Mobiles Linux unter Beobachtung
Linux liegt als Betriebssystem für eine neue Generation von Smartphones stark im Trend. Doch kommerzielle Plattformen wie Googles Android und LiMo werfen auch Fragen etwa nach der Vereinbarkeit von freier Software mit DRM-Systemen in Mobilgeräten auf.
Wie sieht die Free Software Foundation Europe [FSFE] die neuesten Entwicklungen auf dem Markt der Betriebssysteme für Mobilgeräte? ORF.at bat Shane Martin Coughlan um seine Einschätzung zu diesem Thema.
Coughlan ist Koordinator der Freedom Task Force der FSFE, einem Netzwerk von Software- und Rechtsexperten, das unter anderem Verstöße gegen freie Lizenzen ahnden und Unternehmen dabei helfen soll, freie Software zu verstehen und korrekt einzusetzen.
ORF.at: Es gibt derzeit einige Plattformen wie LiMo, Googles Android und OpenMoko, die Linux als Betriebssystem einer neuen Generation von Geräten für mobilen Internet-Zugang etablieren möchten. Wie sieht die FSFE diese Initiativen?
Coughlan: Grundsätzlich ist es eine gute Tendenz, dass freie Software immer besser vom Markt angenommen wird. Diese neuen Plattformen könnten einen neuen Trend auf dem Gebiet der eingebetteten Software für mobile Geräte darstellen. Diese Plattformen und ihre Arbeitsabläufe würden auf freier Software basieren, und ihre Verwaltung wäre allen Interessierten zugänglich.
Auf welchen dieser Plattformen sollten sich Entwickler der Meinung der FSFE nach engagieren?
Coughlan: Wir sprechen nur ungern Empfehlungen für bestimmte Plattformen oder Produkte aus. Unser Ziel ist es, freie Software als Ganzes zu fördern und zu beschützen. Generell wäre es noch zu früh, eine Empfehlung für eine der neuen mobilen Plattformen auszusprechen, die von den verschiedenen Anbietern derzeit entwickelt werden.
Hat die FSFE seitens LiMo und Android schon Verstöße gegen die GPL festgestellt? Die Entwurfspapiere beispielsweise der LiMo Foundation betrachten den auf Linux basierenden Kernel als Teil ihrer Plattform, und bei der Lektüre des LiMo-Dokuments über den Umgang mit "geistigem Eigentum" wird schnell klar, welchen hohen Grad von Komplexität hier die Verknüpfung von freier und proprietärer Software erreicht hat.
Coughlan: Zunächst einmal kann gar nicht oft genug betont werden, dass der Begriff "geistiges Eigentum" irreführend ist. Urheberrechte/Copyrights, Patente und geschützte Handelsmarken sind nicht ein- und dasselbe. Wir sollten sie getrennt betrachten und dabei immer im Hinterkopf haben, dass sie auf verschiedenen Gesetzgebungen beruhen.
Bisher haben wir noch keinen Hinweis darauf erhalten, dass es hier Probleme hinsichtlich Verletzungen von Copyrights, Patenten oder geschützten Handelsmarken gegeben hat. Wir werden aber die weitere Entwicklung der Software-Plattformen für Mobilgeräte in den kommenden Monaten sehr genau beobachten.
Bei LiMo sind in der Middleware auch DRM-Module vorgesehen. Auch wenn der Linux-Kernel selbst nach wie vor unter der GPLv2 veröffentlicht wird: Kann ein DRM-System auf derselben Plattform verwendet werden wie Software, die unter der GPLv3 steht?
Coughlan: Die Idee der freien Software ist grundsätzlich nicht mit dem Konzept vereinbar, die Nutzer durch den Einsatz von DRM zu behindern. Falls die Software eines Geräts die Nutzer mit DRM behindert, dann kann es sich dabei nicht um freie Software handeln.
Wenn eine Software unter der GPLv3 veröffentlicht wird, dann hat der Copyright-Inhaber automatisch auf das Recht verzichtet, "Anti-Umgehungs"-Gesetze anzurufen [wie den Digital Millennium Copyright Act der USA; Anm.], die es den Nutzern verbieten würden, die Software zu verändern. Diese Gesetze, die eine Veränderung "technischer Schutzmaßnahmen" verbieten, können den Nutzer also nicht daran hindern, besagte Software zu verändern.
Das wiederum bedeutet, dass der Copyright-Inhaber seinerseits zwar DRM-Systeme und andere Beschränkungen einbauen kann, der Nutzer aber diese Beschränkungen seinerseits straffrei entfernen darf. Damit kann auch DRM-ähnliche Sicherheitstechnologie eingesetzt werden, wenn der User sie wünscht - wenn sie aber gegen seinen Willen eingesetzt wird, kann er sie entfernen.
(futurezone | Günter Hack)