Handymasten-Steuer "verfassungswidrig"
"Was hier im Entstehen ist, das ist ein Murksgesetz, das werden wir verhindern", sagte Gorbach Donnerstagnachmittag bei der Präsentation eines Gutachtens der Telekom-Regulationsbehörde RTR zur umstrittenen Handymasten-Steuer in Niederösterreich.
Basierend auf dem Gutachten der RTR steht für Gorbach fest, dass dieses Landesgesetz "verfassungswidrig ist", und zwar gleich in mehreren Punkten.
Im Gutachten selbst, das von Telekom-Regulator Georg Serentschy präsentiert wurde, heißt es zum Landesgesetz, das am Montag den niederösterreichischen Landtag mit großer Mehrheit passiert hatte: in vier Punkten "verfassungsrechtlich bedenklich".
Nicht Masten-, sondern Antennensteuer
Eine eingehende Prüfung des Sendeanlagenabgabengesetzes habe ergeben, dass nicht nur die Masten besteuert werden sollen, sondern auch die einzelnen Antennen, sagte Thomas Barmüller, Geschäftsführer des Forums Mobilkommunikation, am Montag.
Üblicherweise kommen auf einen Masten zur Rundumversorgung drei Sektorantennen. Nach dem Wortlaut des neuen Gesetzes müsste nun für jede einzelne Antenne - und nicht pro Standort - eine Steuer bezahlt werden, sagte Barmüller, der mit weit höheren Mehrkosten rechnet als ursprünglich angenommen.
Handymasten-Steuer höher als erwartetGorbach: Trifft alle Konsumenten
Zum einen werde das "Bestimmtheitsgebot verletzt", da unklare Bestimmungen und Begriffe wie "Sendeanlage" verwendet würden.
Da die Abgabepflicht ausschließlich für Sendeanlagen auf Privatgrund gelte und nur Mobilfunkbetreiber betroffen sind, sei das Gesetz obendrein gleichheitswidrig. Bestimmte Sendeanlagen würden von der Abgabepflicht "ohne sachliche Rechtfertigung ausgeschlossen".
Das Gesetz sei eine "Geldbeschaffungsaktion", basiere auf falschen oder falsch interpretierten Zahlen, widerspreche mit hoher Wahrscheinlichkeit dem EU-Gemeinschaftsrecht und sei in weiteren Punkten zumindest verfassungsrechtlich bedenklich, so Gorbach. Im Grunde laufe es auf eine "Handysteuer" hinaus, die letztlich alle Konsumenten treffe.
Aktuelle Stunde im Landtag
Bei einer aktuellen Stunde, die von Grünen und FPÖ beantragt
wurde, diskutierte am Donnerstag der niederösterreichische Landtag
das Handymasten-Gesetz. Die Grünen sehen darin eine
"Husch-Pfusch-Aktion ohne Lenkungseffekt", rechtlich bedenklich und
wettbewerbsverzerrend.
"Nacht- und Nebelaktion"
Die Bundesregierung müsse ein "massives Interesse" haben, diese Gesetz, das auch für ihn als zuständiger Minister "wie eine Nacht- und Nebelaktion gewirkt" habe, zu beeinspruchen, da es die Ziele des Telekom-Gesetzes 2003 torpediere, so Gorbach weiter.
Statt der von Niederösterreich kolportierten Summe von etwa 45 Millionen Euro betrügen die zu erwartenden Abgaben etwa 62 Millionen pro Jahr. Das käme zwei bis 2,5 Milliarden Euro Wertminderung gleich, die sich auf die gesamte Telekom-Branche verteilten, so Gorbach.
Bei 62 Millionen Mehrkosten pro Jahr allein für Niederösterreich werde sich das Gesetz negativ auf das Investitionsklima auswirken, sagte Gorbach. Vor allem die Telekom-Branche werde ihr Gesamtinvestitionsvolumen von 500 Mio. Euro pro Jahr wohl zurückfahren, um den unerwarteten Kostenanstieg aufzufangen.
So werde der Wettbewerb verzerrt, da große Netzbetreiber die neuen Kosten wesentlich besser verkraften würden als kleinere Anbieter. Ganz allgemein werde logischerweise die Netzabdeckung gefährdet, einige Netzbetreiber hätten bereits angekündigt, dass der UMTS-Ausbau darunter leiden könnte.
"Landespolitische Wegelagerei"
Auf dem "Telekom-Tag 2005" am Mittwoch war die geplante
Mastensteuer natürlich Thema Nummer eins. Quer durch die
Mobilfunkbranche war laut davon die Rede, dass der österreichweite
Ausbau der UMTS-Netze auf Grund der quasi über Nacht neu
aufgetauchten Kosten überdacht uund gegebenenfalls gestoppt werden
müsse. Die Industriellenvereinigung sieht in der Abgabe gar eine
"landespolitische Wegelagerei", so Vize-Generalsekretär Peter Koren
beim "Telekom-Tag 2005". Die niederösterreichische Landespolitik
konterkariere damit die Bemühungen der öffentlichen Hand, den Ausbau
der Breitband-Telekom-Infrastruktur zu fördern.