13.03.2005

TELEKOM-DATEN

Deutschland prescht bei Speicherpflicht vor

Die "Bild am Sonntag" ["BamS"] berichtete, dass Schily und die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries [SPD] bereits mit deutschen Telekom-Unternehmen über die zwölfmonatige Speicherung aller Verbindungsdaten verhandelt haben.

Die Minister wollten zur Vorbereitung eines EU-Rahmenbeschlusses erreichen, dass alle Telefon-, SMS-, E-Mail- und Internet-Daten zentral erfasst würden, so die "BamS".

"Wir sind in der Phase des Besprechens und Bewertens", so ein Sprecher des Justizministeriums am Sonntag zur dpa, ohne konkrete Zusammenkünfte zu bestätigen.

Am Rande der CeBIT bestätigte Schily die Pläne und auch Verhandlungen mit den Telefonunternehmen, die aber "noch nicht am Ende" seien.

Schily weiter: "Wir wissen doch, dass man auch über Kommunikationsdaten schwere Straftaten aufdecken kann." Datenschützer würden in die Verhandlungen mit einbezogen, der Datenschutz werde "nicht ausgehebelt". Alle Daten, die von "unbescholtenen Bürgern" erhoben würden, würden gelöscht.

Die geplante EU-Rahmenrichtlinie läuft unter dem Schlagwort "Data Retention" und widerspricht nach Ansicht aller Datenschutzexperten sowohl nationalen Datenschutzgesetzen wie der EU-Richtlinie zum Datenschutz. Generelle Vorratsspeicherung von Personen bezogenen Daten ist auch in Österreich dezidiert ausgeschlossen.

Gespeichert werden sollen dabei Nummern und Adressen, nicht aber die Inhalte von Gesprächen und E-Mails, so die "BamS".

Deutsche Telekom zeigt Zustimmung

Schily und Zypries haben sich bereits im Februar mit Vertretern des Bundesverbandes der Deutschen Industrie [BDI], unter ihnen der Chef der Deutschen Telekom, Kai-Uwe Ricke, sowie Vertretern des Bundeskriminalamts und deutschen Geheimdiensten getroffen.

Ricke zeigte sich nach Angaben der Zeitung bei dem Treffen bereit, künftig sechs Monate lang Telefonverbindungsdaten speichern zu lassen.

Während Bayerns Innenminister Günther Beckstein [CSU] laut BamS die Datenspeicherung als probates Mittel zur Bekämpfung von Terror und Kriminalität hält, kommt von anderen Seiten Gegenwind.

Pro und Kontra aus allen Lagern

SPD-Telekommunikationsexperte Hubertus Heil meinte zur Zeitung, dass die Datenspeicherung nur die Unternehmen belaste und einen gläsernen Menschen schaffe. Auch Jerzy Montag von den Grünen hält die Datenspeicherung für unausgegoren, teuer und ungeeignet zur Terrorbekämpfung." Wir würden in einem Datenmeer ersaufen, weil kein Computer solche Mengen verarbeiten kann", so Montag.

Die Sprecherin für Datenschutz der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, nannte die Pläne ebenfalls ungeeignet und unangemessen. Die Speicherung ginge vor allem zu Lasten der Bürger, welche die erhöhten Kosten der Telefongesellschaften tragen müssten.

Piltz verwies zudem auf einen Beschluss des deutschen Bundestags vom Februar, in dem sich alle Fraktionen gegen eine weitere Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hätten.

Derzeit ist es laut BamS üblich, die Daten für 90 Tage zu speichern, um Beschwerden über falsche Rechnungen prüfen zu können. Für eine zwölfmonatige Speicherung veranschlage der Bundesverband der deutschen Industrie mindestens 150 Mio. Euro, dazu kommen 50 Mio. Euro zusätzlich für die jährlichen Betriebskosten.

Neues Sicherheitspaket

Laut einem Bericht des "Spiegel" hat Schily zudem eine positive Bilanz der Sicherheitsgesetze gezogen, die die deutsche Regierung nach dem 11. September verabschiedet hat. Weitere Maßnahmen sollen aber folgen.

Die deutschen Sicherheitsbehörden sollen laut Bericht mit ihren Befugnissen "verantwortungsvoll und zurückhaltend" umgegangen sein, die neuen Möglichkeiten hätten einen "deutlich verbesserten Informationsfluss" geschaffen.

Schily fordere nun erleichterten Zugang zu Kontoinformationen und den Abbau bürokratischer Hürden bei Anträgen auf Überwachungsmaßnahmen. Dazu soll ein Sicherheitspaket drei in Vorbereitung sein, so der Spiegel. Dieses soll zudem nicht mehr wie der Vorgänger [auf drei Jahre] befristet werden.

Briten schüren strengeres Paket

Am Freitag hat das britische Parlament nach heftigen Debatten ebenfalls neue Sicherheitsgesetze verabschiedet, das unter anderem Hausarrest für Terrorverdächtige vorsieht. Regierungschef Tony Blair hatte dabei die Möglichkeit einer Änderung der Gesetze nächstes Jahr in Aussicht gestellt.