweiterung unserer Transparenz."
Vista, Windows/Exchange/SQL Server
Neben dem Betriebssystem Vista sollen auch die Schnittstellen für Office 2007, Windows Server 2008, Exchange Server 2007 und SQL Server 2008 sowie alle zukünftigen Versionen dieser Produkte dokumentiert werden.
Microsoft war in den vergangenen Jahren von Konkurrenten aber auch verschiedenen Kartellbehörden vorgeworfen worden, Wettbewerber durch geschlossene Dateiformate und eine abwehrende Technologie-Politik zu behindern.
Zuletzt hatte Microsoft bereits Vereinbarungen mit Firmen wie Novell und Turbolinux getroffen, die eine Nutzung von Microsoft-Technologien ermöglichen.
"Interoperabilität ist Schlüssel-Anforderung"
Die angekündigte Öffnung bedeute aber nicht, dass Microsoft seine grundsätzliche Position zum Urheberrecht oder dem Schutz geistigen Eigentums durch Patente aufgeben werde, sagte Microsoft-Justiziar Brad Smith.
Ballmer betonte, Microsoft werde auch in Zukunft bestimmte Betriebsgeheimnisse schützen und vermarkten.
Ray Ozzie, der Chef-Softwarearchitekt von Microsoft meinte, in den großen Unternehmen seien heterogene Systeme inzwischen die Norm. "Daher ist Interoperabilität zwischen Anwendungen und Diensten inzwischen eine Schlüssel-Anforderung."
Red Hat & Co müssen weiter bezahlen
Trotz der neuen Strategie der Offenheit bleibt die kommerzielle Nutzung von Microsoft-Code kostenpflichtig, stellt Microsoft klar. Microsoft werde bei einer kommerziellen Verwendung der geschützten Technologie "die Patente in Protokollen zu industrieüblichen, nicht-diskriminierenden Bedingungen und zu sehr geringen Gebühren" lizenzieren.
(dpa | Reuters)