"Data Retention" heute im EU-Ministerrat
Heute beraten die Innen- und Justizminister der EU-Mitgliedsstaaten über einen viel kritisierten Rahmenbeschluss, der die verbindliche Speicherung der Verkehrsdaten sämtlicher Kommunikationsnetze vorschreibt ["Draft framework decision on the retention of data"].
Davon betroffen sind Festnetz-Telefonate und Handy-Gespräche [auch SMS] genauso wie Internet-Logfiles [WWW, E-Mail, Chat, ICQ etc.], die von den Providern mindestens ein Jahr gespeichert werden sollen. Diese Verpflichtung soll je nach Gutdünken auch auf drei Jahre ausgeweitet werden können, wenn dies im jeweiligen nationalen Interesse ist.
Nach Diplomatenangaben tritt die Mehrheit der EU-Staaten dafür ein, den Unternehmen möglichst einheitliche Vorschriften zu machen, sie rechnen aber noch nicht mit einer schnellen Einigung. Für Österreich nehmen Justizministerin Karin Miklautsch [FPÖ] und Innenminister Ernst Strasser [ÖVP] an den Beratungen teil.
Umstritten ist vor allem, ob die Telekommunikationsunternehmen dazu verpflichtet werden sollen, mehr Daten zu speichern, als sie dies bereits jetzt zu geschäftlichen Zwecken tun.
Weiter Widerstand gegen EU-SpeicherpflichtDie Wirtschaft sagt "nein, danke"
Eine Entschädigung der Firmen für die unvermeidlichen Mehrkosten ist derzeit nicht vorgesehen. Die Daten sollen vor allem für die grenzüberschreitende Strafverfolgung genutzt werden.
In Österreichs IT- und Telekom-Branche stieß der Entwurf rundweg auf Ablehnung.
"Der vorliegende Entwurf erscheint aus datenschutzrechtlicher und kostenrechnerischer Sicht fragwürdig, weshalb wir diesen in seiner Gesamtheit ablehnen", hieß es in einer Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich [WKÖ].
In einem Hearing Ende September äußerten sich Telekoms und Provider-Vereinigungen, Firmen und Datenschutzorgansiation größtenteil negativ zu der geplanten Richtlinie. Befürworter führten den Kampf gegen Terrorismus und Kriminalität im Netz sowie die Bekämpfung von widerrechtlichen Kopien Urheberrechtlich geschützter Werke an.
Kritik an Speicherpflicht für alle LogfilesOffenlegung der Geschäftsgeheimnisse
Kritisiert wird nicht nur die geplante Überwälzung der enormen Kosten auf die Netzbetreiber, sondern auch die unvermeidliche Preiserhöhung zur Finanzierung der neu zu erstellenden Überwachungsarchitektur samt Hochrüstung der Speichersysteme.
Es sei schlicht "kontraproduktiv" seitens der EU, einerseits eine Initiative wie "E-Europe" zu fördern, die auch weniger Vermögenden den Netzzugang erleichtern soll. Während man nämlich andererseits durch solche Pläne die Zugangskosten zwangsläufig hinauftreibe, so Adriane Kaufmann von der Abteilung für Rechtspolitik der WKÖ.
Was die Überwälzung der Kosten auf die IT-Branche angeht, ist man in der Wirtschaftskammer zuversichtlich, dass dies zumindest auf nationaler Ebene nicht halten werde.
Im Falle der totalen Protokollierung aller Kommunikationen würden zwangsäufig auch alle Geschäftsprozesse eines Unternehmens abgebildet, also auch alles, was unter "Geschäftsgeheimnis" fällt. Garantien, dass diese sensiblen Daten beim vorgesehenen grenzüberschreitenden Datenaustausch nicht in falsche Hände fielen, gebe es nicht.
WKÖ gegen Datenspeicherung auf Vorrat