Stiller Stellenabbau bei der TA

13.03.2008

Die Telekom Austria [TA] kommt nicht zur Ruhe. Nach Informationen, die ORF.at vorliegen, steht dem Festnetzbereich des Unternehmens ein stiller Abbau von bis zu 1.000 Stellen bevor. Die Kontingente von Leasingmitarbeitern sollen überprüft und abbestellt werden. Das erste Kontingent von Leasingmitarbeitern soll bis Mitte Mai gehen. Die TA gibt in einer ersten Reaktion zu, die Verträge von 120 Leiharbeitern nicht verlängert zu haben.

Bereits am 5. März hatte die TA-Führung in einer "Management Board Mail" eine umfassende Restrukturierung des Festnetzbereichs angekündigt.

Nach Informationen von ORF.at sollen mit Mitte Mai die ersten Leasingkräfte aufgrund dieses Konzernumbaus gehen. Die genaue Zahl ist bisher unbekannt, es sollen jedoch rund 1.000 Menschen betroffen sein. Am Donnerstag fanden erste entsprechende Informationsveranstaltungen der TA-Personalabteilung im Unternehmen statt.

Die TA beschäftigt im Festnetzbereich knapp 9.700 Mitarbeiter. Dazu kommen noch um die 1.000 Leiharbeiter. Letztere sollen bei den diversen Leiharbeitsfirmen nicht mehr weiterbestellt werden, also gehen. Die Leasingmitarbeiter tauchen in der Personalstatistik nicht auf, sie werden als Aufwand abgerechnet.

Vorstandsmail an Führungskräfte

"Gestern [am 13. März] ging eine Mail des Vorstands an die Führungskräfte, in der stand, dass alle Leasingmitarbeiter ohne direkten Kundenkontakt abgebaut werden sollten", sagte ein betroffener Mitarbeiter, der ungenannt bleiben möchte, gegenüber ORF.at. In der Mail, die ORF.at in Auszügen vorliegt, heißt es, dass keine Bestellung von Leasingkräften für das zweite Quartal erfolgen und deren Einsatz mit Mitte Mai enden solle.

Die Leasingmitarbeiter seien bei Firmen wie Trenkwalder und Manpower beschäftigt gewesen und hätten zum Teil jahrelang bei der TA gearbeitet. Der Schnitt gehe durch das ganze Unternehmen, die Maßnahme betreffe sowohl das mittlere Management als auch Mitarbeiter im Support. Manpower wollte auf Anfrage von ORF.at keine Stellungnahme abgeben.

In einer ersten Reaktion auf die Anfrage von ORF.at von heute Vormittag gestand die TA zu, "aktuell" die Verträge von "rund 120 Leasingkräften, die nicht im direkten Kundenkontakt stehen", nicht weiter verlängern zu wollen. Diese Stellen, so die TA, würden mit Stammpersonal besetzt, "um Arbeitskapazitäten zu optimieren". Aus weiteren ORF.at vorliegenden Mails geht aber hervor, dass insgesamt nach wie vor die Stellen aller Leiharbeitskräfte auf dem Spiel stehen.

Die TA hatte in der vergangenen Woche 1,5 Milliarden Euro an Börsenwert verloren.

Bei der TA sind die Gewinne im Vorjahr erstmals seit dem Jahr 2000 zurückgegangen. Der Konzern musste seinen Expansionskurs finanzieren und erwartet auch für 2008 einen Gewinnrückgang.

Die Nettoergebnisse 2007 fielen etwas besser aus als von den Börsianern erwartet. Analysten hatten im Durchschnitt mit einem Rückgang um fast 15 Prozent auf 479,9 Mio. Euro gerechnet, beim Umsatz 4,904 Mrd., beim EBITDA 1,869 Mrd. und beim EBIT 746,5 Mio. Euro erwartet.

Die TA erwartet, dass der Umsatz heuer um 5,0 Prozent und das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen [EBITDA] um 3,0 Prozent steigen wird. 2007 haben sich die Umsätze um 3,3 Prozent auf 4,919 Mrd. Euro erhöht.

Das EBITDA ging im Vorjahr um 3,0 Prozent auf 1,855 Mrd. Euro zurück, das Betriebsergebnis [EBIT] sank um 2,0 Prozent auf 761,4 Mio. Euro und der Jahresüberschuss um 12,3 Prozent auf 492,5 Mio. Euro.

"Panikreaktion auf Aktienkurseinbruch"

"Das ist eine Panikreaktion auf den Einbruch des Aktienkurses in der letzten Woche", sagte der Mitarbeiter, der nach eigener Aussage in der vergangenen Woche noch neue Projektaufträge hatte übernehmen müssen. "Die Gewerkschaft hat in einer Mail von letzter Woche noch gesagt, dass sie keinem Abbau von Beamten zustimmen werde, solange die TA noch Leiharbeiter beschäftige", so der Mitarbeiter, der als Projektleiter bei der TA tätig war.

Schon seit langem gebe es einen Aufnahmestopp bei der TA. "Die einzige Chance war, über eine Leiharbeitsfirma reinzukommen und dann nach langer Zeit eine Festanstellung zu ergattern", so der Mitarbeiter.

Vorwurf an die Gewerkschaft

An der zuständigen Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten [GPF] lässt der Mitarbeiter kein gutes Haar: "Das ist eine reine Beamtengewerkschaft."

Die Interessen der nicht verbeamteten TA-Mitarbeiter sieht er vom Betriebsrat nicht vertreten. Es ginge in einem zweiten Schritt darum, einen bisher weitgehend ungenutzten, 500 Beamte umfassenden Mitarbeiterpool dazu zu bewegen, Stellen mit Kundenkontakt zu übernehmen.

"Die dort beschäftigten Leasingkräfte sollen die Beamten einschulen, dann werden auch sie gehen müssen", vermutet der Mitarbeiter. "Erst dann wird die TA auch Beamte abbauen können."

Betriebsrat wehrt sich

Der TA-Betriebsrat wehrt sich gegen diese Vorwürfe. Ihm seien alle Mitarbeiter des Unternehmens wichtig. Allerdings: "Es kann nicht sein, dass die TA fest angestellten Mitarbeitern kündigt, solange sie noch Leiharbeiter beschäftigt", sagte Michael Kolek, Zentralbetriebsratsvorsitzender des TA-Festnetzbereichs, "das entbehrt jeder betriebswirtschaftlichen Logik. Man kann den Mitarbeiterpool für Beamte nur dann auffüllen, wenn es keine Arbeit gibt. Es gibt aber genügend Arbeit."

Kolek vermisst in der TA generell eine Strategie zur Personalentwicklung. "Das Unternehmen entwickelt höchstens Personal weg", sagte er. Kolek glaubt auch nicht, dass alle Leiharbeitskräfte gehen müssten.

Abbau der Kernbelegschaft

Gegenüber ORF.at äußerte ein Mitarbeiter allerdings Befürchtungen, dass der Abbau auch das Kernpersonal der TA-Festnetzsparte betreffen könnte: "Die Personalabteilung hat uns auch mitgeteilt, dass bis Ende des Jahres auch Werkvertragsmitarbeiter bzw. freie Dienstnehmer und in späterer Folge auch Mitarbeiter mit TA-Verträgen betroffen sind."

Im betroffenen Festnetzbereich konnte die TA 2007 ein Betriebsergebnis von 151,2 Millionen Euro einfahren, 30 Prozent mehr als 2006. Auch der Umsatz in diesem Bereich stieg 2007 um 0,6 Prozent. Sorgen macht der TA allerdings der Bereich der klassischen Festnetztelefonie, die zusehends von der Mobilkommunikation abgelöst wird. 2007 ging die Zahl der TA-Festnetzanschlüsse um rund 200.000 auf 2,4 Millionen zurück.

(futurezone | Günter Hack)