EU kritisiert Übermacht der TA

19.03.2008

Die EU-Kommission hält den Ex-Monopolisten auf dem österreichischen Telekommunikationsmarkt, die Telekom Austria [TA], für zu dominant. Zu diesem Ergebnis kommt der EU-Fortschrittsbericht, der am Mittwoch vorgelegt wurde. Bei der TA wehrt man sich gegen die Vorwürfe, die Aktie stürzte parallel dazu ab.

Im Mobilfunkbereich gebe es zwar starken Wettbewerb und sehr niedrige Tarife, in der Festnetztelefonie sei aber die TA weiter Marktführer und habe ihre Position in einigen Bereichen sogar noch ausgebaut, heißt es darin. Zudem sei Österreich bei fixen Breitbandanschlüssen unter den EU-Schnitt zurückgefallen.

Bei Festnetzanschlüssen hat die Telekom Austria laut EU-Kommission einen Marktanteil von 88,7 Prozent. Bei den ADSL-Breitbandanschlüssen verfüge der Ex-Monopolist über 62 Prozent Marktanteil.

Beschwerden über Ex-Monopolisten

Der Marktanteil der alternativen Anbieter auf dem fixen Breitbandmarkt - inklusive Kabelnetzbetreiber - ist dem Bericht zufolge zwar zwischen Oktober 2006 und Oktober 2007 von 60 auf 62 Prozent gestiegen.

Allerding gebe es immer wieder Beschwerden über Hürden, die die Telekom Austria aufstelle, wenn die Alternativen deren Netzinfrastruktur nützen wollen.

In dem Papier hegt die Kommission auch Zweifel an der Effektivität des Regulators und seinen Instrumenten, insbesondere bei finanziellen Strafmaßnahmen. Ähnliche Bedenken gibt es lediglich in Bulgarien und Estland.

TA wehrt sich

Die Aussagen gingen "völlig an der Realität des österreichischen Marktes vorbei, wehrte man sich am Mittwoch bei der Telekom Austria. Wir können nur den Kopf schütteln", sagte TA-Sprecher Martin Bredl. Die EU-Kommission habe dabei die Konkurrenz zwischen Festnetz und Mobilfunk vernachlässigt. Der österreichische Markt sei weiter entwickelt als alle anderen europäischen Märkte.

"Wer den Markt kennt, weiß, dass das Festnetz hier in weiten Teilen durch das Handy ersetzt worden ist", so Bredl weiter: "Da von Marktdominanz zu sprechen, ist uns völlig fremd." Von einer Remonopolisierung und einem Marktanteil von knapp 89 Prozent könne keine Rede sein.

Auch im Breitband-Internet komme die TA in dieser Betrachtung keineswegs auf 62 Prozent Marktanteil, sondern auf gerade einmal 33 Prozent. 28 Prozent der Breitband-Nutzer nützten bereits mobile Angebote, 26 Prozent Internet via Kabel und 13 Prozent über entbündelte Leitungen alternativer Internet-Betreiber, sagte Bredl. Auch dass Österreich bei der Breitband-Internet-Verbreitung zurückfällt, kann er nicht nachvollziehen

Wo bleibt die Strategie?

Handlungsbedarf ortet die Brüsseler Behörde generell beim Ausbau der Breitbandanschlüsse in Österreich: Wurden 2006 noch 372.000 neue Anschlüsse gelegt, waren es 2007 nur 239.000.

Mit einer Breitbanddurchdringung von 19 Prozent [Oktober 2007] lag Österreich sogar hinter dem EU-Schnitt von zuletzt 20 Prozent [Jänner 2008]. Die österreichische Regierung müsse eine Strategie gegen diesen Trend entwickeln, fordert die Brüsseler Behörde.

Um dieser alarmierenden Entwicklung gegenzusteuern, hat die Bundesregierung jüngst ihre "Internet-Offensive Österreich" präsentiert.

Nach den beiden IKT-Masterplänen [2005 und 2007] ist das nun schon die dritte Regierungsinitiative zur Breitbandförderung. Dabei sind die Initiativen bisher wirkungslos geblieben.

Handynutzung über EU-Schnitt

Insgesamt wurden laut EU-Fortschrittsbericht 2007 in Österreich im Mobilfunkgeschäft 3,69 Mrd. Euro umgesetzt, im Festnetzbereich 2,26 Mrd. Euro. Die Handynutzungsrate lag im Vorjahr bei 113 Prozent und damit über dem EU-Schnitt von 111,8 Prozent.

Insgesamt haben die vier Handynetzbetreiber im Vorjahr rund 427 Mio. Euro investiert. Besonders stark zugelegt hat 2007 das Geschäft mit mobilen Breitbandzugängen über UMTS-Datenkarten, nicht zuletzt wegen der Einführung von niedrigen Pauschaltarifen, so die EU-Kommission.

In Reaktion auf den Brüssler Rüffel und verfehlte Gewinnerwartungen der deutschen Telekom sackte die TA-Aktie um mehr als fünf Prozent bis Mittag ab, nachdem man erst am Montag ebensoviel verloren hatte.

Am Nachmittag zeigte der Kurs leichte Erholung, hielt um 15.00 aber noch immer bei einem Minus von mehr als drei Prozent. Zu Börsenschluss war dann nur noch ein kleines Minus übrig, wie dramatisch die Entwicklung der letzten Wochen verlaufen ist und was sie an Wert vernichtet hat, ist im Dreijahres-Chart deutlich zu sehen.

EU-weit 50 Mrd. Euro Investitionen

In den 27 EU-Staaten insgesamt wurden auf dem Telekommarkt 2007 rund 300 Mrd. Euro umgesetzt, etwa zwei Prozent der gesamten EU-Wirtschaftsleistung und um 1,9 Prozent mehr als im Jahr davor. Der Mobilfunkbereich wuchs um 3,8 Prozent auf 137 Millionen Euro, während der Umsatz auf dem Festnetzmarkt - trotz guter Geschäfte mit Breitband - um fünf Prozent zurückging.

Die Investitionen der Branche lagen, ähnlich wie auf dem US-Markt, bei 50 Mrd. Euro, die Hälfte davon durch neue Anbieter. Die Handygesprächsgebühren gingen 2007 laut dem Bericht um 14 Prozent zurück, zwölf Millionen Kunden wechselten ihren Betreiber.

(futurezone | APA)