Sony-BMG-Boss für "Three Strikes Out"
Deutschland soll Sarkozy-Plan folgen
Der Deutschland-Chef des Musikriesen Sony BMG, Edgar Berger, hat sich für "eine Art Flensburg-Kartei für Internet-Sünder" ausgesprochen. In Flensburg wird die zentrale Verkehrssünderdatei der Bundesrepublik verwaltet, in der Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung mit einem Punktesystem bewertet werden. Wer zu viele solcher Punkte sammelt, dem wird der Führerschein entweder vorübergehend oder endgültig entzogen.
Wiederholungstätern, die illegal Musik aus dem Netz herunterladen, sollte zeitweise der Zugang zum Internet gesperrt werden, sagte der Manager der "WirtschaftsWoche". Ein ähnlicher Ansatz werde in Frankreich verfolgt. "Das ist für viele eine sehr hohe Strafe." Umfragen zeigten, dass 70 Prozent der Nutzer nach einer ersten Verwarnung damit aufhören würden. Berger: "Ich wünsche mir das Modell deshalb für Deutschland. Und wir bekommen positive Signale aus der Politik."
"Entertainment-Company"
Dem Deutschland-Chef von Sony BMG zufolge "denken auch 81 Prozent der Deutschen, dass rechtliche Schritte die Piraterie verringern oder stoppen". Nach Bergers Einschätzung kann mit solchen Ansätzen und kundenfreundlichen legalen Angeboten "in zwei bis drei Jahren das Gröbste überstanden sein und das Geschäft wieder wachsen". Erste Anzeichen dafür gebe es bei Sony BMG. "2007 haben wir in Deutschland das beste Ergebnis seit 2000 erarbeitet, in einem Markt, der seitdem um 40 Prozent geschrumpft ist", so Berger.
Grund sei auch der Wandel des Unternehmens von einer reinen Plattenfirma zur "Entertainment-Company". "Wir wollen bei Tonaufnahmen, Musikverlagseinnahmen, Live-Auftritten, Merchandising und Werbeeinnahmen mitverdienen. Schon dieses Jahr verkaufen wir 600.000 Tickets." 2009 werde Sony BMG in Deutschland voraussichtlich 30 Prozent des Umsatzes außerhalb des klassischen Musiktonträgers machen. "In fünf Jahren soll es die Hälfte sein", sagte Berger.
Die französische Regierung unter Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat angekündigt, eine Behörde einzurichten, die Internet-Nutzern nach dreimaligem unerlaubtem Download urheberrechtlich geschützten Materials den Zugang zum Internet sperren soll ["Three Strikes Out"]. Wie das Vorhaben genau umgesetzt werden soll, ist noch nicht bekannt.
Pech mit Rootkits
Bei einer Konsultation der EU-Kommission zum Thema Internet-Filter und dem französischen Modell der "Three Strikes Out"-Strafe, deren Ergebnisse am Dienstag von der EU publiziert wurden, sprach sich auch die Musikindustrie-Dachorganisation IFPI für Filter und Internet-Sperren aus, riet aber davon ab, das französische Modell auf EU-Ebene zu implementieren. Der österreichische Provider-Verband ISPA sprach sich in seiner Stellungnahme vehement gegen Filtermaßnahmen und Sperren aus. Auch in Japan soll "Three Strikes Out" implementiert werden, in Großbritannien will die Regierung das tun, falls sich Provider und Medienkonzerne nicht selbst auf eine Abmachung einigen können.
Sony BMG hat schon in der Vergangenheit keine glückliche Hand mit Maßnahmen gegen seine Kundschaft bewiesen. Der Konzern hatte von Jänner bis November 2005 in den USA rund 12,6 Millionen Musik-CDs verkauft, die auf den Rechnern ihrer Nutzer unbemerkt Spionagesoftware installierten. Angreifer konnten die Rootkit-Funktionen des Kopierschutzes zudem zum Einschleusen von Computerviren benutzen. Versuche, die Digital-Rights-Management-Systeme [DRM] XCP und MediaMax zu entfernen, führten vereinzelt auch zu Computerschäden.
(dpa | futurezone)