WKO Wien bietet SPG-Rechtsberatung
Die Wirtschaftskammer will einen Beratungsdienst einrichten, der Unternehmen beim Umgang mit Polizeianfragen unterstützen soll.
Die Wirtschaftskammer [WKO] Wien und ihr Fachverband für Unternehmensberatung und IT [UBIT] haben am Mittwoch auf einer Diskussionsveranstaltung in Wien angekündigt, ihren Mitgliedern einen speziellen Rechtsberatungsdienst anzubieten, der Unsicherheiten bei Anfragen der Polizei nach dem novellierten Sicherheitspolizeigesetz [SPG] ausräumen soll. Trotz Einladung der WKO war kein Vertreter des Innenministeriums oder der Regierungskoalition erschienen, der für die SPG-Novelle öffentlich hätte Partei nehmen wollen oder können.
Das neue SPG erlaubt der Polizei, bei Vorliegen von ihr selbst definierten Gefahrensituationen ohne richterlichen Beschluss Handystandortdaten und IP-Adressen abzufragen.
Laut Martin Prager, dem stellvertretenden Obmann des UBIT Wien, betrifft das SPG aber nicht nur die Provider, sondern jeden Anbieter gemäß E-Commerce-Gesetz, der eine Website zu gewerblichen Zwecken unterhält. Die Polizei könne sich auch für Informationen interessieren, die in Webformulare eingegeben worden seien, beispielsweise in Foren.
Berechtigte Anfragen
Da viele der kleineren Anbieter nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügten und daher nicht in der Lage seien, die Rechtmäßigkeit einer polizeilichen Abfrage zu prüfen, habe sich der UBIT Wien dazu entschlossen, seinen Mitgliedern eine Rechtsberatung anzubieten. Der Wiener UBIT hat außerdem einen Rechtshilfefonds eingerichtet.
Nach einem Erlass des Innenministers, der laut Aussagen von Prager und dem ebenfalls anwesenden ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger den Providern immer noch nicht vorliegt, dürfen die SPG-Abfragen nur mittels eines bestimmten Formulars von insgesamt 13 bestimmten Polizeidienststellen aus durchgeführt werden.
Dabei handelt es sich in Wien um die Landesleitzentrale, in den anderen Bundesländern sind die Dauerdienste der Landeskriminalämter zuständig. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung [BVT], das Bundeskriminalamt [BK] und das mittlerweile umstrukturierte Büro für Interne Angelegenheiten [BIA] gehören zu den Stellen, die Auskunft verlangen dürfen.
Sowohl Prager als auch Einzinger kritisierten, dass das Innenministerium den Erlass zum Umgang mit SPG-Abfragen immer noch nicht den betroffenen Providern übermittelt habe.
Martin Prager [UBIT], Christian Jeitler [quintessenz]
==Die Prüfung==
Laut ISPA-Chef Einzinger ist es bereits vorgekommen, dass Polizisten bei einem seiner Mitglieder Daten zu einem Fall abfragen wollten, der bereits ein dreiviertel Jahr zurücklag. Offenbar herrsche bei der Polizei selbst Unklarheit darüber, welche Befugnisse ihr nun laut SPG zukämen.
Der UBIT empfiehlt seinen Mitgliedern unter anderem deshalb, bei einer Anfrage zuerst deren Authentizität zu prüfen. Diese müsse über ein spezielles Formular erfolgen, von dem ein Muster beim UBIT abrufbar sei. Christian Jeitler von der Bürgerrechtsorganisation quintessenz wies darauf hin, dass es einfach sei, Faxkennungen zu fälschen. Folglich sollten die Unternehmen bei der zuständigen Polizeidienststelle prüfen, ob die Anfrage wirklich von dort komme.
Falls Formular und Anfrage authentisch seien, sollten die Mitglieder diese zur Prüfung an das Fachgruppenbüro des UBIT weiterleiten, dieser werde die Anfrage innerhalb eines Werktages von einem Anwaltsbüro prüfen lassen und mitteilen, ob die Anfrage berechtigt sei oder nicht. Im offiziellen Anfrageformular der Polizei muss diese auch keinen genaueren Grund dafür angeben, weshalb sie die Anfrage durchführt.
Anwalt Michael Pilz und ISPA-Generalsekretär Kurt Einzinger
==Kunden über Abfragen informieren==
Prager und Anwalt Michael Pilz wiesen darauf hin, dass sich die Personen, über die die Polizei via SPG Informationen einhole, sich unter Umständen mit Schadensersatzforderungen gegen den Provider wenden könnten. Das stelle ein persönliches Risiko für den Auskunftgebenden dar.
Pilz: "Mein Ratschlag wäre, dass Sie dem Kunden mitteilen, dass seine Daten von der Polizei abgefragt wurden." Das SPG sehe keine nachträgliche Information der betroffenen Personen vor. Andererseits sehe das SPG keinerlei Geheimhaltungsverpflichtung für die Auskunftgebenden und auch sonst keine Sanktionen für diese vor.
Keine Statistik
Laut Einzinger führt die ISPA keine interne Statistik über SPG-Anfragen, die an ihre Mitglieder gestellt wurden. Er habe aber im Gespräch mit Theodor Thanner, dem Rechtsschutzbeauftragten des Innenministeriums, der eigentlich für die Prüfung der SPG-Abfragen zuständig ist, darum gebeten, eine solche Statistik zu erstellen. Der Rechtsschutzbeauftragte muss laut SPG über alle Anfragen informiert werden. Laut einer Aussage Thanners gegenüber der Tageszeitung "Die Presse" vom Dienstag überschritt im ersten Quartal die Zahl der tatsächlichen Anfragen jene der ihm vorgelegten deutlich.
Sowohl Prager als auch Pilz und Einzinger forderten den Gesetzgeber dazu auf, das SPG zu "reparieren". Die Nationalratsabgeordneten hätten sich am 6. Dezember von der Lobby des Innenministeriums über den Tisch ziehen lassen. Jeitler: "Hier wurde die Gewaltenteilung ausgehebelt."