Musikindustrie zeigt wieder Optimismus
Beim jährlichen Branchentreff in Cannes versprüht die Musikindustrie das erste Mal seit Jahren wieder so etwas wie Optimismus.
Trotz zahlreicher Verzögerungen durch die Labels selbst haben sich kostenpflichtige digitale Musikdownloads auf dem Markt durchaus beweisen können. Auch wenn sie bisher nur einen geringen Teil zum Umsatz betragen, so wittert die Musikindustrie doch wieder Morgenluft.
"Wir sind sehr euphorisch", meinte etwa John Kennedy, Chef der International Federation of the Phonographic Industry [IFP]. Er denke nicht, dass die Probleme gelöst seien, doch die Musikindustrie sei in einer besseren Form als im Jahr zuvor.
Trotz der Erholung soll der eingeschlagene Weg der Klagen gegen Tauschbörsen und deren User allerdings weiter geführt werden, denn immer noch werden aus Tauschbörsen mehr Songs herunter geladen, als online gekauft werden.
In den USA und Europa wurden laut IFPI mehr als 200 Millionen Songs aus kostenpflichtigen Musik-Download-Angeboten wie Apples iTunes herunter geladen, gab der Branchenverband diese Woche bekannt, eine Verzehnfachung gegenüber 2003. Die Umsätze machten rund 330 Millionen Dollar aus, ein Prozent des Gesamtumsatzes.
Legale Netzmusik wird immer bekannterWeitere Klagen werden kommen
2005 werde es weitere Klage geben, kündigte Kennedy an. Das lasse zwar bei keinem der Beteiligten ein gutes Gefühl aufkommen, doch es sei notwendig.
"Jeder der behauptet, dass der Krieg gegen Piraterie zu gewinnen ist, ist eine sehr törichte Person." Doch wenn man sich nicht wehre, werde es nur noch schlimmer, so Kennedy weiter. 2004 sind laut Kennedy 7.000 Tauschbörsen-User verklagt worden.
Währenddessen diskutieren die Industrievertreter, wie Online am besten Geld zu verdienen ist. Dabei konkurrieren derzeit zwei Bezahlmodelle, das Abomodell und der einzelne Songdownload auf Bestellung - auch Kombinationen gibt es.
Es sei wichtig verschiedene Möglichkeiten zu testen, meint Dan Sheeran von RealNetworks, das den US-Abo-Dienst Rhapsody betreibt.
Vorzug für Abo-Modell
"Die Abo-Dienste und Abo-Webradios in den USA haben heute schon
vier Millionen Kunden", so Sheeran. "Im Schnitt hören sich unsere
Nutzer für acht bis zehn Dollar im Monat 200 verschiedene Songs an -
wir können damit profitabel arbeiten."
Handytöne lassen Kassen klingeln
Ein Hoffnungsträger sind auch Handy-Klingeltöne. "Wir erwirtschaften mit Klingeltönen schon einem Umsatz im einstelligen Millionen-Euro-Bereich", sagte Unternehmenschef Frank Briegmann der Tageszeitung "Die Welt".
Er gehe davon aus, dass es vom Jahr 2006 an vor allem durch Handytönen und legale Download-Portale mit der Musikbranche wieder bergauf gehen werde.
Für das laufende Jahr erwarte er noch keinen Aufschwung, so Briegmann weiter, Ziel sei es den Umsatz stabil zu halten. Während der deutsche Tonträgermarkt im vergangenen Jahr um vier Prozent schrumpfte, sei der Umsatz bei Universal nur um ein Prozent gesunken.
Zudem sei man bereits deutlich profitabler als 2003: "Alle Bereiche liegen im Plus."
Weitere Themen in Cannes sind der wachsende Markt für Musik in Filmen und Videospielen, das Geschäft mit der Live-Musik sowie die Probleme und Chancen der Independent Labels auf dem zu 80 Prozent von vier Major Labels dominierten Musikmarkt.
Musikindustrie setzt auf Netz und HandyIm Schatten von Apples Erfolg
Über allen Diskussion schwebt der Geist von Steve Jobs und seinem erfolgreichen Musikgeschäft mit iTunes und dem dazugehörigen Player iPod. Vor allem das erfolgreiche Marketing des Herstellers wird wohl auch Gegenstand der Diskussionen sein.
Es gebe einen Coolness-Faktor bei Apple, meint etwa Ted Cohen von EMI. "Apple könnte eine Seife auf dem Markt bringen - und die Leute würden iSeife kaufen."