IT? Der Chef weiß nichts

03.03.2008

Laut einer Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer weiß ein Drittel der österreichischen Unternehmer und Führungskräfte über die Kosten der eigenen Informationstechnologie weder Bescheid, noch trifft man selbst Entscheidungen. Die Kammer findet das "alarmierend".

"Insgesamt sind die Umfrageergebnisse schon alarmierend", sagte Anna Maria Hochhauser Ende vergangener Woche bei der Präsentation der neuesten Umfrage der Wirtschaftskammer vor einem kleinen Publikum von Fachjournalisten.

Zwar würden 91,7 Prozent der Befragten - ausschließlich Führungskräfte österreichischer Unternehmen - der Informationstechnologie eine wichtige Rolle in ihrem Unternehmen zumessen, so die Generalsekretärin der Wirtschaftskammer.

Nur 22 Prozent entscheiden selbst

Sich selbst damit zu befassen, planen freilich die wenigsten, nur etwa ein Viertel der befragten Manager und Geschäftsführer war der Meinung, dass Informationstechnologie Chefsache sei. Noch weniger Führungskräfte, nämlich 22 Prozent, träfen auch tatsächlich selbst Entscheidungen zum Thema IT, so die Studie.

Etwa ein Drittel der Befragten zeigte sich ahnungslos darüber, wie hoch die jährlichen IT-Investitionen des eigenen Unternehmens seien. 40 Prozent wussten keine Antwort auf die Frage, was an laufenden Kosten für den Einsatz von Informationstechnologie entstehe.

Überholte Denkweisen

Als Hauptgrund dafür ortet die WKÖ-Generalsekretärin, dass in den Führungsetagen einer großen Anzahl von österreichischen Unternehmen überholte Denkweisen vorherrschten. IT werde "immer noch zu sehr technisch und nicht strategisch beurteilt".

IT-Entscheidungen bestimmten jedoch über die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunft eines Unternehmens und erforderten daher zuallererst Verantwortung auf Chefebene, sagte Hochhauser.

IT und die Chefetage

Bei der vor wenigen Jahren erfolgten Neustrukturierung der Wirtschaftskammer "haben wir die IT als Stabsstelle in der obersten Ebene angesiedelt - dort, wo die Entscheidungen fallen", sagte Hochhauser.

Und dort gehöre sie auch hin, denn als mittlerweile wesentlicher Bestandteil praktisch aller Geschäftsprozesse sei Informationstechnologie ein strategisches Instrument.

Dramatik und Datenverluste

Nachgerade "dramatisch" seien die Umfrageergebnisse, was Datenverluste betreffe, sagte die WKÖ-Generalsekretärin. 31 Prozent der befragten Führungskräfte gaben an, dass Datenverluste angefallen seien, die ihrem Unternehmen wesentlich geschadet haben.

Die Hälfte davon nannten eine Summe von über 100.000 Euro, 6,5 Prozent mussten mehr als eine halbe Million hinlegen. "Konkurs durch Datenverlust ist kein Einzelfall mehr, da wesentliche Unternehmenswerte heute in elektronischen Daten stecken", so Hochhauser.

Anmerkung

Bei den "Datenverlusten" handelt es sich nicht um Abhandenkommen von Datenträgern, also um Datendiebstahl mit verbundenen Delikten, sondern um Vernichtung geschäftskritischer Daten durch Festplatten-Crashes, Feuer oder Wasser.

Zeitmangel, Know-how

Die mithin beste Nachricht der Untersuchung ist, dass in Bezug auf die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs bei mehr als einem Drittel Klarheit herrscht.

37 Prozent gaben an, dass sich ihr Unternehmen nicht genügend mit Datensicherheit und elektronischen Geschäftsprozessen wie E-Rechnung und automatische Auftragserfassung befasse. Als Hauptgründe dafür wurden "Zeitmangel und fehlendes Know-how" genannt.

Elektronische Rechnungslegung

Dabei würden sich prozessorientierte Investitionen schnell rechnen, sagte Markus Oman, Österreich-Geschäftsführer des internationalen Beratungsunternehmens Deloitte.

Gerade bei Unternehmen, die eine größere Anzahl von Rechnungen ausstellen müssten, lohne sich das.

Die Einsparung von durchschnittlich 2,30 Euro pro elektronische Rechnungslegung bringe die Umstellungskosten rasch wieder herein.

Portokassen-Mentalität

Die noch immer gängige Portokassen-Mentalität nehme - wenn überhaupt - die Kosten für Versand, oder Papier und Druck mit hinein, der Hauptfaktor "Handling" falle unter die Wahrnehmungsschwelle.

Logischerweise steht der "eDay 2008" am Donnerstag unter dem Motto "IT ist Chefsache".

Ziegel und Mörtel

Ebenso logisch ist, dass die Keynote zu diesem jährlichen Großevent der Wirtschaftskammer nicht ein IT-Unternehmer hält, sondern der Vorstandsvorsitzende des österreichischen Baukonzerns Wienerberger, Wolfgang Reithofer.

Am Donnerstag findet zum neunten Mal ein "eDay" der Wirtschaftskammer Österreich statt. Unter dem Motto "IT ist Chefsache" werden in der Wiener Hofburg in vier parallelen Vortragsreihen die anliegenden Themen vorgestellt und diskutiert.

(futurezone | Erich Moechel)