Microsoft steigt ins Werbegeschäft ein
Wie erwartet hat MS-Chef Steve Ballmer beim "MSN Strategic Account Summit" ein eigenes Angebot für bezahlte Sucheinträge namens adCenter vorgestellt.
Doch Microsofts Pläne sind offenbar noch größer. So hat MSN-Vizechef Yusuf Mehdi angekündigt, dass Microsoft [MS] in Zukunft auch Werbung für E-Mails, Handys und bei Fernsehen übers Internet anbieten will. Ein erster Einstieg dazu soll adCenter sein, die dahinter liegende Technologie soll in Zukunft noch weiter ausgebaut werden.
Vorerst will Microsoft in der nächsten sechs Monaten damit beginnnen, in Frankreich und Singapur adCenter direkt am Kunden zu testen.
Potenzielle Kunden dafür will Microsoft damit locken, dass diese die gesammelten Daten seiner MSN- und Hotmail-User für die Auswahl der passenden Zielgruppe nutzen können.
Die Such-Plattform stellt den Kunden detaillierte Informationen über einen Großteil ihrer User bereit. So sollen Informationen wie Geschlecht, Alter und Wohnort die Werbung punktgenauer machen.
Den ersten Prototyp zeigte Microsoft am Mittwoch auf dem "MSN Strategic Account Summit". Wann adCenter weltweit starten soll, wurde noch nicht bekannt gegeben.
MSN Strategic Account SummitInfos über Wohnort und Alter
Microsoft will seinen Werbekunden bei adCenter zudem auch detaillierte demographische Infos über jene Leute liefern, die auf die Werbung geklickt haben. Dadurch erhöht sich der Nutzen für den Werber, wenn er erfährt, ob auch die richtige Zielgruppe erwischt wurde.
Laut Mehdi sind die bereit gestellten Informationen über Jahre von Hotmail- und MSN-Kunden gesammelt worden, die dann mit bereits bekannten demographischen Details wie dem Durchschnittseinkommen einer bestimmten Region zusammengeführt wurden.
Dabei nutzte MS laut Angaben die IP-Adressen zur Identifizierung. Namen oder andere Angaben, die zur Identifizierung einzelner Personen führen könnten, sollen bei adCenter nicht bekannt gegeben werden.
AdCenter soll zumindest in Frankreich die Links von Yahoo Search Marketing [vormals Overture], Yahoos Service für bezahlte Suchlinks, ergänzen. Noch könne man aber nicht sagen, was nach dem Auslaufen des Vertrags im Juni 2006 passiere, so Mehdi.
Der Markt für bezahlte Sucheinträge soll in diesem Jahr fünf Milliarden Dollar schwer werden und laut den Marktforschern von Jupiter Research bis 2009 auf neun Milliarden Dollar wachsen. Wenn Microsoft, wie von ComScore qSearch ausgewertet, tatsächlich 16 Prozent des gesamten Suchmarktes abdeckt, nimmt der Anbieter 800 Millionen Dollar für bezahlte Sucheinträge ein - einen Teil davon muss Microsoft aber an Yahoo abführen.
Online-Werbung immer zielgenauerKritik der Datenschützer
Mit dem System, dass erwartungsgemäß Kritik von Datenschützern hervorruft, könnte MS bei der Online-Suche durchaus zu den Konkurrenten Google und Yahoo aufschließen, die mit ihren Services bereits seit Jahren auf dem Markt sind.
Für Analyst David Garrity von Caris & Co. sind die detaillierten Profile jedoch verdächtig, und auch so manchen Such-Kunden könnte das Feature abschrecken. "Das riecht sehr stark nach Big Brother", so Garrity.
Chris Hoofnagle vom Electronic Privacy Information Center sieht adCenter als Teil des industrieweiten Trends, persönliche Infos in Werbedollars zu verwandeln. Google etwa scannt bei seinem Mail-Service Gmail den Inhalt, um passende Werbung platzieren zu können, und auch Yahoo nutzt persönliche Infos seines Yahoo-Netzwerks, gibt diese allerdings nicht an Dritte weiter.
In einer ersten Präsentation führte Mehdi vor, wie adCenter funktioniert. Dem Kunden werden dabei genaue Auswertungen zu Keywords geboten [etwa wie oft diese gesucht werden]. Laut MS suchen zum Beispiel Frauen auf MSN öfter nach Basketball als Männer.
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