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"E-Voting ist eine komplexe Sache"

27.03.2008

Elektronische Wahlen haben in jüngster Zeit immer wieder für heftige Diskussionen gesorgt. ORF.at hat mit Robert Krimmer, dem Gründer des Kompetenzzentrums für elektronische Wahlen und Partizipation, E-Voting.cc, über Voraussetzungen, Anwendungsmöglichkeiten und Sicherheitsaspekte von Internet-Wahlen und über das Verständnis des Internets als öffentlicher Raum gesprochen.

ORF.at: Was spricht eigentlich dafür, Wahlen via Internet zuzulassen?

Krimmer: Die eigentliche Frage ist, ob die Wähler mit den bisherigen Möglichkeiten erreicht werden. Erst wenn das nicht der Fall ist, ist es sinnvoll, auch andere Verfahren zu überlegen.

Die Einführung der Briefwahl war etwa nur deshalb sinnvoll, weil dadurch Wähler erreicht werden konnten, die sonst nicht an der Wahl teilgenommen hätten, nämlich die Auslandsbürger und Bürger, die sehr mobil sind.

Wir leben in einer globalisierten Welt, in der immer mehr Menschen mobil sind. Wir leben nicht mehr 30 Jahre am selben Ort. Wir wandern und ziehen herum. Wir fühlen uns aber immer noch unserer Nationalität zugehörig und wollen auch wählen können. Wir können ja auch über die neuen Medien am gesamten Willensbildungsprozess teilhaben.

Internet-Wahlen sollen nicht die traditionelle Papierwahl ersetzen, sondern Möglichkeiten bieten, die es bei der Papierwahl nicht gibt. Internet-Wahlen unterstützen die Mobilität und schaffen Möglichkeiten, das gesamte Elektorat besser in den Wahlprozess zu integrieren.

Die Internet-Wahl ist auch eine Anpassung an die Lebensrealitäten. In der Schweiz wird E-Voting etwa auch deshalb vorangetrieben, weil sie sagen: Wir haben einen Servicegedanken. Wir kommen dem Bürger in vielen Belangen des Lebens mittlerweile ins Wohnzimmer - bei Anmeldungen oder Steuererklärungen. Im Prinzip kommt der Staat immer mehr zum Bürger. Die Internet-Wahl ist auch die logische Konsequenz der Veränderung der Perspektive vom Staat zum Bürger.

Zur Person:

Krimmer, der an der Wirtschaftsuniversität Wien studierte, beschäftigt sich seit Ende der 1990er Jahre mit dem Thema elektronische Wahlen. Damals verbrachte er ein Auslandssemester in New York und vermisste die Möglichkeit der elektronischen Teilnahme an den Wahlen in der Heimat.

"Ich hab mir gedacht: Wenn man über das Internet einkaufen kann, wieso kann ich dann nicht über das Internet wählen", sagt er zu ORF.at: "Das hat mich dann nicht mehr losgelassen." In der Studentenvertretung an der WU setzte sich Krimmer daraufhin für die Möglichkeit elektronischer Wahlen ein und war in der Folge auch als Berater des Europarats und als Wahlbeobachter bei zahlreichen elektronischen Wahlen, unter anderem in Estland, Venezuela, den Niederlanden, der Schweiz, den USA und Russland, tätig.

Gemeinsam mit dem von ihm gegründeten E-Voting-Kompetenzzentrum E-Voting.cc veranstaltet Krimmer seit 2004 in Bregenz die EVote, eine internationale Konferenz zum elektronischen Wählen, die heuer von 6. bis 8. August zum dritten Mal stattfindet. Dort soll auch das Siegerprojekt der E-Voting-Competition gekürt werden. Der heuer erstmals von E-Voting.cc und der Internet Privatstiftung Austria [IPA] veranstaltete Wettbewerb sucht die besten Lösungen zur Stimmabgabe im Internet.

ORF.at: Zentrale Punkte bei der Internet-Wahl sind die Gewährleistung der Anonymität bei gleichzeitiger Identifizierbarkeit der Teilnehmer. Kann das überhaupt adäquat technisch umgesetzt werden?

Krimmer: Dazu gibt es im Wesentlichen drei Verfahren, die sich für Internet-Wahlen etabliert haben. Die lassen sich daran aufschlüsseln, wo die Geheimheit hergestellt wird.

Es gibt Verfahren, die die Anonymität vor dem Wahltag mit anonymen Tokens herstellen. Solche Verfahren sind etwa bei den Auslandsbürgerwahlen in Holland 2004 und 2006 angewandt worden.

Es gibt auch Verfahren, die Anonymität nach dem Wahltag herstellen. Ein solches Verfahren, bei dem elektronische Signaturen verwendet werden, kam 2007 in Estland bei der Nationalratswahl zum Einsatz.

Und es gibt Verfahren, die die Anonymität am Wahltag selbst herstellen. Dabei hat man es mit dem höchsten Grad an Komplexität zu tun, weil man beide Prozesse zusammen hat. Dabei kommen so genannte blinde Signaturen zum Einsatz.

ORF.at: Wie kann ich wissen, dass meine Stimme gezählt wurde?

Krimmer: Weiß ich das beim Papierverfahren? Im Papierverfahren wird das Vertrauen so hergestellt, dass die Wahlkommission das für mich sicherstellt. Überprüfen kann ich es nicht. Bei der Internet-Wahl spielen Überprüfungsmöglichkeiten jedoch eine Rolle. Solche Überprüfungsverfahren basieren auf Kryptografie. Ich teile meine Stimmzettel, so dass ich zwei Teile habe, die kryptografisch miteinander zusammen hängen, die aber nur Teile von Information darstellen.

Wie kann ich die Verifikation vornehmen? Ich könnte in solchen Internet-Verfahren dem Wähler eine Quittung mitgeben. Das heißt, einen Teil der Information, die, alleine für sich gestellt, noch keine Information darüber gibt, was oder wen ich gewählt habe. Besitze ich die Information, kann ich aus dem Netz den zweiten Teil des Stimmzettels dazuholen. Und könnte für mich sehen, dass die richtige Stimme abgegeben wurde.

Gibt es noch eine dritten Teil, den nur ich als Wähler habe, könnte ich damit auch sicherstellen, dass die Stimme so gezählt wurde, wie ich sie abgegeben habe, ohne dass ich einem Dritten beweisen kann, was ich gewählt habe.

ORF.at: Das ist wegen der Wählerbeeinflussung wichtig?

Krimmer: Wir haben bei Online-Wahlen das Problem der positiven und negativen Wählerbeeinflussung. Bei der einen hat der Wähler was davon, bei der anderen hat er ein Problem - etwa Wahlzwang über ein Familienmitglied. Positiv heißt, dass ich ein Anreizsystem gebe: Etwa, wenn du eine bestimmte Partei wählst, dann gebe ich dir dafür Geld.

ORF.at: Wann ist der Einsatz von elektronischen Wahlmaschinen sinnvoll?

Krimmer: Zum Beispiel dann, wenn ich komplexe Auszählungsverfahren habe, die ich ohne technische Unterstützung nicht realisieren kann. Man denke etwa an Los Angeles, wo zehn Millionen Wähler sind und jeder macht zwanzig Wahlentscheidungen - da wird vom Sheriff bis hin zum Schulbezirkspräsidenten alles gewählt. Dort kann das Sinn machen.

In Österreich, wo man nur eine Entscheidung treffen muss - nämlich ob man Partei A, B, C oder D wählt - halte ich Wahlmaschinen nicht für notwendig.

ORF.at: Wie sieht es mit der Sicherheit der Systeme aus?

Krimmer: Wahlen sind immer eine Abwägung von Interessen. Kenneth Arrow, ein bekannter Sozialwissenschaftler und Mathematiker, hat mit seinem Arrow-Theorem in den 50er Jahren bewiesen, dass Wahlrechtsgrundsätze nicht einhaltbar sind. Und zwar kann nicht jeder einzelne Parameter zu hundert Prozent, sondern nur zu Teilen erfüllt werden.

Es gibt keine hundertprozentig sicheren Wahlen. Es gibt nur relativ sichere Wahlen. Etwa zu 99 Prozent, wobei ich eben Abwägungen treffe zwischen der Anonymität, der Identifikation, der Verifikation und anderen Parametern, die man gewährleisten will.

Wenn ich möchte, dass der Wähler in der Lage ist, nachzuprüfen, ob die Stimme richtig gezählt wurde, dann geh ich die Gefahr ein, dass dadurch Stimmenkauf ermöglicht wird. Es gibt kein perfektes Verfahren.

Die technischen Systeme sind immer nur ein Faktor von vielen. Das richtige Wahlverfahren auszuwählen, hängt auch damit zusammen, dass man weiss was gefordert ist. Was erfordert die soziale Kultur eines Landes, um Wahlen zu realisieren? Deswegen schaut jedes Wahlverfahren in jedem Land anders aus.

Wahlen in Deutschland haben einen komplett anderen Kontext wie Wahlen in Österreich. Wir haben zwar eine sehr ähnliche Gesetzgebung, Verfassungsgrundsätze sind fast ident, Wahlen schauen aber komplett anders aus. In Deutschland gibt es die Möglichkeit direkt in einem Stimmkreis den Mandatar zu bestimmen und dann aber trotzdem noch ein Listenwahlrecht hat. Wir haben nur unser Listenwahlrecht. Die Amerikaner haben ihr Majoritätswahlrecht. Wahlen haben immer mit dem sozialen Kontext zu tun, in dem sie stattfinden.

ORF.at: Bei elektronischen Wahlen wurden zuletzt von Aktivisten und Hackern immer wieder Schwachstellen in den Systemen offengelegt.

Krimmer: Hacker sind extrem wichtig. Weil sie als ein Verständnis für Gefahrenpotenziale haben. Man muss ihnen aber auch begreifbar machen, dass sie nicht die alleinige Wahrheit gepachtet haben.

Wahlen sind zu allererst ein gemeinschaftlicher Prozess, an dem viele verschiedene Personen mitwirken. Das muss auch entsprechend realisiert werden. Viele Schwachstellen, die von Hackern herausgefunden werden, sind rein hypothetisch und sind in der Realität in einem Wahlprozess nicht umsetzbar. Viele Dinge sind hingegen umsetzbar, aber die kann man adressieren.

Avi Rubin, der die Diebold-Wahlmaschinen gehackt hat, hat gesagt, dass er durch den Wahlbeisitz viel darüber gelernt hat, was realistisch möglich sei. Und das ist etwas, dass man die Leute immer fragen muss, wenn sie E-Voting kritisieren: Habt ihr schon einmal selbst Wahlen organisiert?

Wenn man Internet-Wahlen sinnvoll einführt, glaube ich, dass sie einen Mehrwert für die Demokratie bringen. Es gibt aber sehr wohl Gefahren. Um diese anzusprechen und die Dinge weiterzuentwickeln, braucht man die Sichtweise der Aktivisten. Der Dialog ist für mich das Wesentliche. Der fehlt mir bei der gesamten E-Voting-Debatte jedoch sehr stark.

ORF.at: Internet-Wahlen setzen auch das Verständnis des Internets als öffentlicher Raum - als Erweiterung des öffentlichen Raums - und nicht bloß als Mediensystem voraus. Sehen Sie das Internet als Erweiterung der Polis?

Krimmer: Das Internet ist definitiv eine Erweiterung der Polis, weil sich die Sphäre, in der ich mich politisch aktiv zeige, verändert hat.

Ich sehe auch die Notwendigkeit, diesen öffentlichen Raum für Entscheidungsprozesse zu öffnen. Internet-Petitionen, wie etwa die "Hundstrümmerl-Petition", bei der rund 100.000 Leute mitgemacht haben, sind nur der erste Schritt.

ORF.at: Sieht das auch die Politik so? Der französische Präsident Nicolas Sarkozy will etwa Leuten, die wiederholt Urheberrechtsverletzungen begehen, den Zugang kappen?

Krimmer: Ich finde so etwas sehr bedenklich. Gerade wenn ich das Internet als Diskussionsraum begreife, kann ich dem nicht solche Einschränkungen auferlegen. Offenbar haben manche Leute nicht wirklich verstanden, worum es geht.

ORF.at: Schwindet durch die zunehmenden staatlichen Möglichkeiten der Überwachung, etwa bei der Vorratsdatenspeicherung und der Online-Durchsuchung, nicht auch das Vertrauen in das Netz?

Krimmer: In Österreich gibt es ein Riesenproblem, das daraus besteht, das ein Innenminister sich gleichzeitig die Internet-Wahl vorstellen kann und die verdeckte Online-Durchsuchung forcieren will. Einen größeren Humbug kann es nicht geben. Ich kann nicht auf der einen Seite sagen, liebe Leute, ihr sollt über das Internet wählen, und gleichzeitig schaffe ich die Möglichkeit der verdeckten Online-Durchsuchung, mit der ich die Bürger dann überwachen kann.

Der Verfassungsgesetzgeber muss dem einen Riegel vorschieben. Solche Instrumente sollten etwa nicht zur Erfassung von Wahldaten herangezogen werden dürfen. Die Geheimhaltung von Wahlentscheidungen sicherzustellen ist im Internet schwierig genug. Aber mit den staatlichen Überwachungsmaßnahmen, auch der Vorratsdatenspeicherung, wird das immer schwieriger.

Das ist auch insofern ein Problem, weil Internet-Wahlen erst am Anfang stehen. Wir haben eine Studie durchgeführt, im Rahmen derer wir uns 150 Internet-Wahlen in der ganzen Welt angesehen haben. Rund 80 Prozent dieser Wahlen hatten nicht mehr als 3.000 Wähler. Wir sind von der Realität, das wirklich für eine breite Masse durchzuführen, noch weit entfernt. Gleichzeitig haben wir Einschränkungen im Internet, die Online-Wahlen schwieriger machen.

ORF.at: 2009 soll bei der ÖH-Wahl die elektronische Stimmabgabe in Österreich erstmals bei einer politischen Wahl zum Einsatz kommen.

Krimmer: Wir konnten das Ministerium und das Parlament so weit überzeugen, dass im Hochschülerschaftsgesetz im Februar 2001 E-Voting als Möglichkeit verankert wurde. Seit 2001 besteht damit in Österreich die Möglichkeit, elektronisch zu wählen - zumindest bei der Hochschülerschaft und bei der Wirtschaftskammer. Das ist der Status Quo, den wir bis heute haben.

Was die ÖH-Wahl angeht, so haben wir schon relativ viele Erfahrungen gesammelt. Der Diskussionsprozess hat bereits im Jahr 2000 begonnen, da sind sehr viele Konzepte eingeflossen. Die Wahlberechtigten sind auch Personen, die sich sehr gut mit elektronischen Medien auskennen. Die Medienkompetenz ist vorhanden. Es gibt sehr viele Online-Kurse und elektroinsche Unterstützung zu Lehrveranstaltungen.

Internet-Wahlen sind im Bereich der ÖH sowohl technisch und politisch als auch rechtlich und gesellschaftlich realisierbar. Ich halte sie für das richtige Studienobjekt, um dort Studierende, die die Möglichkeit der Online-Wahl aufgrund ihrer Lebensrealität benötigen, in den Wahlprozess zu integrieren. Zwei Drittel der Studierenden im fortgeschrittenen Studienabschnitt sind berufstätig und daher selten an der Universität anwesend. Die Zugänglichkeit zur Wahl ist hier ein ganz wichtiges Argument.

Die Studentenvertreter hatten sich zuletzt dagegen verwehrt, als "Versuchskaninchen" für E-Voting herhalten zu müssen. Für Krimmer ist klar, "dass so etwas nicht ohne Kritik abgeht."

ORF.at: Die Wiener ÖVP hat sich vor kurzem dafür starkgemacht, bereits bei der Gemeinderatswahl 2010 E-Voting einzusetzen. Halten Sie das für sinnvoll?

Krimmer: Ich halte das für viel zu früh. Wir werden 2009 die ÖH-Wahlen haben. Es ist der politische Wille da. Auch das System wird in Kürze da sein. Da läuft derzeit der Ausschreibungsprozess.

Danach muss man die Wahlen ordentlich evaluieren.Was in anderen Bereichen passiert, hängt massiv von den Erfahrungen ab, die dort passieren. Jetzt schon eine Internet-Wahl in Wien zu fordern, ist zu früh. Wir sind da in Österreich erst am Anfang. Es sind noch viele Wissenslücken vorhanden.

E-Voting.cc bietet am 26. und 27. Mai an der Donau Universität Krems ein Ausbildungsseminar für E-Voting an.

ORF.at: Warum setzen Parteien, die sich das E-Voting auf die Fahnen schreiben, Internet-Wahlen eigentlich nicht bei internen Abstimmungen ein?

Krimmer: Parteiinterne Demokratie ist etwas, wofür österreichische Parteien nicht wirklich berühmt sind. E-Voting in der parteiinternen Abstimmung zu verwenden wäre ideal. Ich glaube jedoch nicht, dass das in Österreich passieren wird.

In Deutschland gab es immer wieder virtuelle Parteitage, etwa von den Grünen 2002 und 2003. Dort wurde ein E-Voting eingesetzt. Aber das war auch nur ein Experiment. Die Grünen haben damit keine positiven Erfahrungen gemacht.

Auch die US-Demokraten setzen E-Voting für ihre Vorwahlen [Primaries] ein, um die Auslandsamerikaner dafür zu begeistern. Das ist auch der Trend weltweit. Es geht darum, die Auslandsbürger für den Wahlprozess zu engagieren. Da erkennen die Leute wirklich einen Mehrwert.

ORF.at: Sie beobachten seit Jahren elektronische Wahlen. Wird durch Internet-Wahlen eigentlich die Wahlbeteiligung erhöht?

Krimmer: Es gibt derzeit keine Bestätigung der These, dass Online-Wahlen die Wahlbeteiligung heben. Aber es deutet viel darauf hin, dass die Wahlbeteiligung durch Online-Wahlen gehalten wird.

ORF.at: Wie steht es mit den Kosten elektronischer Wahlen?

Krimmer: Wenn geklärt wurde, dass elektronische Wahlen sinnvoll sind - das ist die Grundvoraussetzung - dann müssen wir auch über die Kosten nachdenken. Nehmen wir die Briefwahl. In Österreich wurde die Briefwahl eingeführt, weil damit auch Leuten, die mobil sind und am Wahltag nicht an ihrem Heimatort sind, die Stimmabgabe ermöglicht werden sollte. Die einzelne Stimme ist aber teurer. Weil in Österreich der Wahlprozess sehr günstig organisiert ist. Es sind Mitarbeiter aus den Gemeinden dabei, Lehrer, Parteimitglieder und so weiter.

Bei Internet-Wahlen ist es, wie bei jedem E-Government-Projekt. Am Anfang habe ich Startkosten, weil ich die Computer anschaffen und das Projekt aufsetzen muss. Da habe ich schon einen Kostennachteil zum herkömmlichen Wahlprozess, der ja schon organisiert ist. Die Kosten werden am Anfang sehr hoch sein, weil wir ja nur eine relativ kleine Anzahl an Wählern erwarten.

Die Transaktionskosten im Papierwahlprozess bleiben gleich. Im elektronischen Wahlprozess werden sich hingegen niedriger. Kurzfristig verursachen Internet-Wahlen höhere Kosten. Langfristig kann man von niedrigeren Kosten ausgehen.

ORF.at: E-Voting kommt ja nicht nur bei politischen Wahlen zum Einsatz. Es wird auch von Vereinen und anderen Gemeinschaften genutzt.

Krimmer: In Großbritannien soll E-Voting etwa auch zur Festlegung der Aufstellung eines Fußballvereins zur Anwendung kommen. Da haben Fans einen Fußballverein gekauft und sie wollten auch über E-Voting die Aufstellung bestimmen. Das wäre ja vielleicht auch für unsere Nationalmannschaft nicht so schlecht. Ebenso wie bei politischen Wahlen müsste aber auch hier zunächst das Elektorat festgelegt werden. Wenn wir das haben, könnte man sich Gedanken darüber machen, wie das geheim abgewickelt werden kann.

Auch in Deutschland kommt die elektronische Stimmabgabe häufig bei Vereinen zum Einsatz. Die deutsche Gesellschaft für Informatik, das Pendant zur Österreichischen Computergesellschaft, hat ein Tool entwickelt, mit dem die einzelnen Fachgruppen heute schon ihre Abstimmungen intern elektronisch abwickeln können. Auch der Präsident und der Vorstand der Gesellschaft für Informatik werden elektronisch gewählt. Zwar kann man auch per Briefwahl abstimmen, das nehmen aber nur rund drei Prozent der Wähler in Anspruch.

E-Voting ist aber nicht das, was die Ö3-Homepage macht, indem sie das Ballkleid von Claudia Stöckl auswählen lässt. Da kann jeder mehr als einmal teilnehmen. Das ist nicht E-Voting. Diese Ansicht herrscht aber bei den Leuten vor. E-Voting ist aber wesentlich mehr. Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten für E-Voting. Wir müssen den Leuten aber erst einmal kommunizieren, dass Internet-Wahlen eine komplexe Sache sind.

(futurezone | Patrick Dax | Günter Hack)