Biometrie-Pässe heute im EU-Parlament
Bei der für heute und morgen anberaumten Plenarsitzung des EU-Parlaments wird auch der "Coelho-Report" auf der Tagesordnung stehen.
Dabei handelt es sich um eine Rahmenrichtlinie der Innen- und Justizminister, die unter anderem die verpflichtende Aufnahme eines Fingerabdrucks zum digitalen Bild im Pass vorsieht.
Im Vorfeld dieser mit einiger Spannung erwarteten Entscheidung wurde der Innenausschuss des Parlaments regelrecht überfahren.
Aus der möglichen Speicherung von Fingerabdrücken auf den neuen Pass-Chips durch einzelne EU-Staaten machte der Ministerrat eine Verpflichtung für alle EU-Mitglieder.
Dann wurden die Fraktionsführer vom Ministerrat durch unverblümte Drohungen, andere Rechte des Parlaments zu blockieren, regelrecht genötigt, den Richtlinienentwurf nicht in den zuständigen Ausschuss zurückzuschicken, sondern im Plenum zur Abstimmung zu bringen.
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Eine Debatte darüber ist für heute voraussichtlich um 11.00 Uhr angesetzt, war aus Brüssel zu erfahren. Auf dem EU-Server war gestern Nachmittag noch nichts Spezifisches zu lesen - die Tagesordnung trug immer noch den Vermerk "Korrigendum" - wird korrigiert. Angesichts der oben geschilderten Begleitumstände dürfte ein interessanter Sitzungs- und Abstimmungsverlauf bevorstehen
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Der Verlauf der Fronten im Parlament
Wie eine Abstimmung ausgehen könnte, ist relativ schwierig abzuschätzen.
Zu erwarten ist, dass sich Liberale und Grüne strikt dagegen aussprechen werden, während die Sozialdemokratische Fraktion in dieser Frage entlang der Ländergrenzen gespalten sein dürfte.
Vor allem unter den deutschen und britischen Sozialdemokraten dürften die Befürworter eindeutig dominieren, anderswo ist eher Ablehnung zu erwarten.
Die Europäische Volkspartei dürfte - von einigen Ausreißern abgesehen - mit großer Mehrheit für Fingerabdrücke stimmen.
Einspruch zurückgezogen
Österreich und Finnland, die "Prüfungsvorbehalte" gegen die
Aufnahme eines zweiten biometrischen Merkmals - also des
Fingerabdrucks neben einem elektronischen Foto - angemeldet hatten,
haben diese letzte Woche zurückgezogen.
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Die Vorbehalte Österreichs
Die Prüfung habe ergeben, dass die Einführung eines Fingerabdrucks "keinen Mehraufwand für den Bürger" darstelle, hieß es aus dem Innenministerium.
Und: Es sei auch noch zu berücksichtigen, dass sich 23 andere EU-Staaten für Fingerabdrücke im Pass ausgesprochen haben.
Die Vorbehalte gegen die Fingerabdrücke gehen freilich weit über die bloße Kostenfrage hinaus.
Die sofortige Einführung kann nur mit dem fotografischen Abbild zweier Fingerabdrücke erfolgen, die nur bedingt maschinell vergleichbar sind. Europaweit sind nämlich noch keine einheitlichen Standards für das Einlesen und Speichern von Fingerprint-Daten definiert.