EU-Filterkonsultation: Die Ergebnisse
EU-Medienkommissarin Viviane Reding wollte von verschiedenen europäischen Interessengruppen wissen, was sie von DRM, Internet-Filtern und den französischen Sperrplänen für Content-Piraten halten. Die Ergebnisse bieten eine gute Übersicht über die Positionen der europäischen Institutionen und Verbände.
Anfang Jänner leitete die EU-Kommission eine öffentliche Konsultation zur Vorbereitung einer Empfehlung über "kreative Inhalte im Online-Binnenmarkt" ein. Die Verfügbarkeit der Inhalte war ebenso Thema der Konsultation wie gebietsübergreifende Lizenzen, Interoperabilität von Systemen digitaler Rechteverwaltung [DRM] sowie die Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen.
Unter dem Punkt "legale Angebote" und Piraterie holte die EU-Kommission auch Meinungen zu Filtermaßnahmen im Internet ein. Auch Standpunkte zu der in Frankreich im vergangenen November zwischen Regierung, Medienindustrie und Internet-Anbietern vereinbarte Sperre von Internet-Anschlüssen für Nutzer, die trotz mehrmaliger Warnung weiterhin Urheberrechtsverletzungen begehen, wurden erhoben.
ISPA gegen Sperre und Filtermaßnahmen
Der Verband österreichischer Internet-Anbieter [ISPA] sprach sich dabei entschieden gegen Filtermaßnahmen im Internet aus. Dies würde den geforderten Rahmen der Verhältnismäßigkeit übertreten, heißt es in der ISPA-Stellungnahme: "Filtern ohne Verletzung der Grundrechte ist nicht möglich."
Auch dem französischen Modell einer Internet-Sperre nach wiederholten Urheberrechtsverletzungen erteilte die ISPA eine klare Absage. Damit werde nicht nur der E-Commerce-Richtline widersprochen, die Provider von der Verpflichtung freispricht, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen.
Das französische Modell widerspreche auch den Zielen der EU-Kommission, die vorsehen, dass das Recht auf Internet-Anschluss gewahrt werden müsse, so die ISPA.
ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger sprach sich bereits im vergangenen November gegenüber ORF.at entschieden gegen eine Internet-Sperre nach Urheberrechtsverletzungen aus: Dadurch würde das Vertrauen in das Netz zerstört, sagte Einzinger damals.
IFPI für Internet-Sperre und Copyright-Filter
Der internationale Verband der Tonträgerindustrie [IFPI] zeigte naturgemäß mehr Sympathien für den französischen Vorschlag, Nutzern bei wiederholten Urheberrechtsverletzungen den Netzzugang zu kappen. Die in Frankreich getroffene Vereinbarung sollte jedoch nach Meinung der IFPI nicht eins zu eins auf EU-Ebene übernommen werden.
Nach Meinung der IFPI sei die Internet-Sperre nach gesetzwidrigem Verhalten ohnedies Teil der Verträge, die viele Provider mit ihren Kunden abgeschlossen haben. Die Provider hätten sich bisher nur geweigert, die Vertragsbedingungen durchzusetzen.
In seiner Stellungnahme empfiehlt der Industrieverband darüber hinaus Sanktionen gegen Provider, die sich weigern, mit der Musikwirtschaft bei der Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen zusammenzuarbeiten. Die IFPI sprach sich auch für den Einsatz von Filtertechnologien im Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen aus. Die IFPI glaube, dass das auch technisch möglich sei, heißt es in der Stellungnahme.
ORF: Französischer Plan wirft Fragen auf
Der ORF hat sich mit einem kurzen Schreiben der Generaldirektion "vollinhaltlich" der Position der European Broadcasting Union [EBU] angeschlossen. Die EBU ist der Dachverband der europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Was die französische Variante von "Three Strikes Out" angeht, so sieht die EBU es als "positives Zeichen", dass sich einige Interessengruppen in Frankreich darauf geeinigt hätten, die Piraterie gemeinsam effizient zu bekämpfen.
Andererseits, so die EBU, werfe die Implementation des französischen Plans eine Menge Fragen auf, etwa im Konsumentenrecht oder was den Datenschutz angehe. Ein solches System müsse außerdem zuverlässig in der Lage sein, illegale von legalen Filesharing-Aktivitäten zu unterscheiden. Es sei auch fraglich, ob ein solches System in der Praxis effizient wäre, da es Alternativen zum Filesharing gebe.
Eine Vereinbarung nach dem französischen Modell würde weiterhin nicht für Internet-Dienstleister außerhalb der EU gelten.
Was die Filtermechanismen angeht, so könnten diese einen Versuch wert sein, aber es würden dieselben Fragen aufkommen wie bei der "französischen Lösung". Spezielles Augenmerk sei darauf zu richten, was passiere, wenn geschütztes Material für nonkommerzielle Zwecke verbreitet werden würde.
Es müsse außerdem sichergestellt werden, dass ein Filtermechanismus nicht in Konflikt mit verfassungsmäßig geschützten Rechten wie Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit gerate.
Verabschiedung noch heuer
Die EU will in den angesprochenen Fragen zu einer möglichst einheitlichen Regelung für alle EU-Staaten kommen.
Diese soll als Empfehlung von EU-Rat und Parlament noch in diesem Jahr verabschiedet werden.